Wie manche von Ihnen wissen, schreibe ich seit September 2010 an jedem Tag, an dem Schule ist, einen Tagebucheintrag. Oft gelingt es mir nicht täglich zu schreiben, manchmal werden mehrere Einträge für mehrere Tage zu einem Zeitpunkt geschrieben. Diesmal habe ich mich dazu entschlossen in einem längeren Beitrag fast drei Wochen zusammenzufassen. Dabei werden einige Themen angesprochen, die mir wichtig sind oder die meiner lieben Sekretärin, die mit ihren flinken Fingern die Zeilen ruckzuck tippt, einfallen. Der Hauptgrund für die vielen fehlenden Tagebucheinträge liegt darin, dass wir zwar sehr tüchtig an der Unterrichtsverteilung für das kommende Jahr arbeiten, aber viele Dinge noch nicht geklärt sind. Das kostet ungeheuere Zeit. Gespräche mit potentiellen Bewerbern, zu überlegen, welche Lehrkraft in welchen Kurs geht und wie wir die neuen Bewerberinnen und Bewerber am besten auf die Klassen verteilen. Das ist wirklich zeitraubend. Mein Kollegium arbeitet am Anschlag, weil es viele Dinge für das kommende Schuljahr zu bedenken gibt und weil jetzt quasi am Ende des Schuljahres viele Projekte gleichzeitig anstehen. Die Kollegen Christian Doll und Patrick Röther haben mit ihren DS-Kursen wunderbare Theaterstücke auf die Bühne gebracht. Es ist immer schade, dass es nur eine Vorstellung gibt. Und da hat man fast ein ganzes Jahr gearbeitet und erntet irgendwie nicht richtig. Ich würde sie gerne dazu motivieren ihre guten Ergebnisse mehreren Menschen anzubieten. Vielleicht klappt das ja noch. Die 9. und 10. Klassen sind voll von Menschen, die am 27.06.2025 unsere Schule verlassen werden. Man merkt den Kindern die Anspannung an und zwar allen, jenen, die Angst haben den Übergang nicht zu schaffen und jenen, die die Schule verlassen werden. Sie sind aus unterschiedlichen Gründen sehr aufgeregt. Die Unterrichtsverteilung sorgt bei den Lehrkräften durchaus für eine gewisse Anspannung, möchte der Einzelne möglicherweise einen Kurs behalten und der systemische Blick derjenigen, die den Unterricht verteilen, widerspricht der jeweils eigenen Auffassung. Hier gehen unterschiedliche Menschen ganz unterschiedlich zu Werke. Als Planer freut man sich natürlich über jene, die einfach sagen: „Mir ist alles recht“ oder „Du kannst mich überall einsetzen.“ Allerdings ist es auch so, dass wir Planer nicht alles wissen und die einzelne Lehrkraft uns im Gespräch auf eine andere gute Lösung bringt.
Die IGS Landau ist eine Schule der Zukunft. Ich habe in diesem Tagebuch schon des öfteren über unsere Projekte geschrieben und möchte hier über eine wunderbare Veranstaltung in Mainz berichten, die ich besuchen durfte. Dort waren zwei hochkarätige Referentinnen eingeladen, heute spricht man nicht mehr von Referat, sondern von Keynote. Vor allem Florence Gaub, die am Nachmittag über das Thema „Zukunft“ sprach, hat mich sehr beeindruckt. Die Schule der Zukunft wird eine ganz andere sein, wie sie eigentlich seit 200 Jahren in unserem Lande existiert. Die Schule der Anpassung und Konformität wird meines Erachtens hinweggefegt werden von einer rasenden Entwicklung. Da wird noch so manches Schulsystem beendet werden. Vor ein paar Jahren hat man die Hauptschulen geschlossen und die Realschulen in ihrer damaligen Form eigentlich auch. Man hat ein „Reförmchen“ geschaffen, in dem man die Hauptschule und die Realschule zusammenlegte. Das Gymnasium blieb unangetastet. Wer mutmaßt, dass das möglicherweise an der Stärke der Lobby dieser Schulform liegt, wird wahrscheinlich recht haben. Doch ich bin davon überzeugt, das Gymnasium wird nicht überleben. Ich wünsche mir so sehr dies noch erleben zu dürfen. Längeres, gemeinsames Lernen aller Kinder ohne soziale Ausgrenzung ist der Weg der Zukunft. Wenn die Widerstände überwunden sind und alle Kinder gemeinsam an allen Schulstandorten in Deutschland zur Schule gehen, sind wir ein Stück weiter. Und wenn der einzelne Lehrer sagen lernt auf die Frage wen oder was er eigentlich unterrichtet: „Ich unterrichte Kinder und Jugendliche und nicht Fächer“, dann, ja dann haben wir es geschafft. Ich war kürzlich auf einem Seminar der Hopp-Foundation zum Thema „KI“, da formulierte eine junge Lehrkraft: „Wenn mir die KI so viel Arbeit abnimmt, wozu bin ich dann noch Lehrerin?“ Meine Antwort: „Dann kannst Du endlich das machen, was wichtig ist. Eine gute Beziehung zum Kind, jedes Kind annehmen, so wie es ist und es zu unterstützen ein selbstbewusstes Wesen zu werden.“ Ich bin nicht sicher, ob sie mich verstanden hat. Um es noch einmal deutlich zu sagen, unser Schulsystem ist nicht zu reparieren, wir müssen es neu aufsetzen.
Ich hatte vorgestern Besuch von fünf interessierten Menschen aus dem Pädagogischen Landesinstitut. Sie luden mich ein gemeinsam mit ihnen einen Podcast zum Thema „Schule und gute Bildung“ zu machen. Wenn er veröffentlicht wird, werde ich es im Tagebuch mitteilen und den link verschicken. Und am Ende des Gespräches wurde ich gefragt, was ich mir vom Ministerium in Mainz wünschen würde. Während ich begann meine Antwort zu formulieren, schossen mir unterschiedliche Gedanken durch den Kopf. Für mich ist die Schule ein Unternehmen, die Schüler sind unsere Kunden. Die Eltern nicht. Sie sind nur dann wichtig, wenn es darum geht ein Kind in seinem System zu verstehen und zu unterstützen. Die Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse und bringen unterschiedliche Wünsche an uns heran. Mit diesen individuell umzugehen ist die Aufgabe des Unternehmens Schule. Unternehmen fragen ihre Kunden nach deren Zufriedenheit. Auch das ist wichtig. Und verbessert die Arbeit im System Schule. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum sich in vielen Schulen die Schulen sich gar nicht für die Interessen der Kunden interessieren? Warum sie keine Kundenzufriedenheitsanalyse machen? Vielleicht gibt es gute Gründe das nicht zu tun. Manche würden vielleicht erschrecken. Einer guten Schule muss es gelingen die Kunden zufrieden zu stellen und eine Atmosphäre zu schaffen, die möglichst angstfrei ist und der es motivierte Kunden gibt. Wir haben in dieser Schule ein klein wenig schon geschafft. Doch es gibt noch viel zu tun.
Morgen am 13. Juni 2025 wollen wir aber feiern. Und zwar uns, die Schule ist 15 Jahre alt, viele Schülerinnen und Schüler haben unsere Schule mit einem Abschluss verlassen. Auch sie sind morgen eingeladen und ich habe von einigen gehört, wie sehr sie sich auf ein Wiedersehen freuen. Wir haben Stimmen von Menschen, die uns zugeneigt sind, gesammelt, die als Grußworte zu sehen sind. Wir haben Kreatives aus Musik, Tanz und Darstellendem Spiel vorbereitet. Foodtrucks bereiten leckere Mahlzeiten zu und auch Getränke stehen zur Verfügung. Das Wetter soll schön werden, fast zu warm. Morgen wird gefeiert, gesungen, gelacht, geschaut und geredet. Wir alle freuen uns sehr darauf.