Montag, 31. März 2025

by Ralf Haug

Heute begegneten mir im Flur Mädchen aus der Klassenstufe 5. Sie waren geschminkt wie eine 18jährige, die sich am Wochenende aufmacht, um in eine Disco zu gehen. Ganz liebe Mädchen, freundlich und offen. Ich führte ein Gespräch mit ihnen und fragte sie natürlich, warum sie sich in ihrem Alter so sehr schminken würden. Die Antwort hätte ich mir natürlich denken können, sie fänden es einfach schön, sagten sie. Ich habe natürlich nicht den moralischen, alten und weisen Mann gespielt. Ich frage mich dennoch, wie wir es schaffen können Kindern eine Kindheit zu ermöglichen. Ich meine, die Kinder sind 10 Jahre alt. Woher das kommt, ist uns allen klar. Darüber wurden schon viele Zeilen in diesem Tagebuch geschrieben. Wir dürfen dennoch nicht ablassen davon unsere Eltern zu überzeugen mit ihren Kindern über ihre Aktivitäten bei Socialmedia im Gespräch zu sein. Ich war gestern bei einem Vortrag des eremitierten Professors Bauer, Arzt und Psychologe. Bei ihm ging es am Nachmittag um das Thema „Socialmedia und Smartphone“. Ein Punkt, auf den er ganz besonders einging, war dieses ständige Bewerten im Netz. Es herrscht ein wahnsinniger Vergleichsdruck, eine irre Konkurrenz. Da er ein Wissenschaftler ist, fusst seine Meinung auf großen, internationalen Studien zu unterschiedlichen Themen. Und es ist im Bezug auf das Smartphone vieles nachgewiesen. Es gibt eine Studie zum Arbeitsgedächtnis bei uns Menschen. Da gab es drei Alternativen. Schüler arbeiteten in einem Raum. Im ersten Fall ließen sie ihr Handy ausgeschaltet in einem Spind außerhalb des Raumes, im zweiten Fall war das Handy im Rucksack ausgeschaltet im Raum und im dritten Fall lag das Handy ausgeschaltet auf dem Tisch. Das Ergebnis können sie sich alle denken. Im ersten Fall war die Leistung am höchsten. Als das Handy im Rucksack im Raum war, waren die Leistungen im Durchschnitt schwächer, aber immer noch angemessen. Als das Handy abgeschaltet auf dem Tisch lag, waren die Leistungen schwach, „brain drain“ nennt die Wissenschaft dieses Phänomen. Ist das nicht verrückt? Das Handy ist aus und das Kind hat seinen Fokus dennoch dort. Es fragt sich, was es gerade verpasst, wer ihm gerade schreibt oder was er jetzt reagieren müsste. Wir nehmen in unserem Leben mit unseren Kindern diese Studien nicht ernst. Hier noch ein anderes Beispiel. Cybergrooming bedeutet, dass sich Erwachsene im Netz an Kinder heranmachen. Unglaublich geschickt, in einer großen Masse, an immer jüngere Kinder. Am Ende des Groomings merken die Kinder, dass der Freund im Netz ihnen irgendwie unangenehm wird und wollen den Wunsch ein Nacktbild zu versenden nicht erfüllen. Haben aber vorher schon Bilder von sich verschickt, die sie nicht hätten verschicken sollen. Dann beginnt das sogenannte Sextorsion. Da sagt der angebliche Freund aus dem Netz: „Wenn du nicht willst, dass deine Eltern dieses Bild sehen, dann erfülle mir den Wunsch“. Und das Kind gerät in einen Konflikt und gibt noch viel mehr von sich preis, als es will. Wir reden von einem Massenphänomen! Eine Zahl aus dem Jahr 2022, im Bundesland Nordrhein-Westfalen waren von diesem Phänomen 22 Prozent der 8 – 9jährigen betroffen. Wir müssen uns die Frage stellen, warum 8jährige ein Handy brauchen. Von allen Experten wird das Smartphone erst ab 12 Jahren empfohlen und wir müssen mit unseren Kindern im Gespräch sein. Wir Eltern müssen mit unseren Kindern reden. Idealerweise am Abendessenstisch, an dem das Handy weder bei Erwachsenen noch bei Jugendlichen auf dem Tisch liegt. Wenn wir so weitermachen, sollten wir auch darüber nachdenken, ob wir nicht den 8 oder 9jährigen das Trinken von Eierlikör erlauben, schließlich ist das zwar auch verboten, aber wenn es quasi über eine Massenbewegung alle machen, hält das auch niemand auf. Oder?