Wir haben über 950 Schülerinnen und Schüler. Immer, wenn ich mich über irgendjemanden besonders aufrege, versuche ich zuerst einmal mir ein Bild zu machen. Na ja, fast immer. Manchmal ruft es auch aus mir heraus. Mein Lieblingssatz, den ich derzeit ständig zitiere, lautet: „Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist“. Das heißt, es macht keinen Sinn in einem tobenden Konflikt wie bei einem Ping-Pong-Spiel zu reagieren. Ich denke mir immer, was dieses Kind zwischen Schlafen, Aufwachen und Schulbeginn möglicherweise schon alles erlebt hat. Wurde es liebevoll geweckt? Hatte es einen Ansprechpartner am Morgen? Konnte es in Ruhe frühstücken? Hatte es Hilfe beim Richten des Materials für die Schule? Wie war der Schulweg? Konnte es überhaupt pünktlich in der Schule sein? Mit welchen Gefühlen hat das Kind in der Schule seinen Tag angefangen? Das mögen für den einen oder anderen belanglose Fragen sein, ich glaube, die Antworten auf all diese Fragen, erklären in vielen Fällen so manches. Wenn ein Kind Bauchweh hat, kann das durchaus eine körperliche Ursache haben (Blinddarm oder so). In den allermeisten Fällen hat es diese Ursache nicht. Kinder haben Bauchweh, weil sie sich vor irgendetwas fürchten, weil sie Angst haben zu versagen oder weil sie eine bestimmte Person nicht sehen möchten. Das müssen wir Lehrerinnen und Lehrer, aber auch wir Eltern, wissen und, wenn wir irgendetwas beurteilen, in unsere Schlüsse, die wir ziehen, hineindenken.