Menschen – wer wir sind
Schulleiters Tagebuch
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Tagebucheinträge Mai 2024
08.20 Uhr, der Bus tuckert los. Unsere Fahrt geht nach Machareus, der letzten Herodesfestung, die mir noch fehlt. Wieder eine beeindruckende Fahrt, Mondlandschaften, steil geht es auf und ab. Enge Kurven. Irgendwann haben wir Machareus im Blick. Von unserem Fotostopp aus kann man an guten Tagen den Felsendom sehen. Wir nehmen den mühsamen Aufstieg auf nach Machareus, wo wir mit einem tollen Blick belohnt werden. Wie viele Menschenleben mag dieser Bau wohl gekostet haben. Machareus ist eng mit dem Namen Herodes Antipas verbunden und ebenso die Geschichte von Johannes dem Täufer. Hier spielt die Geschichte von Salome, die den Kopf des Täufers verlangte. Herodes war in der Klemme und musste wohl mitmachen. Johannes der Täufer, Jesu Lehrer, war vermutlich ein Mensch, der sich mit den politischen Eliten anlegte. Vermutlich ein Grund für seinen Tod. Jesus ging da einen anderen Weg, den der Weisheit, den der kleinen Taten, nicht durch die Konfrontation mit den politisch Verantwortlichen. Auch wichtig, es gab so etwas wie zwei Gesetzgebungen. Die römische oder in Teilen hellenistische, aber auch die Gesetzgebung per Religion. In Bezug auf Johannes ist Flavius Josephus eine Quelle. Im Markusevangelium steht die Geschichte von Salome, entgegen der sonstigen Arbeitsweise von Markus ist diese Geschichte sehr ausführlich gestaltet. Dies könnte ein Hinweis auf die Bedeutung sein. Nach dem Abstieg fahren wir in Richtung Mujib-Canyon. Gestern gingen wir ein paar hundert Meter durch das Wasser zu Fuß durch den Canyon, heute von der anderen Seite sieht man, wie groß der Mujib eigentlich ist. Wir kommen nach Um-Ar-Rasas. Da uns eine bayrische Reisegruppe zuvorkam, mussten wir einen anderen Weg der Besichtigung wählen, fuhren ein paar Meter mit dem Bus und kamen zu einem Turm. Wir sind quasi auf das Gelände eingebrochen, der Zaun konnte an einer Stelle ganz gut überwunden werden. Der Turm ist der Hintergrund einer sehr spannenden Geschichte. Als das Christentum sich so langsam etablierte, gab es eine Gegenbewegung durch Mönche. Diese wollten nicht mitmachen beim angepassten Christentum. Sie zogen sich zurück. Eremos, Eremiten, wie wir heute sagen. Sie zogen sich nicht nur zurück, sie bauten sich Säulen und lebten fortan auf den Säulen. Sie sollen sie niemals verlassen haben. Ob sie doch zur Notdurft oder zum Essen hinuntergingen, wissen wir nicht. Den Begriff des Säulenheiligen kennen wir, er hat genau mit diesen Eremiten zu tun, die auf diesen Türmen lebten. Sie hielten wohl auch visionäre Reden und die Zahl der Eremiten, die sich gegen das sich etablierende Christentum wendeten, wuchs und wuchs. Erst mit den Byzantinern endete diese Massenbewegung. Kirche früher war keine Veranstaltung, bei der Grabesruhe herrschte. Kirchen waren Orte, an denen es abging. Hier wurde gerockt, vielleicht sollten wir dahin wieder zurückkehren. Die Bayern waren verschwunden und wir konnten endlich in die St.-Stephans-Kirche aus dem 8. Jahrhundert. Ein riesiges Dach schützt ein sehr gut erhaltenes Mosaik, welches unterschiedliche Städte und viele Bilder in sehr detailreichen Darstellungen beinhaltet. Gaza, Heraklion, Amman, alle sind zu sehen. Auch ein wenig die Folge des Bilderstreits. Für Moslems gibt es ein Bilderverbot, sie mögen keine Abbildungen von Menschen, weil deren Seelen abgebildet würden. Ich denke an meinen Kollegen Sinan daheim, der, wenn wir über einen Verstorbenen sprechen, stets dazu sagt: „Friede seiner Seele“. Was für ein schöner Satz. Und dann geht es auf den Desert-Highway. Ziel ist die Kreuzfahrerburg Montreal. Im Arabischen heißt sie As-Schwabak. Balduin I ließ diese Burg um 1115 hier errichten. So konnte er die Handelsroute von Jerusalem nach Akabar gut kontrollieren. Vor Jahren noch gab es hier zugeschüttete Ruinen. Inzwischen ist einiges ausgegraben. Groß und mächtig erhebt sich diese Burg aus der Landschaft. In Hochzeiten lebten dort 6000 Christen, sie betrieben Ackerbau, bauten Wein und Oliven an. In diese ganze Geschichte spielt auch die des berühmten Sultans Saladin hinein, der nur 55 Jahre alt wurde und ganz viel in seinem Leben erreicht hatte. Er kam schnell an die Macht und kämpfte sehr erfolgreich gegen die Kreuzfahrer. Sein Name ist im Abendland wohl angesehen, im orientalischen Raum eher weniger. Er provozierte zum Beispiel die Schiiten in Ägypten, weil er plötzlich einen sunnitischen Kalifen einsetzte. Er verhandelte unter anderem auch mit Richard Löwenherz. Eigentlich war er für die endgültige Niederlage der Kreuzfahrer verantwortlich. Zurück im Bus und jetzt fahren wir zum letzten großen Höhepunkt unserer Reise, es geht nach Petra ins Petra-Moon-Hotel.
Tagebucheinträge April 2024













Am Freitag, 19.04.2024, wird um 19.00 Uhr das Drama „Chaidari“ von Renato Mordo an der Integrierten Gesamtschule Landau aufgeführt
Um Anmeldung im Schulsekretariat wird gebeten: 06341-134550
Bitte beachten Sie auch den Zeitungsartikel













Tagebucheinträge März 2024
Wir fahren nach Greifswald in die Martinschule. Wir steigen
sonntagmorgens um 7.40 Uhr in Neustadt in den Zug und müssen bis
Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern nicht umsteigen, das ist der gute
Teil der Geschichte, der andere ist schnell erzählt, Personen auf dem
Gleis zwingen den Zug einen Umweg zu nehmen und so fahren wir zweimal an
Darmstadt vorbei, um eine östlichere Strecke nach Erfurt zu nehmen.
Später bleibt vor uns ein Güterzug liegen, unsere Weiterfahrt verzögert
sich wieder, Verspätung 73 Minuten, für uns kein Problem, wir werden von
Benjamin abgeholt und steigen in unser Programm eben später ein. Wir
sind in der Martinschule Greifswald und besichtigen die Grundschule und
die IGS, wir treffen unsere Gastgeber und freuen uns einfach Menschen
wiederzueröffnen, die man eben seit Jahren zweimal im Jahr sieht, es ist
ein wunderbares Aufeienadnertreffen von Menschen, die einfach alle
daran interessiert sind, gute Schule zu machen. Die Martinschule ist
eine inklusive Privatschule, ein Kleinöd im Nordosten Deutschlands. Wir
bekommen alle ein Schattenkind. Eigentlich ist das ein schiefer Begriff,
schließlich sind wir es, die wir am kommendenTag ein Kind quasi
beschatten werden, was eigentlich auch nicht stimmt, am nächsten
Schultag wird mich jemand abholen und ich werde den Schultag mit ihm
oder ihr verbringen. Wir Gäste haben einen Auftrag, wir sollen
wahrnehmen ob und wie die vier K`s in der Schule sichtbar sind. K steht
für Kreativität, Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken. Das
heißt Neues denken können, eigenes Denken mit anderen teilen können, mit
anderen zusammen denken können und selbst denken können. Und das sollen
wir in der Schule beobachten, was für ein Auftrag, ich bin gespannt,
was wir entdecken. Am Abend essen wir am Wasser und sind echt früh im
Bett. Am Montagmorgen beginnt um 7.25 Uhr unsere Arbeit, meine
Schattenkinder holen mich ab und ich komme an in einer dritten Klasse.
Ich werde den ganzen Tag in der Grundschule sein, einebnen einem Mädchen
ist Platz, sie lädt mich ein und wir kommen ins Gespräch, sie sei erst
seit diesem Schuljahr in der Schule, von Berlin hergezogen. In der
Klasse sind 18 Kinder, von denen viele ganz unterschiedliche Bedarfe
haben, 5 Erwachsene sind teilweise im Raum, alles läuft ganz harmonisch
und unaufgeregt ab, wir beginnen irgendwann mit einem Morgenkreis, der
stark ritualisiert ist, ein Kind leitet ihn und die anderen wissen, was
zu tun ist. Das Wochenende wird geordnet, der Tag organisiert, die
Dienste verteilt, es wird gebetet und der Morgenkreis istirgendwann
vorüber. Es geht für die nächsten Stunden in Werkstätten, Wetter und
Klima ist das Thema, in allen dritten Klassen gibt es Stationen, die
Kinder wechseln selbständig die Klassen und bearbeiten zuerst ihre
Pflichtthemen. Ich bin dabei, werde auch mal um Hilfe gebeten. Mein
Schattenmädchen fragt mich immer, ob wir weitergehen zur nächsten
Station, auch in die Pause will sie mich mitnehmen, ich muss ihr einen
Korb geben, bin schließlich mit ihrer wunderbaren Lehrerin verabredet.
Später Darstellendes Spiel in der Aula, auch hier sind die Kinder voll
dabei, ich auch, schießlich ist dies mein absolutes Lieblingsfach. Und
dann ist Mittag, nach dem Essen, Tische wischen, Geschirr weg und weiter
geht es mit vernetztem Unterricht, sich mit Wortarten beschäftigen ist
jetzt nicht unbedingt besonders spannend, ich weiß immer nicht, was das
eigentlich soll, aber na ja. Ein langer Tag geht für die kleinen Pimpfe
mit dem Abschlusskreis zu Ende, eine wunderbare Zeit ist vorüber, ich
verabschiede mich und bin ganz beseelt und dankbar, als ich die
Kolleginnen wieder treffe, in der Aula Gegenwirkungen ab 14.30 Uhr
sofort Rückmeldungen an die erweiterte Schulleitung nebst Hortleitung,
26 Menschen geben Rückmeldung, strenge drei Minuten pro Teilnehmer. Ganz
schön viel Sprechen. Danach setzen wir uns sofort zusammen, um eine
Rückmeldung für das ganze Kollegium vorzubereiten, wir haben nur eine
Stunde Zeit dies zu erarbeiten und werden just in time fertig. Um 17:30
blicken wir in erwartungsvolle Augenpaare. Wir geben endlich Rückmeldung
45 Minuten frontal, danach 45 Minuten Gespräch in Gruppen. Um 19.00 Uhr
sind wir fertig. What a day. Was wir Rückmeldung, steht nicht im Netz,
das bleibt im Raum. Nur so viel. Wir waren Gast in einer wunderbaren
Schule und wunderbaren Kolleginnen und Kollegen, hier wird Großes
geleistest. Zu den 4 K*s hatten wir auch was zu sagen, das bleibt aber,
wie geschrieben, in Greifswald. Am Abend bereitet uns die hauseigene
Schülerfirma ein tolles Abendessen in der Mensa, heute gehen wir spät zu
Bett, macht nichts am heutigen Morgen dürfen wir später aufstehen und
haben nur ein kurzes Planungstreffen für den nächsten Besuch in Potsdam
im November und jetzt sitzen wir im Zug nach Hause, die Regionalbahn war
sehr pünktlich, der ICE steht gerade wieder. Was nehme ich mit? Es gibt
tolle Schulen in unserem Land, Greifswald ist eine Schule, in der viel Gutes geschieht.
Ich würde heute gerne einmal etwas probieren. Ich schreibe seit
nunmehr 14 Jahren dieses Tagebuch und berichte aus meiner subjektiven Sicht aus der Schule, über das
Leben in der Schule und mische mich aber auch in Themen ein, die über das Leben in der Schule hinausgehen.
Heute würde ich alle Leserinnen und Leser dieses Tagebuches dazu aufrufen wollen
mitzumachen. Senden Sie gerne per Mail oder auch per Brief Geschichten, die sie im Tagebuch
veröffentlicht wollen wissen . Geschichten, die Mut machen, die Hoffnung geben, die lustig sind , die das Leben in
den Mittelpunkt stellen. Alles, was ich bekomme lese ich mir durch und würde, ihr Einverständnis
vorausgesetzt, veröffentlichen. Es wäre doch toll, wenn von ganz vielen Menschen ganz tolle Geschichten
zusammenkämen. Gerade habe ich im Brand eins Magazin folgende Statistik gelesen:
Anzahl der Menschen in Deutschland in Prozent,
……die der Aussage zustimmen, dass man Kinder zum Lesen animieren müsse 88
……die selbst seltener als einmal pro Woche ein Buch lesen. 51
Durchschnittliche Social‐Media‐Nutzung in Stunden pro Woche 10
Durchschnittlich benötigte Zeit, um ein 300‐Seiten‐Buch zu lesen in
Stunden 9
Ich freue mich so sehr, unser Förderverein ist einfach klasse, sie
haben für die Kinder eine große Investition genehmigt. Wir werden bei der nächsten Schulhofaktion tolle
Sitzgelegenheiten für die Kinder bauen und eine Vogelnestschaukel installieren. Richtig. Was
werden sich vor allem unsere Jüngeren freuen. Gerade wegen der Vogelnestschaukel bedrängen sie mich
seit langer Zeit. Wir werden gemeinsam mit den Schulsprecherinnen festlegen, wo sie
hinkommen soll. Und am 6. April bei der Schulhofak schon die vorbereitenden Arbeiten erledigen. Ende
April oder Anfang Mai bauen wir alles auf, bis dahin müssen wir uns noch gedulden.
Ein Nachtrag zum gestrigen Eintrag. Heute klopft es an meiner Tür. Eine
Schülerin betrat sichtlich aufgelöst mein Büro, sie wollte sich nicht überzeugen lassen zuerst
mit der Klassenleitung zu sprechen, so nahm ich mir die Zeit, schließlich ist sie ja meine
Kundin. Mitschüler würden sie drangsalieren, sie habe Angst, ich müsse ihr helfen . Wir haben nach
einer guten Lösung für sie gesucht, im Laufe des Gesprächs erzählten wir darüber, was sonst in
der Schule passieren würde. Sie berichtete mir von einer Vertretungsstunde, die Vertretungslehrkraft
stellte der gesamten Gruppe die Frage, welche Partei man wählen würde, hätte man überhaupt die
Gelegenheit dazu. Sie habe sich für die Partei entschieden, die vor allem im Osten gerne genommen
wird. Ich fragte sie nach der Grundlage ihrer Entscheidung. Sie berichtete mir davon, dass die
Mitglieder dieser Partei sich so rührend um das Wohl der Bauern sorgen würde und mit diesen sich
solidarisch gezeigt hätten und sogar mit ihnen während der Demonstrationen gesprochen hätten, alle
anderen Parteien hätten das nicht getan. Deshalb habe sie sich für diese Partei entschieden. Ich
versuchte ihr zu erklären, wie trickreich diese Partei vorgehen würde und wie sie gerade mit
einfachen Parolen und Erklärungen nicht die Wahrheit sagen würden. Sie habe das alles auf Tiktok gelesen
und das würde stimmen. So werden unsere Kinder in eine Richtung manipuliert und wir schauen fast
ohnmächtig zu. Wir müssen in unseren Schulen Aufklärung leisten. Das ist so wichtig.
Am Sonntag fahre ich mit meinem Kollegen Chris nach Greifswald, wir
werden dort die Marnsschule besuchen. Die IGS Landau ist Mitglied im Schulverbund
Blick über den Zaun. In diesem Verbund besuchen sich Menschen von 8 Schulen,
die jeweiligen Gastgeber geben den Besuchern Beobachtungsaufträge und erhalten
eine freundschaftlich‐kritische Rückmeldung. Wir fahren also nach Mecklenburg-Vorpommern.
In den Nordosten Deutschlands, ich gespannt, was unsere Freunde sagen werden
und wie es ist in eine Gegend zu fahren, in der die Partei, die kein Mensch
braucht, so großen Zulauf hat. Was bewegt Menschen dazu, Menschen
hinterherzurennen, die ein Gedankengut transportieren, welches einfach nur
abscheulich ist? Rassistisch, ausgrenzend, gewaltbereit und undemokratisch. Ich
werde vor Ort mit den Menschen darüber sprechen. 2017 war ich das letzte Mal in
Greifswald, da spielte die Welt noch nicht so verrückt.
Es ist ein neuer Montag und die Woche beginnt mit der
Montagmorgenbegrüßung. Da sehe ich viele Kinder und mir kommt es doch immer
wieder in den Sinn zu überlegen, was sie wohl am Wochenende erlebt haben. Nicht alle haben ein schönes Wochenende
gehabt, da sitzen Kinder, die alles Mögliche erlebt haben, vielleicht
geschlagen worden sind, oder noch schlimmeres, die alleine gelassen wurden oder
einfach nur nicht beachtet, geparkt vorm Fernseher oder vorm Handy. Da gibt es welche,
die nichts Gescheites zu essen bekommen haben. Und es gibt andere, die ihren
Freund besucht haben, deren Eltern sich liebevoll Zeit für sie genommen haben
und einen Ausflug oder einen Spielenachmittag oder irgendetwas anderes Schönes
sich haben einfallen lassen. Darüber spricht man aber nicht. In der Schule ist
keine Zeit dafür. Wie aber sollen die Kinder lernen, wenn sie der Schuh drückt?
Die Lehrerinnen und Lehrer müssen das wissen, wenn sie mit den Kindern
arbeiten, feinfühlig sein und wach, die Antennen ausfahren und bei Bedarf auch
ein Kind ansprechen.
Tagebucheinträge Januar 2024
Tagebucheinträge Dezember 2023
Freitag, 22.12.2023
Ich habe daran gedacht, traf meinen Kollegen Sascha, der Edris die Fußbälle mitbrachte. Es dauerte nicht lange, bis er an meiner Tür klopfte und sich überschwänglich bedankte. Heute ist der letzte Tag Schule im Jahr 2023. Draußen vor meiner Tür wird im Foyer gesungen, die 5. Klassen haben Spaß mit Thomas Winter, der sie zum Singen eingeladen hat. Meine Tür steht offen, die Kolleginnen und Kollegen kommen vorbei und verabschieden sich in die Ferien. Erleichterung ist auf die Gesichter geschrieben. Entspannung darf Einzug halten. Vorhin hatte ich aufgeregten Besuch von Kindern, die sich über andere beschwerten, die ihnen stets die Bälle abjagten. Die Beschwerdeführer waren zwei Kinder, die des öfteren auffallen. Sie waren verzweifelt. Ich bat sie um eine Liste der Namen der Störer, die sie mir fein säuberlich geschrieben kurze Zeit später überreichten. Sie verabschiedeten sich sehr höflich und wünschten mir gute Weihnachten. Ich dachte, ja das genau ist Weihnachten, Menschen begegnen sich sanftmütig und friedfertig, der Mensch ist doch gut und nicht böse wie es Thomas Hobbes behauptet hat. Die Jungs sind gute Jungs, sie leben ihren Systemen, in diesem Land. Das gilt es stets zu bedenken, wenn ich über sie urteile. Ich wünsche allen Lesenden dieses Tagebuches von Herzen schöne Weihnachten, lassen sie uns träumen von einem guten Jahr 2024.
Donnerstag, 21.12.2023
Edris war zum zweitenmal da. Er habe gehört, dass ich Kindern einen Fußball geschenkt hatte. Von meiner früheren Tätigkeit als Fußballtrainer habe ich immer noch Bälle zu Hause im Keller. Edris hat davon erfahren und ich habe ihm versprochen daran zu denken und ihm ein oder zwei Bälle für die Klasse zu schenken. Morgen werde ich es nicht vergessen. Ganz sicher.
Mittwoch, 20.12.2023
Heute ging ich in den kleinen Konferenzraum, wie wir ihn nennen. Daniela Risser, eine liebe Kollegin und zwei Schülerinnen waren inmitten eines Berges voller Geschenktüten. Sie hatten vergangene Woche die Schulgemeinschaft dazu aufgerufen Spenden für die Tafel zu sammeln. Und sie hatten augenscheinlich großen Erfolg. Morgen fahre ich mit, wenn wir sie den Mitarbeitenden der Landauer Tafel überreichen, die Rheinpflaz wird einen Fotografen schicken und das Ganze würdigen. Das ist doch schön, wenn in der Presse zwischen all den Horrorgeschichten die guten kleinen Geschichten zu lesen sind.
Am Nachmittag gibt es das alljährliche Schachturnier Lehrer gegen Schüler in unserem Schachraum, Torsten Lang, unser Schachweltmeister hatte geladen und wir waren dabei. Gerade eben, als ich ging, lagen die Lehrer weit voraus, Ich habe dazu nur unwesentlich beigetragen, nach meinem Anfangssieg gegen eine arme Schülerin, die ich mit Blödsinn zugequatscht hatte, verlor ich glatt und verdient gegen zwei Jungs, die neu in den Schachclub gegangen waren. Die waren soschnell, ich so hektisch, mit der Drohung zu üben und nochmals gegen sie anzutreten, verließ ich den Ort des Geschehens. Gerade höre ich, dass die Lehrer haushoch gewonnen haben, im nächsten Jahr wird es sicher wieder umgekehrt sein.
Und jetzt geht es gleich zum Gottesdienst. Mein Kollege Christian Doll und ich springen relativ spontan für erkrankte Schülerinnen ein, wir spielen zwei Pfälzer, was sonst.
Dienstag, 19.12.2023
Ich merke, wie erschöpft wir Menschen sind, wenn es auf Weihnachten zugeht. Der Freizeitstress, den wir uns in dieser Zeit oft machen, nimmt manchmal irre Formen an. Ich würde uns allen wünschen an der Stelle das Tempo rauszunehmen. Wir müssen doch gar nicht, wir dürfen. Müssen ist irgendwie ein Wort, welches ich so gerne streichen würde. Wir müssen keine Geschenke kaufen, wir müssen so wenig. Wir sind doch einfach nur lebendige Wesen voller Sehnsüchte, voller Ängste, voller Träume und dem Verlangen nicht allein zu sein. Den anderen wahrzunehmen, ihm zuzuhören, ihn zu respektieren, ihm zu helfen, das sind wunderbare menschliche Eigenschaften. Ich führe gerade wieder viele Gespräche, wo es um das Wesentliche geht, nicht um Schnickschnack, den man sich kaufen kann. Weihnachten heißt Innehalten, sich besinnen auf das Menschsein. Wir sind alle bedürftig und angewiesen.
Montag, 18.12.2023
Aristoteles soll gesagt haben, dass es drei Dinge für eine gute Bildung brauche: angeborene Fähigkeiten, den Prozess des Lernens und die Übungen. Erziehung habe das Ziel Wissen zu vermitteln, aber viel mehr noch Bürger heranzubilden, die es wert sind regieren und regiert zu werden. Das harmonische Funktionieren einer Gesellschaft hänge von guter Bildung ab. Ein Leben lang mühte er sich herauszufinden, was gute Bildung sei. Vielleicht brauchen wir wieder einmal einen solchen Aristoteles, der uns den Spiegel vorhält und ermahnt, worauf wir uns konzentrieren sollten. Die Barbaren, die Menschenfeinde, die Radikalen, die Faschisten machen sich überall breit. Auch in deutschen Parlamenten, Menschen mit Bildung im aristotelischen Sinne werden sich vor ihren Karren nicht spannen lassen.
Freitag, 15.12.2023
Wir leben mit unserer Schule hinter dem Bahnhof. Zu uns zu kommen und vor allem noch mit dem Fahrrad ist gar nicht so einfach. In Landau diskutiert man gerade eifrig um eine Radbrücke in unser Quartier. Hier jenseits der Bahn leben viel Menschen, wir haben 1000 Schülerinnen und Schüler, in Queichheim und dem Horst leben viele Menschen. Ich war so froh von dieser Brücke zu hören und bin so entsetzt über die Diskussion alter weißer Männer (zugegeben ich bin auch ein alter weißer Mann) , von Menschen, von denen die meisten selten mit dem Rad, sondern viel eher mit Deutschlands liebstem Kind sich von A nach B bewegen. Was, in Gottes Namen, denken die sich eigentlich? Die Sätze, in denen sie von unseren Kindern als unserem höchsten Gut und von der Notwendigkeit von Bildung als wichtigster Ressource sprechen, können sie sich echt sparen. Da kommt irgendeinem von ihnen auch noch die Idee die Belange des Gebietes Horst und die Radbrücke gegeneinander auszuspielen. Wie perfide ist das denn? Wir in der Schule und die Menschen im Horst und in Queichheim brauchen diese Brücke, das müssen die Menschen endlich einmal kapieren.
Donnerstag, 14.12.2023
Heute habe ich mir einen geleistet. Spontan hatte ich gestern einen Termin mit einem Kollegen einer anderen Schule ausgemacht. Wir haben schon so manches Projekt miteinander ausprobiert und profitieren beide vom gemeinsamen Austausch. Diesmal waren wir nicht allein. Seine neue Stellvertreterin hatte auch Zeit oder nahm sich dieselbe. Wir redeten eine ganze Weile und irgendwann dachte ich an meine Unterrichtsstunde, die ich zu halten hatte. Ich schaute mehrmals auf die Uhr und war dabei mich zu verabschieden, bis plötzlich das Telefon meines Kollegen klingelte und mein Sekretariat sich meldete. Meinem Kollegen wurde nun erklärt, dass ich zwei Dinge verbockt hatte. Zum einen hätte ich die Unterrichtsstunde, die 08.45 Uhr begonnen hatte, komplett versäumt und danach auch noch den Vorlesetermin für unsere Jüngsten, den ich gestern in meinem Kalender eingetragen habe. Da hatten wir den Salat, der Schulleiter macht blau und sitzt vergnügt bei einem Kollegen. Wie kann ich das nur wieder gutmachen?
Mittwoch, 13.12.2023
Ich habe gerade einen Fachartikel begonnen zu lesen, der in der Zeitschrift Pädagogik (Ausgabe Dezember) nachzulesen ist. Und dabei sind mir zwei Zitate aufgefallen, auf die im Artikel genauer eingegangen wird. Eines stammt von Steve de Shazer: „Problem talk creates problems. Solution talk creates solutions!“ Übersetzt: Über Probleme reden schafft Probleme, über Lösungen reden schafft Lösungen. Dies ist kein Satz, der nur in der Schule gilt, sondern auch im sonstigen Leben und ein zweites Zitat stammt von Laotse, es lautet: „Treibt den Fluss nicht an, lass ihn strömen!“ Und beide Sätze kann ich nur unterschreiben. Ich führe Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen über sie und ihre Arbeit in der Schule. Mir geht es stets um Veränderungen in der Schule, um einen positiven Entwicklungsprozess. Im Artikel sprechen die Autoren von einem Ermöglichungsklima. Und meine Aufgabe als Schulleiter ist es Dinge geschehen zu lassen und gleichzeitig zu begleiten. Und in solchen Gesprächen gibt es oft verblüffende Momente und zwar, wenn sich sowohl meine Person als auch mein Gegenüber plötzlich vergewissern, wie sie eine Situation oder eine Bemerkung jeweils wahrgenommen haben. Besonders schön sind die Momente, in denen klar wird, dass der ausgesprochene Satz ganz anders gemeint war, als es das Gegenüber wahrgenommen hat. Wenn ich an Schule denke, hat jeder Mensch eine eigene Sicht auf die Schule. Das ist sehr wichtig zu verstehen. Wenn ich das weiß, kann ich in diesem Ermöglichungsklima die Organisation weiterentwickeln. Deshalb macht Schule zu leiten meistens Spaß.
Dienstag, 12.12.2023
In einem Artikel in einer Fachzeitschrift ging es um die Frage: Und wann mache ich eigentlich Pause? Die Autorin beschäftigt sich mit dieser Frage und hat 732 Pädagoginnen und Pädagogen befragt. Die konkrete Frage hieß: Schulpause: Was machst Du am häufigtsten? 11 verschiedene Antworten wurden gegeben. Am meisten führen Lehrer Aufsicht, gefolgt von Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern, kopieren, WC, essen und trinken, Raumwechsel, Dienstbesprechung, anderes, entspannen, Elterngespräche. Das Verhältnis von Entspannung und Gespräche mit Schülern ist in dieser Umfrage 1/5 zu 4/5. Das heißt, der Schulalltag ist für Lehrkräfte in Bezug auf die Pausen übervoll mit weiteren Aufgaben. Wirkliche Pausen gönnen wir uns nicht. Eine Pause, in der ich in Ruhe esse und trinke und dasitze und entspanne. Das kommt selten vor. An der Stelle als Kollegium zu überlegen, wie wir eine Pausenkultur initiieren können, lohnt meines Erachtens einer näheren Betrachtung. Mal sehen, was meine Kolleginnen und Kollegen dazu sagen.
Montag, 11.12.2023
Ich habe heute mit einem Kollegen gesprochen, der Politik studiert hat. Und wir haben darüber debattiert, wie es eigentlich sein kann, dass in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eine Partei vom Verfassungsschutz gesichert als rechtsextrem eingestuft wird und tatsächlich bei den Wahlen antreten kann. Wie kann eine Partei, die die Demokratie mit Füßen tritt, bei Wahlen antreten? Der bekannte Rechtsextreme aus Thüringen mit der entsprechenden Kurzhaarfrisur ist genauso unwählbar wie viele andere, die die Menschen zu falschen Taten verführen. Die Unzufriedenheit ist zu verstehen, Dinge müssen sich ändern, ja, aber nicht durch eine Partei, die nicht auf dem Boden der demokratischen Grundordnung steht. Mir macht das persönlich Angst und wenn man sich die Welt um uns herum anblickt, wird man auch nicht ruhiger. In unserer Schule werden Kinder zum Mitmachen angeregt, zum Mitreden und Abstimmen. Sie lernen demokratische Gepflogenheiten, sie lernen auch, Scharlatanen nicht auf den Leim zu gehen. Wir brauchen informierte Kinder, die dann eben nicht den Fehler machen extremen Parteien nachzuhängen.
Freitag, 08.12.2023
Lesen kann man auch üben, ich erinnere an meinen gestrigen Eintrag und lesen muss man üben. Was wir Erwachsenen gerade jetzt machen könnten, wäre mit den Kindern zuhause lesen zu üben. Oder sich einmal am Tag Zeit zu nehmen vorzulesen. Das geht nicht nur mit ganz kleinen Kindern. Ich bin ganz sicher, wenn mir jemand vorlesen würde, würde ich, egal wann am Tag, vorm Einschlafen zuhören. Kinder, die vorgelsen bekamen, lesen möglicherweise gerne selbst und dies ist bei weitem nicht bei allen der Fall, aber gar nicht vorlesen ist keine Alternative. Ich könnte mir ein Leben ohne Bücher überhaupt nicht vorstellen. In den zwei Wochen, in denen ich in den Sommerferien unterwegs bin, lese ich wie verrückt. Und ich verliere mich oft in Büchern. Und das ist doch eigentlich unheimlich schön. Ich möchte so gerne mit allen Schülerinnen und Schülern diese Liebe zum Buch teilen. Es ist das Tor zur Welt.
Donnerstag, 07.12.2023
In den nächsten Wochen schreibe ich immer wieder ein paar Zeilen zum Thema „Üben“. Alles, was ich oft übe, geht irgendwann in Fleisch und Blut über. Menschen meines Alters kann man nachts wecken und das Einmaleins aufsagen lassen, das geht immer. Und warum? Weil ich es geübt habe, immer und immer wieder. Bis es in Fleisch und Blut überging. Wenn Kinder heute aus der Grundschule kommen und dieses Einmaleins nicht können, haben sie nicht genug geübt. Üben und lernen haben viel miteinander zu tun. Üben ist Anstrengung und kostet Zeit. Es heißt ja nicht, dass die Kinder nicht üben, vielleicht ist es einfach nur das Falsche. Vielleicht haben sie dann, weil sie das Falsche üben, keine Zeit mehr das Richtige zu üben. Wenn ich an die Jungs denke, die jeden Tag stundenlang Fortnite spielen üben, bis sie es zur Perfektion können, kann ich mir denken, dass für anderes eben kein Platz bleibt. Es ist der Auftrag aller Erwachsenen unsere Kinder und Jugendliche das Richtige üben zu lassen.
Mittwoch, 06.12.2023
Heute war er wieder unterwegs. Ich schreibe ja seit 2010 dieses Tagebuch und wiederhole mich vielleicht, nichtsdestotrotz, werde ich es auch diesmal wieder schreiben. Mein lieber Kollege Uli hat einen solch starken Bartwuchs, dass er nach wenigen Wochen aussieht, wie man sich einen Nikolaus vorstellt. Inzwischen ist auch die Farbe aus seinen Haaren gewichen, jetzt ist er noch echter. So etwas habe ich mir immer gewünscht. Würde ich das Projekt „Nikolausbart“ starten, wären wir möglicherweise im nächsten Jahrtausend angekommen. Also wird es auch nächstes Jahr im November heißen: Uli, loss de Bard wachse. Ach und übrigens ist die Aktion wieder von den Klassen toll aufgenommen worden, da wurde so manches Gedicht zitiert und so manches Lied geträllert, danke Uli. Und danke Pia, du bist die geniale Ergänzung, liebe Knechtin Rupprechtin.
Dienstag, 05.12.2023
Auf der Heimfahrt von Mainz, ich war heute im Bildungsministerium, höre ich, dass Deutschland bei der Pisauntersuchung wieder abgerutscht sei. Da werden sie wieder aufschlagen und über Schülerinnen und Schüler und deren Nichtleistung sprechen und die große Änderung wird vermutlich nicht kommen. Natürlich haben die letzten Jahre mit Corona für viele Kinder verheerende Folgen. Die sogenannten Aufholprogramme haben nicht wirklich für wirkliches Aufholen gesorgt. Die Misere des deutschen Bildungssystems und insbesondere des Schulsystems tritt immer weiter offen zu Tage. Der Förderalismus gehört abgeschafft, die Schulen gehören gründlich saniert, neue Schulen müssten gebaut werden. Die Kinder müssten viel länger gemeinsam lernen. Die Leistung dürfte nicht mehr mit Noten sondern durch Kompetenz getroffen werden. Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer müsste ganzheitlich sein. Es gäbe so vieles, was man in die positive Richtung verändern könnte, wenn man nur wollte.
Montag, 04.12.2023
Heute habe ich im Theatersaal vorgelesen. Und zwar die Geschichte von dem Weihnachtsmann, der vom Himmel fiel. Eine herrliche Geschichte von Cornelia Funke, von Julebukk, dem Weihnachtsmann, der gar nicht wie ein klassischer Weihnachtsmann aussieht. Er ist jung, schlank, trägt keinen Bart. Er lebt zusammen mit Kobolden und Engeln in einem Bauwagen und fällt vom Himmel. In dem Teil, den ich den Kindern vorgelesen habe, trifft er auf einen Jungen, mit dem er in seinem Weihnachtsmannwagen Kakao trinkt und erzählt. Den Kobolden gefällt das gar nicht, den Engeln schon. Es ist so schön Kindern vorzulesen und es ist so wunderbar zu sehen, wie sehr sie das genießen. Es wäre so schön, wenn alle Eltern ihren Kindern vorlesen würden oder man sich gemeinsam im Wohnzimmer versammeln würde und irgendeiner Geschichte lauschen würde. Lesen ist wichtig, lesen bildet, lesen ist das Tor zur Welt.
Tagebucheinträge November 2023
Mittwoch, 29.11.2023
17 von 29, das ist etwa das Verhältnis, das sich in beinahe jeder Klasse spiegelt. Jetzt geht es richtig los in unseren Schulen. Infektionen rollen auf uns zu. Die Lerngruppen haben plötzlich eine angenehme Größe, jedoch die Zahl der Lehrkräfte, die es auch erwischt, steigt rapide an. Wir können jetzt schon nicht mehr in dieser Woche vertreten. Alles, was jetzt noch dazukommt, wird wohl ausfallen müssen. Wie gut, dass wir nur noch gut drei Wochen Schule haben, auch ein Satz, der um diese Zeit jährlich im Tagebuch stehen könnte.
Dienstag, 28.11.2023
Wenn man ein so großes Schiff lenkt, wie ich das tue und das zusammen mit einer achtköpfigen Führungscrew, dann ist das ein nicht ganz leichtes Unterfangen. Sich zu besinnen, über das nachzudenken, was das Schiff voranbringen könnte und vielen Problemen Lösungen zuzuführen, ist eine große Aufgabe. Wenn man dabei immer nur macht und macht, dann ist man in der Gefahr in ein Hamsterrad zu geraten, aus dem man nur schwer herauskommt. Da braucht man Menschen und Situationen, durch die und in denen man sich entlastet. Heute war für mich so ein Tag, so etwa alle sechs Wochen treffen sich Schulleitungen und eine Schulpsychologin in einer Supervisionsgruppe. Dies ist deswegen eine gute Veranstaltung, weil man in einem vertrauten Kreis mit Menschen, die auch Schulen leiten, über sich spricht. Verschwiegenheit ist dabei ein ganz wichtiges Prinzip. Deshalb werde ich auch nicht im Einzelnen darüber berichten. Ich möchte nur das Gefühl teilen, welches ich eigentlich immer nach solchen Treffen habe. Da sind Dinge, vor allem auch belastende, einfach nicht mehr so schlimm, weil wir alle merken, dass wir mit ähnlichen Problemen zu tun haben. Als ich nach Hause kam, beginn ich einen folgenreichen Fehler, ich las die erste Seite des Lokalteils der Rheinpfalz und durfte mich davon überzeugen. dass inmitten einer massiven Haushaltskrise aller Kommunen, wie aus dem Nichts, Assistenzstellen für den Stadtvorstand geschaffen werden. Wenn ich als Schulleiter frage, ob unser unwirtliches Foyer nicht endlich neue, moderne LED-Lampen bekommen könnte, muss der arme Mitarbeiter beim Gebäudemanagement mir sagen, dafür sei kein Geld da. Und dann lese ich als Bürger und in dem Fall auch als Schulleiter so etwas in der Zeitung. Da verliere ich den Glauben und das Verständnis.
Montag, 27.11.2023
Am Samstag war unser Tag der offenen Tür und es waren wieder, wie in den vergangenen Jahren auch, viele Gäste da. Die Geschichten, die man in zahlreichen Gesprächen zu hören bekommt, sind anregend und aufregend zugleich. Was Kinder in den ersten vier Schuljahren so alles erleben, ist schon erstaunlich und nicht alle Geschichten enden mit einem Happyend. Da gibt es auch ganz schön viel Leid. Die Kinder, die uns beim Tag der offenen Tür besucht haben, sind derzeit alle in Grundschulen. Wenn ich auf die Grundschulen in der Stadt Landau blicke, sind diese sehr unterschiedlich. Je nachdem, wo ich wohne, gehe ich in eine bestimmte Grundschule. Die Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer vergeben in diesen Schulen Noten. Ich wage die Behauptung, dass die gleiche Note an unterschiedlichen Grundschulen anders interpretiert werden kann. Ich will damit sagen, dass es meines Erachtens keine valide Grundschulempfehlung gibt, wie gesagt, die Kolleginnen und Kollegen machen es nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn aber die Messlatte unterschiedlich hoch liegt, gibt es am Ende des Tages doch Verschiebungen. Es ist eine Überforderung aller Grundschullehrkräfte in der vierten Klasse zu sagen, was aus dem Kind einmal werden wird. Würden wir das dreigliedrige Schulsystem abschaffen, bräuchte man keine Grundschulempfehlung. Also, was hindert uns daran?
Freitag, 24.11.2023
Ich danke meinem Stellvertreter Ralf Gauweiler von Herzen für die grandiose Unterstützung und dafür, dass er es aushält mit mir zusammenzuarbeiten. Viele Kolleginnen und Kollegen im Haus sagen, ich sei ein Fels in der Brandung, mein Fels, lieber Ralf, bist du.
Donnerstag, 23.11.2023
Die Vorbereitungen zum Tag der offenen Tür laufen auf Hochtouren. Mein lieber Uli Roos rennt durch das Haus, unterstützt von Kolleginnen und Kollegen und unserer Kollegin, die sich im Anerkennungsjahr befindet. Viele Schülerinnen und Schüler helfen auch unser Haus einfach schön zu machen. Wenn man die IGS Landau betritt, sieht man hoffentlich, dass hier etwas lebt und funktioniert. Einmal im Jahr, am Tag der offenen Tür, können sich die Menschen davon überzeugen und uns Rückmeldung dazu geben. Das klingt nach einer Showveranstaltung, ist es aber keineswegs. Für mich ist es enorm wichtig, dass das, was außen draufsteht auch drin ist. Oh ja, und nicht immer gelingt alles und nicht immer schaffen wir es gut zu arbeiten. Aber das gehört auch zum Konzept. Ehrlich benennen, was nicht gut läuft.
MIttwoch, 22.11.2023
Heute endet die verkürzte Tiwo, ich bin ein wenig im Haus herumgekommen und konnte mich von der Ernsthaftigkeit, mit der die Schülerinnen und Schüler gearbeitet haben, überzeugen. Tiwo ist das Lernen in Projekten, Praxislernen, handlungsorientiertes Lernen. Und immer wieder höre ich den gleichen Satz: „Herr Haug, können wir die Tiwo nicht verlängern?“. So soll Schule sein.
Dienstag, 21.11.2023
Heute war ein schöner Tag. Ich bin so stolz auf unsere Schülerinnen und Schüler. Beim Elternabend für die künftigen neuen Kinder der Klassenstufe 5 haben sie in einer Art und Weise über wichtige Säulen der IGS Landau berichtet. Es ist schon erstaunlich, wie ein 11jähriges Mädchen ein Kurzreferat über selbstständiges Lernen hält und dabei ehrlich zugibt, wie anstrengend diese Art von Lernen ist und wie sie sich manchmal danach sehnt einfach nach guter alter Art und Manier von der Lehrkraft beschallt zu werden. Doch insgesamt freut sie sich natürlich darüber als Lernerin ernst genommen zu werden. Es sind neun Kinder, die unterschiedliche Aspekte beleuchten. Irgendwann, wir waren schon fast fertig, kommt eine Schülerin eine Stunde später, sie steigt sofort ein und übernimmt den Part einer anderen Schülerin, die den Zug verpasst hat. Einfach so, aus der hohlen Hand. Am Ende beantworten Pia und ich noch letzte Fragen, aber den Gutteil haben die Schülerinnen und Schüler erzählt. Wir beide Erwachsenen waren schmückendes Beiwerk.
Montag, 20.11.2023
Die Diskussion über digitale Medien in den Schulen wird weiterhin kontrovers geführt. Wir in unserer Schule verpflichten alle Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse ein Tablet zu benutzen. In der Zeitschrift Pädagogik von November 2023 schreibt Klaus Zierer, zusammen mit einem Lehrer mit Namen Thomas Gottfried, dass die bayrische Idee, bis 2028 alle Schülerinnen und Schüler in Bayern mit Tablets auszustatten, kein guter Weg sei. Sie haben dafür ein paar Argumente angeführt, die ich durchaus teilen kann, aber auch an der ein oder anderen Stelle nicht meine Zustimmung finden. So heißt es, analoge Schulbücher in gedruckter Form seien didaktisch weniger wertwoll als digitale Varianten. Oder digitale Medien reduzieren den Wortschatz und hemmen die Fähigkeit Texte zu schreiben. Und es werden eine Reihe weiterer Argumente aufgezeigt, die gegen die Einführung von Tablets an Schulen sprechen. Ich bin dafür, dass Schülerinnen und Schüler über ein digitales Endgerät in der Schule verfügen und ich bin davon überzeugt, dass es unsere Aufgabe ist, in der Schule Kindern einen Umgang beizubringen, der gesund ist. Ich finde die Idee, nicht den Geldbeutel der Eltern zu belasten, die der bayrische Generalsekretär angekündigt hat, richtig. In unserer Schule haben wir im Moment noch, mangels Alternative, dass die Eltern dieses Endgerät finanzieren. In naher Zukunft sollte sich das ändern. Für mich gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit Texte schreiben zu können und der Benutzung eines digitalen Endgerätes. Wenn Schüler in einer Schule zu wenig Texte produzieren liegt das an Lehrplänen, an Lehrern und an einer Idee von Schule überhaupt. Dann reden wir über ganz andere Dinge, als über den Einsatz eines digitalen Endgerätes. Dies muss im Bildungsort Schule seinen Platz haben, aber keinen prominenten.
Freitag, 17.11.2023
Als Ergänzung zu meinem Eintrag von gestern möchte ich auf ein Buch aufmerksam machen, welches ich selbst noch nicht gelesen habe. Ich habe lediglich eine Buchbesprechung in der Zeitschrift Pädagogik durchgelesen. Es geht um das Buch von Lisa Graf mit dem Titel „Abgehängt. Von Schule, Klassen und anderen Ungerechtigkeiten – Weckruf einer Lehrerin“. Lisa Graf ist eine Kollegin, sie unterrichtet als Gymnasiallehrerin in einer Ludwigshafener Gesamtschule. Sie berichtet in ihrem Buch sehr Persönliches. Und sie zeigt auch auf, wie sehr familiäre Ereignisse die schulischen Leistungen beeinflussen können. Denken wir in unseren Schulen eigentlich immer daran? Für manche KInder ist die Schule der einzig angstfreie Ort. Lisa Graf beschreibt in dem Buch Schule von unten und Selektion von unten. Indem sie sich mit den Abgehängten beschäftigt, gibt sie ihnen eine Stimme und hält uns den Spiegel vor. Wollen wir uns wirklich weiter ein gegliedertes Schulsystem leisten? Wollen wir das allen Ernstes?
Donnerstag, 16.11.2023
Ich habe die Tage mit einem Kollegen gesprochen und wir haben uns über das Thema Inklusion unterhalten. Er hat mich auf einen interessanten Gedanken gebracht. Wir leben ja in Deutschland von der Selektion, das können wir irgendwie gut. Auf der anderen Seite sprechen wir von Inklusion. Unsere Schule ist eine inklusive Schule, da gibt es Kinder aller Begabungen und aller Herkünfte. In der IGS Landau gibt es keine Selektion. Förderschulen, erzählte mir mein Gegenüber, seien exklusive Schulen, die wir in Rheinland-Pfalz ja abschaffen wollten. Und er sei ja auch irgendwie dafür. Aber nur dann, wenn auf der anderen Seite der Waage die Gymnasien als exklusive Schulen auch abgeschafft würden. Und er hat ja so recht. Natürlich gehörten die Gymnasien abgeschafft. Doch das werden wir vermutlich nicht mehr erleben. Es gibt keinen Grund für den Erhalt der Gymnasien. Und viele Gründe, die für die Abschaffung sprechen. Ich habe am Wochenende gelesen, wie unsere ehemalige Topbiatletin Magdalena Neuner über ihr Leben spricht und auch über das Schulleben ihrer Kinder. Diese sind in einer Privatschule mit ganz wenigen Kindern in einer Klasse. Dort wird ohne Druck gearbeitet und auf den ganzen Menschen eingegangen. Sie kann es sich leisten und ich freue mich für sie. Das ist sicher aber keine Lösung für alle. Ein wahres inklusives Schulsystem würde bedeuten, dass alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Chancen haben.
Mittwoch, 15.11.2023
In meiner Ausbildung zum systemischen Coach und in meiner jetzigen Ausbildung, in der ich mich mit systemischer Aufstellung beschäftige, lerne ich ein Mantra. Ich bin der Herr über mein Verhalten, ich bin der Experte für mich selbst. Das gilt für jeden Menschen, ausnahmslos. Menschen, die sich mit mir beschäftigen, die mich vielleicht beraten oder auch therapieren, sind nicht die Experten für mein Problem oder mein Verhalten. Sie können mich lediglich darin unterstützen mein Problem selbst zu lösen oder mein Verhalten zu korrigieren. In Gesprächen, die ich, wie im letzten Tagebucheintrag beschrieben, häufig führe, freue ich mich besonders, wenn es mir gelingt mein Gegenüber aussprechen zu lassen: „So etwas hat mich noch nie jemand gefragt“. Positive Verblüffung führt oft zu einem Aha-Effekt oder in eine Richtung, die etwas ändert.
Dienstag, 14.11.2023
Als Schulleiter führe ich täglich viele Gespräche, jene zwischen Tür und Angel (ganz viele), auf dem Weg zum Unterricht oder zurück oder auch fest vereinbart als sogenannte Mitarbeiter:innen-Gespräche. Allesamt haben sie ihre Berechtigung und alle zeigen sie mir, vor allem jene intensive Gespräche, die über eine längere Zeit gehen, wie sehr eine lösungsorientierte Kommunikation zum Gelingen von Gemeinschaft beiträgt. Für mich als Leiter der Schule ist es nicht immer so einfach den richtigen Weg und den richtigen Ton zu finden. Wie offen darf ich sein? Wie offen muss ich sein? Da entscheiden oft Tagesform und die eigene Aufmerksamkeitsspanne, wie gut ein Gespräch gelingt. Schlechte Gespräche sind jene, in denen mich mein Gegenüber genknickt verlässt. Gute Gespräche lassen mein Gegenüber wachsen. Und so soll es sein. Die Fähigkeit, gute Gespräche führen zu können, fällt nicht vom Himmel. Man muss selbst etwas dafür tun.
Montag, 13.11.2023
Heute schreibe ich über etwas Persönliches. Mein Schwiegervater wird 92, er ist also 1931 geboren, zwei Jahre bevor der schnauzbärtige Österreicher sein Unwesen in Deutschland und der Welt trieb. Wenn ich mit ihm spreche, kommen wir immer wieder auf die Zeit im Krieg. Das ist doch wirklich verrückt, da geht es nicht um die 50er, 60er, 70er Jahre, es geht um die Kriegsjahre. Ein Trauma für ihn und für alle, die das erleben mussten. Und wir leben in einer Welt, in der so viele unschuldige Menschen dieses Trauma erleben müssen. Wieder und immer wieder. Und warum? Weil der eine Mächtige mächtiger sein möchte als andere und genug Anhänger findet für ihn in den Krieg zu ziehen. Der schwerbewachte russische Präsident zum Beispiel schickt seine Soldaten in einen nutzlosen, hirnlosen Abnutzungskampf und die folgen ihm auch noch. Und das ist nur ein Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzung in dieser Welt. Gefühlt werden es täglich mehr.
Freitag, 10.11.2023
Kennen Sie, liebe Lesende dieses Blogs, das PERMA-Modell? P steht für positive Emotionen, E für Engagement, R für Relations, M für Meaning (Sinn) und A für Accomplishment. Accomplishment meint, welche Ziele setze ich mir ganz persönlich, wie will ich diese erreichen, was tue ich, wenn ich diese erreicht habe? Das PERMA-Modell passt meines Erachtens richtig gut in unsere Schule, wir versuchen in der Tat mit positiven Emotionen zu arbeiten, Schülerinnen und Schüler zu ermutigen und an ihren Stärken zu wachsen. Wir versuchen miteinander in guter Beziehung zu leben und auch darüber nachzudenken, welchen Sinn das Ganze macht, was wir täglich tun. Auch um dabei festzustellen, dass wir manchmal Unsinn treiben. Aber schließlich ist diese Erkenntnis genau der Weg zur Besserung. Wir wollen in dieser Schule individualisiert lernen, dabei kann uns das PERMA-Modell sicherlich weiterhelfen.
Donnerstag, 09.11.2023
Die Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe tun mir leid. Sie schreiben eigentlich gefühlt irgendwelche Klausuren oder sonstige Überprüfungen und das Ganze in einem Affenzahn. Vom 04.09. – 22.12.2023, unterbrochen durch die Herbstferien, wird beinahe täglich überprüft. Was das noch mit Lernen zu tun hat, weiß ich nicht. Eigentlich habe ich immer gedacht, dass der Mensch Muße braucht beim Lernen. Die Zeit gerade sagt mir etwas anderes. Wir können das an unserer Schule nur bedingt ändern. Ich werde dennoch nicht aufgeben auch in der Oberstufe die Lehrkräfte zu überzeugen einen anderen Weg zu gehen. Wie wäre es, gerade auch in den Grundkursen und davon hat jeder Schüler sieben Stück, andere Prüfungsformate auszuprobieren? Ich werde berichten.
Mittwoch, 08.11.2023
Heute bin ich auf 180 oder 380. Jetzt klauen sie auch noch Accesspoints von der Decke. Der Vandalismus und der Drang Dinge zu stehlen haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Computertastaturen werden zerstört oder mitgenommen. Kabel, HDMI-Kabel, HDMI-Stecker, HDMI-Repeater und neuerdings Accesspoints. Vor manchem Schüler sind diese Dinge nicht sicher. Wir werden dem bald nicht mehr Herr. Bei der kommenden Montagmorgenbegrüßung werde ich wieder an die Vernunft appellieren und wieder sagen, dass die Allermeisten gar nichts damit zu tun haben und die Täter werden dazwischensitzen und gar nichts sagen. Warum zerstören Menschen Tastaturen? Warum? Es ist nicht immer möglich Schülerinnen und Schüler zu beaufsichtigen, wir sind ein Haus der offenen Türen und gehen einfach vom Guten im Menschen aus. Wenn Jugendliche einen Stecker mitgehen lassen oder andere Dinge, sind wir fast machtlos. Es ist so schade, weil wir eigentlich eine andere Kultur leben wollen und es frustriert uns Verantwortliche, weil wir immer und immer wieder auf diese Missstände aufmerksam machen.
Dienstag, 07.11.2023
Heute war ich unterwegs. Das Ministerium hat gerufen, da kann man natürlich nicht nein sagen. Ich bin nach Ludwigshafen gefahren und weiß nicht, ob der Blitz, der mir bei Dannstadt-Schauernheim entgegenflog, zu einem bösen Ende führen wird. Ich hoffe nicht. Bei der Sitzung ging es vornehmlich um Schulleitungsangelegenheit, also nichts, worüber ich in diesem Tagebuch öffentlich berichten kann. Was ich schon sagen kann, ist, dass uns Schulleiterinnen und Schulleiter eint, wie sehr uns formale Geschäfte von der inhaltlichen Arbeit abhalten und wie arg uns Statistikanfragen das Leben nicht gerade versüßen. In dieser Zeit, im Herbst, ist der Druck besonders groß und leider und dies hat nichts mit der Sitzung zu tun, bleibt da nicht nur das ein oder andere, sondern auch der ein oder andere auf der Strecke. Das stimmt doch bedenklich. Auf uns lastet ein enormer Druck, wir haben an unseren Schulen 1000 Kunden und 90 und noch mehr Mitarbeitende. Hier alles am Laufen zu halten, kostet viel Kraft. Wohl dem, der eine Schulgemeinschaft und ein Leitungskollegium hat, die beide dafür sorgen das Schiff in der richtigen Spur zu halten. Einfach ist das nicht.
Montag, 06.11.2023
Heute Morgen hatten wir die Woche wieder mit einer Montagmorgenbegrüßung begonnen. Und ich habe ganz viele junge Menschen loben dürfen. Meine Kollegin Anke Wagner leitet eine riesige Gruppe, unsere Sanitäterinnen und Sanitäter. Sie gehören quasi zur täglichen Routine. Irgendwer von ihnen holt vor Unterrichtsbeginn die Funkgeräte ab und los geht der Dienst. Das Sekretariat und die ganze Schulgemeinde können sich hundertprozentig auf sie verlassen. Wie andere Menschen ehrenamtlich mit dem Piepser von der Freiwilligen Feuerwehr am Gürtel am Arbeitsplatz erscheinen, haben unsere Sanitäter ihr Funkgerät dabei. Das Sekretariat meldet sich per Funk und die Kinder eilen, um zu helfen. Meine Kollegin Anke Wagner ist besonders gut geeignet für diesen Job, da sie selbst eine gute Ausbildung im Gesundheitsbereich besitzt. Vielen Dank für alles.
Freitag, 03.11.2023
Morgen ist unsere Schulhofaktion und ich bin zum ersten Mal nicht dabei. Als Entschuldigung besuche ich das ganze Wochenende ein Seminar in Wiesloch. Aber ich kann mich auf meine Leute verlassen. Drei Menschen, die den morgigen Tag fast alleine organisieren und durchführen werden sind gar keine Lehrerinnen oder Lehrer. Frau Wischnewski und Frau Weber sind normalerweise im Sekretariat anzutreffen und Herr Rieser fegt wie Speedy Gonzalez als Hausmeister durch die Gänge. Sie haben für morgen alles gut vorbereitet, frische, leckere Brötchen, belegt mit Wurst und Käse von der Metzgerei Weisbrod besorgt, Kaffee, Kuchen und Säfte vorbereitet und einfach darauf geschaut, dass alle Helferinnen und Helfer gut versorgt sind. Herr Rieser weiß nicht nur die Pflegearbeiten zu koordinieren, sondern auch das Betonieren vor unserem Flammkuchenofen. Da war heute Familie Breiner da und hat mit einem kleinen Bagger die Fläche ausgekoffert, so heißt das, wenn man sich auskennt und den größten Teil des Aushubs mit nach Hause genommen. Einen ganz herzlichen Dank dafür an Familie Breiner. Ich bin gespannt, was es zu berichten gibt.
Donnerstag, 02.11.2023
Ich mache mir große Sorgen, weil unsere Schülerinnen und Schüler sich über socialmedia informieren. Ein Beispiel: Am 07. Oktober 2023 wird durch einen terroristischen Akt der Hamas in Israel ein großer Schaden erzeugt. Menschen, viele Menschen kommen zu Tode, unschuldige Menschen. Wenn ich nun mit Schülerinnen und Schülern spreche, die sich normalerweise nicht für das Thema Israel interessieren, haben sie plötzlich eine Meinung. Da kommen Sätze: „Israel war doch einmal Palästina“ oder „Die Israeliten bombadieren unschuldige Menschen“. Ihre Meinung erhalten unsere Jugendlichen aus Youtube-Videos, deren Inhalt möglicherweise ungeprüft und ungefiltert ist. Ich sehe darin eine große Gefahr, nicht nur für die Schule, sondern auch für die ganze Gesellschaft. Ich frage mich, wie wir in der Schule Schülerinnen und Schüler unterstützen können eine reflektierte und kritische Meinung sich zu bilden. Und klar, wir können das nicht alles nur in der Schule leisten, da sind auch unsere Elternhäuser gefragt. Was aber, wenn in den Elternhäusern die Eltern sich über die gleichen Medien informieren? Was, wenn es keinen Abendbrottisch mehr gibt, an dem man sich über solche Fragen austauscht? Jugendliche lesen keine Zeitung, schauen keine Tagesthemen oder das Heutejournal. Manche von ihnen spüren große Verunsicherung. Kann ich das glauben? Werde ich hier objektiv informiert? Wir tun in der Schule alles, was möglich ist, aber das reicht nicht. Wir brauchen die Eltern dazu.
Tagebucheinträge Oktober 2023
Donnerstag, 12. Oktober 2023
Ich habe gerade eine Kollegin im Unterricht besucht und diese Kurzgeschichte gelesen, diese wollte ich unbedingt teilen. Die antiquierte Schreibweise habe ich belassen.
Mittwoch, 11. Oktober 2023
Ich möchte gerne Werbung machen für ein Projekt, das mir auf den Nägeln brennt. Ich hätte richtig Lust, dass unsere Kinder ein gutes Frühstück bekommen. Ich möchte den ganzen Zucker aus der Schule verbannen und schlage vor nur noch Brötchen oder eine gute Scheibe Brot mit Käse oder Wurst oder auch vegan und ein Brezel anzubieten. Das Ganze schön hergerichtet. Nichts Süßes, auch keine süßen Getränke, weg damit. Ich habe bereits mit einigen Kolleginnen und Kollegen darüber gesprochen und ganz unterschiedliche Varianten diskutiert. Ein Kollege sagte mir gerade im Gespräch, man könne überlegen den Verkauf nur in einer Pause zu machen. Wenn die Kinder wissen, dass es eben nur in dieser Pause etwas zu kaufen gibt, werden sie sich schnell darauf einstellen. Wenn wir dieses Projekt starten, brauchen wir Erwachsene, die sich bereit erklären die Koordination zu übernehmen. Vielleicht gibt es in der Elternschaft Menschen, die sich das vorstellen können. Wenn wir von montags bis freitags jeweils zwei Erwachsene hätten, also insgesamt 10 Menschen, könnten wir mit der Hilfe von Kindern das sicher gut stemmen. Ich bin gespannt, ob sich Menschen bei mir melden.
Dienstag, 10. Oktober 2023
Gestern hatten 30 Kinder einen riesigen Spaß. Sie haben neue Freunde gefunden, die Schauspielerinnen und Schauspieler vom Teatro Trono aus Bolivien. Sie sind über das Projekt Kulturkarawane auf einer Reise durch deutsche Städte. Sie haben mit meinen 30 Schülerinnen und Schülern, dem DS-Kurs der Klassenstufe 9 und den Kindern unseres Herausforderungszirkusses 2023 von Christian Doll, einen dreistündigen Workshop durchgeführt. Nachdem die anfänglichen Hemmungen abgebaut waren und Sprache keine Rolle mehr spielte, hatten alle Beteiligten einen überaus anregenden Morgen. Ich bin ein paar Mal in den Raum hinein gekommen und hatte immer mehr das Gefühl einer schönen Energie zu begegnen. Am Ende spielen sie Schach mit sich selbst als Figuren und haben einen Heidenspaß dabei. Am Ende gehen alle gemeinsam zum Essen in die Mensa und sitzen auch dort zusammen an den Tischen und kommunizieren irgendwie, nicht auf Spanisch jedenfalls. Wir freuen uns alle, dass wir morgen am Abend eine Vorführung des Teatro Trono sehen werden. Wer den Tagebucheintrag jetzt liest, kann heute am Mittwoch, 11.10.2023 um 19.00 Uhr zur Maria-Ward-Schule kommen. In der dortigen Aula wird vorgeführt. Bis dahin vielleicht.
Montag, 09. Oktober 2023
Was für ein Wochenende, Wahlen in zwei Bundesländern, deren Ergebnisse uns nachdenklich stimmen sollten. Und dann der schreckliche Angriff der Hamas in Israel. Letztes Jahr im Mai war ich selbst vor Ort und habe die Spannung im Land deutlich gespürt. Wenn ich beispielsweise an den Tag in Hebron, einer Stadt im Westjordanland, in der ein ganz kleiner Bereich um dem Tempel herum den Israelis gehört, denke, kann ich gut verstehen, in welch angespannter Lage sich Israel befinden muss. Wie können Menschen Menschen so etwas antun? Ist das nur Hass oder was ist das eigentlich? Dies ist offensichtlich ein von langer Hand geplanter Angriff auf die Existenz des Volkes Israel. Ich hoffe sehr, dass meine Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Schülerinnen und Schülern das Thema besprechen und Wissen teilen. Es ist so wichtig, dass wir Deutschen hier mit einem besonderen Blick auf die Dinge schauen.
Freitag, 06. Oktober 2023
Eine ganz besondere Gruppe in unserer Schule sind die Kinder der Sanitäter-Werkstatt. Wir haben tatsächlich, dank meiner lieben Kollegin Anke (danke Anke), über 20 engagierte junge ErsthelferInnen. Diese sind ausgebildet und unglaublich gewissenhaft. Sie kommen morgens ins Sekretariat, holen sich ihre Funksprechgeräte ab und sind bereit. Das Anfunken funktioniert wunderbar, die Kinder kommen dann ganz schnell nach unten und versorgen den Notfall. Ich finde es toll, wie schon Kinder in der 6. Klasse Verbände anlegen und mit welcher Ruhe und Gelassenheit sie dabei vorgehen. Die ganz erfahrenen älteren Kinder würden in einer Ausbildungsklasse von Krankenpflegern überhaupt nicht auffallen. Dank des unermütlichen Einsatzes der Leiterin der Werkstatt nimmt die Zahl der Ersthelfer stetig zu. Darüber freue ich mich sehr.
Donnerstag, 05. Oktober 2023
Heute ein paar Tipps von Silke Müller, die das Spiegel-Bestsellerbuch „Wir verlieren unsere Kinder“ geschrieben hat. Wir bleiben an dem Thema in der IGS Landau dran.
Tipps für eine gesunde Mediennutzung
Damit es nicht bei den mahnenden Worten bleibt, haben wir
zum Abschluss noch eine Liste mit konkreten Tipps zusammengestellt:
• Lege dir auf den wichtigsten Plattformen und Netzwerken ein eigenes Profil an und beschäftige
dich mit den Inhalten, die dort zu finden sind, die gerade im Trend liegen und
auch deine Kinder bewegen.
• Spiele ab und zu die Online-Spiele, die dein Kind spielt, um Bescheid zu wissen, oder schau
deinem Kind wenigstens dabei zu.
• Schau dir die Netflix-Dokumentation Das Dilemma mit den sozialen Medien an.
• Gehe von Zeit zu Zeit gemeinsam mit deinem Kind die Liste seiner vermeintlichen Freunde und
Follower durch und sprecht über diese Personen. Wer sind sie überhaupt?
• Erkläre immer und immer wieder, dass alles, was gepostet wird, nicht privat bleibt und im
Zweifelsfall für immer online auffindbar sein wird.
• Prüft gemeinsam die Sicherheitseinstellungen eurer Profile und unterbindet das automatische
Herunterladen von Bildern und Fotos in Messengern.
• Legt euch ein gemeinsames Familienprofil an, in dem euch nur Verwandte und Freunde folgen
dürfen. Gib hier ein positives Beispiel zur Nutzung von sozialen Medien.
• Arbeite an einer offenen Gesprächsatmosphäre. Dein Kind muss wissen, dass es mit dir über alles
sprechen kann, über Sexualität und Ängste genauso wie über den Bockmist, den es
vielleicht verzapft hat.
• Sammle die Smartphones vor dem Schlafengehen ein und lege sie an einem Ort außerhalb des
Kinder- und des Schlafzimmers ab.
• Und weil ein reflektierter, resilienter Medienkonsum eben kein Kinderspiel ist, spricht sich
die Autorin dafür aus, dass Kinder unter vierzehn Jahren kein Smartphone
besitzen sollten.
Mittwoch, 04. Oktober 2023
Nach dem Tag der deutschen Einheit nochmal mein Song dieser Tage. Danke an die Ärzte
Tagebucheinträge September 2023
Freitag, 29.09.2023
Heute war der Turnhallenboden wieder unheimlich glatt. Das ist ein Dauerproblem, die Stadt als Schulträger weiß davon. Das Ganze zu ändern würde bedeuten entweder viel öfter und viel gründlicher zu putzen oder den Hallenboden komplett zu erneuern. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen von früh morgens bis spät in den Abend hinein täglich diese Halle bevölkern und wie viele Füße diesen Boden malträtieren, dann müsste man sich die Lösung 2 in den Blick nehmen. Ich weiß sehr wohl, wie klamm der Geldbeutet der Stadt Landau ist. Auf der anderen Seite bringt es auch nichts den Kopf in den Sand zu stecken und auf die wundersame Heilung zu warten. Währenddessen verletzen sich viele Menschen beim Sporttreiben, nur, weil der Hallenboden nicht in Ordnung ist. Also liebe Stadt: Packen wir es an.
Donnerstag, 28.09.2023
Mir fällt auf wie sehr wir in unserer Schule auch immer wieder vergessen nach Lösungen zu schauen. Strafen ist leichter als Lösungen finden. Ob es wirksamer ist? Nein, das glaube ich nicht. Es ist so schwer nicht in diesen Strafmodus zu verfallen, das haben wir einfach von der Pike auf gelernt. Aber zu verstehen, warum ein Kind was macht und dabei stets an alle in seinem Leben beteiligten Personen mitzudenken, ist in jedem Fall notwendig. Wenn man dann mit Eltern und Kind zusammensitzt, versteht man Zusammenhänge plötzlich besser und kann sich das Verhalten erklären. Jeder von uns lebt in einem System, in einem Gegenwartsystem und in einem Herkunftssystem. Vieles, von dem, was wir tun, ist bedingt durch unser eigenes System. Wenn man nun als Schulleiter, als Lehrer, als Sozialarbeiter mit einem Kind redet, muss man sich dessen stets bewusst sein.
Mittwoch, 27.9.2023
Die Ernährung unserer Schulkinder ist nicht immer geeignet als gesund bezeichnet zu werden. Zucker wohin man sieht. Redbull und Chips verleihen keine Flügel, sondern machen fett und antriebslos. Wir planen auch aus unserem Schulkiosk den Zucker ganz zu vertreiben. Im Schülercafé gibt es schon geraume Zeit keine Schokolade und kein Eis mehr. Meines Erachtens sollte in einem Schulkiosk Brötchen und Obst angeboten werden. Kostenlose Wasserstellen haben wir in der Schule für alle. Ich möchte im Schulelternbeirat dafür Werbung machen und schauen, ob der ein oder andere Erwachsene uns hier tatkräftig unterstützen können. Auch hier sind Sie als Eltern gefragt, wenn Sie mit dafür sorgen, dass Ihr Kind mit einem gesunden Brot oder einem Müsli in die Schule kommt.
Dienstag, 26.09.2023
Ich hatte heute mehrere Unterrichtsbesuche und mir fällt dabei immer auf, wie groß die Defizite bei manchen Kindern in Bezug auf das Lesen sind. Schön zu sehen, wie Kolleginnen und Kollegen genau daran arbeiten. Sie sehen es als ihre Aufgabe an den Kindern das Lesen beizubringen. Ja, sie haben es in der Grundschule nicht gelernt oder zumindest nicht so, wie ich es eigentlich erwarten würde. Lesen können ist der Schlüssel zur Welt und wir müssen in unseren Schulen darauf ein Hauptaugenmerk legen. An der Stelle können uns Eltern durchaus unterstützen. Lassen Sie sich von ihrem Kind vorlesen. Sie auf der Couch, das Kind gegenüber, ein Buch in der Hand und jeden Abend vor dem gemeinsamen Abendessen oder danach 20 Minuten vorlesen. In der Schule heißt das Tandemlesen, das wäre zu Hause ein gemeinsamer kultureller Akt und es hätte für Ihr Kind eine enorme Bedeutung. Ich bin gespannt auf die Rückmeldungen, ob im ein oder anderen Haushalt die Idee Früchte trägt. Sie können es mir ja schreiben.
Montag, 25.9.2023
Menschen und Veränderung ist ein großes Thema, wenn es darum geht, dass eine Veränderung eine Konsequenz bedeutet, vielleicht etwas nicht mehr zu machen, sein zu lassen oder einen anderen Weg zu gehen, finden wir gerne Ausreden. Natürlich bin ich dafür das Klima zu schützen, aber wenn das bedeutet, dass ich selbst anders handeln muss, mich anders verhalten muss, wird die Sache oft schwieriger. Warum soll ich mir verbieten lassen zu fliegen, warum soll ich plötzlich kein Fleisch mehr essen, warum soll ich mich biologisch ernähren? Nein, Klimaschutz geht mich zwar was an, aber mein Leben ändern möchte ich doch nicht. Besser nach mir die Sintflut und den Kopf einfach in den Sand, das hat doch bisher auch gut funktioniert. Ich bin der festen Überzeugung, dass die notwendigen Veränderungen nötig sind und wir unseren Kindern und Enkeln eine Welt hinterlassen, die in keinem guten Zustand ist. Wollen wir das wirklich?
Freitag, 22.09.2023
Donnerstag, 21.09.2023
Heute war mein Arbeitstag voll von Gesprächen, in denen es keinesfalls um einfache Dinge ging. Am Nachmittag hatte ich ein Treffen mit unserer Französischfachschaft. Ich verließ das Treffen schon mit einem schlechten Gewissen, wir haben im kommenden Jahr keinen Französischgrundkurs in der 11. Klasse vorgesehen. Unsere Begründung: Zu wenige Schülerinnen und Schüler. Das können wir uns nicht leisten. Das haben wir so entschieden und nach meinem Gespräch mit der Fachschaft glaube ich, dass das ein Fehler war. Wir leben so nah an der Grenze zu Frankreich. Die Sprache klingt einfach wunderbar und wir sollten es schaffen, jedes Jahr einen Französischkurs anzubieten. Die Fachschaft hätte sich ein früheres Gespräch gewünscht und ich kann das verstehen. Vielleicht kriegen wir noch eine Lösung hin, ich werde mich jedenfalls darum bemühen.
Mittwoch, 20.09.2023
Heute war um 17.00 Uhr auf unserem Schulhof echt was los. Alle Herausforderungsgruppen präsentierten ihre Fahrt und die Reflektion. Da war soviel Stolz zu spüren. Ich las in einem Tagebuch mit Fotos von einer Schülerin, wie sie schon Angst vor der Fahrt mit dem Zug in einen Ort in der Westpfalz hatte. Und sie hat es geschafft und sie ist stolz auf sich. Sie hat so ein schönes Buch gestaltet und erzählt mir, wie sie ihre Angst besiegt hat. Genau darum sollte es gehen, ein bisschen wachsen, einen mutigen Schritt gehen und am Ende sehen, dass ich es kann. Ich erlebe noch einmal meinen Freund und Kollegen mit seiner Zirkustruppe, sie spielen vor dem Zirkuswagen allen, die es sehen wollen, noch einmal vor. Was da für Talente schlummern, das ist wirklich großartig. Zum letzten Mal war heute jemand da, der am Ende des Jahres das Amt des Bürgermeisters abgeben muss. Er hinterlässt wirklich große Fußstapfen und gestern ging er in seiner Rede so richtig aus sich heraus. Da sieht man, wie sehr er mit unserer Schule verbunden ist. Danke Maximilian und alles Gute für dich.
Dienstag, 19.09.2023
Die 11. Klassen hatten heute ihren Abschluss beim Thema „Erlebnispädagogik“. Ich war heute leider nicht dabei, kann also nur schildern, was mir meine Kollegin erzählt hat. Heute ging es darum in der Stammgruppe bzw. Stammkurs nach zwei Wochen Kennenlernen Vertrauensübungen zu machen. Übungen, bei denen es nicht ausbleibt einander zu berühren. Und das hat so richtig gut funktioniert. Und auch die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kann Mut machen. Auch die Schülerinnen, die jetzt in der 11. Klasse zu uns gewechselt haben, loben gewissermaßen den Geist der Schule und freuen sich hier zu sein. Ich habe ein sehr gutes Gefühl, wenn ich an diesen neuen Oberstufenjahrgang denke. Ich bin gespannt, ob ich das in einem Jahr auch noch schreiben kann.
Montag, 18.09.2023
Sie sind fast alle wieder da, lediglich unsere 9. Klassen sind noch eine Woche im Praktikum. Alle anderen sind zurückgekehrt mit einem ganzen Sack voll neuer Erfahrungen. In der Montagmorgenbegrüßung erzählten einige von ihren Abenteuern und die Kleinen hören wirklich aufmerksam zu. Sie schmettern, zumindest beim zweiten Versuch das Lied, das alle in unserer Schule gelernt haben, wenn sie am Anfang der 5. Klasse auf Klassenfahrt gehen. Zumindest der Refrain blieb allen in Erinnerung. In der Rheinpfalz ist heute ein Artikel erschienen, in dem es um Schülerinnen und Schüler geht, die im letzten Schuljahr keinen Schulabschluss gemacht haben. Auch bei uns haben vier Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Im Interview habe ich auf ein großes Problem hingewiesen. Gerade darüber habe ich im Tagebuch schon oft geschrieben und es ist schrecklich mich zu wiederholen. Der Zusammenhang zwischen Herkunft und Schulabschluss ist in Deutschland seit vielen Jahrzehnten ungerecht. Wirst du in einem bildungsfernen Haushalt groß, sind deine Chancen viel schlechter einen hohen Schulabschluss zu machen. Was ist das überhaupt? Bildungsfern? Eigentlich auch so ein Wort, welches nicht wirklich beschreibt, um was es geht. Ich fand es wichtig dieses Interview zu geben und schon kommen die ersten Rückmeldungen, in denen es heißt, dies Interview würde dem Ruf der Schule schaden. Sie lesen richtig. Wer auf einen Missstand hinweist und so ehrlich ist zuzugeben, dass auch an der eigenen Schule vier Schüler ohne Abschluss gingen, schädigt sein eigenes Image. Das ist doch wirklich perfide. Andere, die den Mantel des Schweigens darüber decken, denken vielleicht: „Glück gehabt“. Ja, so sind wir Menschen, verstecken, vermeiden, verschweigen.
Freitag, 15.09.2023
Heute sind unsere 5. Klassen von ihrer kurzen Klassenfahrt aus dem Schwarzwald zurückgekehrt. In diesem Jahr waren tatsächlich fast alle Kinder dabei und keines wurde früher abgeholt. Das ist doch richtig toll. Offensichtlich haben sich alle getraut. Niemand kann Heimweh richtig steuern, entweder es kommt oder es kommt nicht. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und es liegt nicht an uns ein Urteil über heimwehgeplagte Menschen zu fällen. Das kommt übrigens auch bei älteren SchülerInnen vor. Achtklässer, die auf Herausforderung sind, da ist es auch nicht immer so einfach. Am Montag in der Montagmorgenbegrüßung werden uns die 5. Klassen ihr Lied von den blauen Eiern vorstellen. Ich freue mich jetzt schon darauf.
Donnerstag, 14.09.2023
Heute waren Eric und Ju da. Eric ist ein Mensch, Ju ein Hund. Eric Schäfer kümmert sich im Moment hauptberuflich um das Thema „Spenden für die Ukraine“. Ein riesiger Doppelachser mit Anhänger stand plötzlich im Hof und lud mit der Hilfe unserer Schülerinnen und Schüler Tische und Bänke auf, die in ein paar Tagen an verschiedenen Orten in der Ukraine stehen werden. Wir sind ständig in Kontakt mit Eric, versuchen ihn und seine Mitarbeiter zu unterstützen. Ein toller Mensch, der völlig selbstlos und mit unfassbarer Hingabe für die Menschen in der Ukraine eintritt. Wir haben heute auch eine zweite Aktion gestartet. Anlässlich des Erntedankfestes rufen wir zu Spenden auf für die Landauer Tafel. In der letzten Septemberwoche können bei uns haltbare Lebensmittel gespendet werden. Die Betonung liegt wirklich auf haltbar und auch auf Lebensmittel. Keine sonstigen Artikel oder verderbliche Waren. Wir sammeln eine Woche lang und übergeben am Freitag die Spenden an die Tafel. Dies machen wir vor allem auch deshalb, weil die Spendenbereitschaft für die Tafel in Landau abgenommen hat und Unterstützung ist dringend nötig. Ich bin gespannt, wie viel wir zusammenbekommen.
Mittwoch, 13.09.2023
Gestern war ich bei der Herausforderungsgruppe „Zirkus“, die Christian in Weißenburg macht. Das war ein wunderschöner Nachmittag, den ich im Vorhinein als richtig entspannt angesehen habe. Dies sollte sich am Ende als Trugschluss erweisen, aber dazu später. In Altenstadt neben Weißenburg gelegen kam ich ziemlich pünktlich an, jedoch fand ich die Grundschule nicht, google wollte mir auch nicht helfen, zum Glück rief mich Christian an, der mich zum Ort des Geschehens lotste. Die Kinder freuten sich mich zu sehen und ich freute mich ebenso. Ich wollte eigentlich als Überraschung kommen, aber irgendein Erwachsener muss mich verraten haben. Auf dem Schulhof war eine kleine Manege aufgebaut, die Aufregung war spürbar. Christian ist für so eine Aktion wie geschaffen. Spielt wunderbar Akkordeon. Die Tage, die die Gruppe nun unterwegs sind, war seiner Stimme durchaus anzuhören. Er riss in der Vorstellung die französischen Kinder mit und seine Zirkustruppe war einfach toll, da wurde gesungen, getanzt, da fiel der Clown über die Bühne. Ein Entfesslungskünstler verblüffte die Kleinen ebenso wie die Jongleure, Zauberer und Einradfahrer. Eine ganz tolle Aufführung, eine Stunde lang. Im nachfolgenden Gespräch viel Lob auch durch die französischen Kolleginnen, die beide sehr staunten darüber, was in einer deutschen Schule möglich ist, in Frankreich ging so etwas gar nicht. Hier wird alles zentral vorgeschrieben. Danach machte ich einen entscheidenen Fehler, ich bot meine Hilfe an ein paar Kinder und das Material zu dem Ort zu fahren, an dem die Kinder übernachten. Diese Fahrt ging auf einen Berg, gewissermaßen der Hausberg von Weißenburg und das dauerte doch ganz schön lange, sodass ich meinen wichtigen Anschlusstermin fast verpasste, ich kam gnadenlos zu spät und musste mir eine Ausrede einfallen lassen. Dort angekommen entschloss ich mich die Wahrheit zu sagen und mein Gegenüber zeigte Milde und sagte mir, ich hätte nicht so rasen müssen mit dem Auto.
Dienstag, 12.09.2023
Tobias Zimmermann ist ein Pater und Jesuit. Er ist Direktor des Heinrich-Pesch-Hauses in Ludwigshafen. Als Jesuit vertritt er die Lehre, die nach Ignatius von Loyola in die Welt kam und er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Charakter zählt“. Dieses kleine Büchlein liest sich gut und man muss wirklich kein Jesuit sein, um vieles von dem, was er schreibt, bestätigen zu können. Er zählt sechs Qualitätskriterien für eine exzellente Schulbildung auf, die ich im Folgenden unkommentiert zitieren möchte:
1. Junge Menschen erfahren und reflektieren ihre Würde als Mensch
2. Junge Menschen werden als ganze Person mit all ihren Talenten gefordert und gefördert
3. Junge Menschen lernen in der Schule, selbstständig zu lernen und zu denken
4. Junge Menschen werden ermutigt, ihren Charakter zu bilden
5. Junge Menschen lernen, sich der Frage nach Gott zu stellen
6. Junge Menschen lernen zivile Tugenden für ein friedliches Zusammenleben in eine offene, demokratische Gesellschaft einzubringen
Montag, 11.09.2023
Gestern war Sonntag und ich war auf der Ringelsberghütte. Dort war die Herausforderungsgruppe zu Gange, zusammen mit Markus und Studierenden betreiben sie diese Pfälzerwaldhütte und verkaufen pfälzische Speisen und Getränke. Und sie waren so schnell, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Da ging vieles Hand in Hand und ich freute mich die Kinder bei der Arbeit zu sehen. Ich glaube, dass viele von ihnen in ihrem Leben noch niemals so gearbeitet haben, wie an diesem Hüttentag. Entsprechend müde sahen auch einige von ihnen aus. Sie arbeiten ja nicht nur auf der Hütte, sie übernachten auch dort. Manche erzählen mir, dass sie auf der großen Freiterrasse im Freien übernachten. Das ist schön, aber ich schätze die ersten werden mit den Hühnern aufstehen und das wäre mir definitiv zu früh. Mein Lehrer Marcus schreibt wie viele einen ausführlichen Blog, den ihr auch auf der Homepage unter der Rubrik Herausforderung durchlesen könnt. Ich kann alle nur animieren dies zu tun.
Freitag, 08.09.2023
Heute war ich mit Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 13 im Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur für Arbeit. Ich schaffte es tatsächlich die Herrschaften zu motivieren mit mir 700 Schritte zu tun und von der Schule zur Arbeitsagentur zu laufen. Gut, hin und zurück waren das 1400 Schritte. Warum ich das weiß? Ich habe mitgezählt. Dort wurden wir von Nina Mayer-Hagelkrys und einer Kollegin begrüßt, sie hatte für zwei Stunden eine Stationenarbeit vorbereitet mit vier Stationen, die überaus spannend waren. Von zwei Persönlichkeitstests angefangen, über eine Fragensammlung zu einem Dualen Studium, hin zu einem Vergleich von Ausbildung, Dualem Studium und Vollstudium, bis zu einem Assessment-Center. Wer ein Duales Studium macht, wird sehr oft zu einem Assessment-Center eingeladen, bei der das Unternehmen zu einer Bewertung, das ist eine Übersetzung für das Wort „Assessment“, für die Bewerber kommt. Dabei werden bewusst Aufgaben gestellt, die überfordern. Somit kann das Unternehmen erkennen, wer zum Beispiel mit Stress gut umgehen kann. Das Feedback, welches von den Schülern danach gegeben wurde, zeigte mir, wie wertvoll diese beiden Stunden waren. Gut gemacht Arbeitsagentur oder besser gesagt: Gut gemacht Nina.
Donnerstag, 07.09.2023
Ich bin so froh alle meine Texte nicht tippen zu müssen oder zumindest die meisten. Für meine Tagebucheinträge trifft das zu. Ich muss bloß reden und meine liebe Sekretärin lässt die Finger fliegen. Eben erklärt sie mir, wie schwierig es ist das Wort „Pädagogik“ zu tippen, wie gesagt, ihre Finger fliegen, wenn sie Lust hat, kann sie während des Tippens aus dem Fenster schauen. Und weil sie so neugierig ist, macht sie das auch des öfteren. Sie bekommt einfach alles mit, im Raum und außerhalb des Raumes. Übrigens wenn ich heute aus dem Fenster des Büros rausblicke, blitzt mich eine große Pflanze an, rot und wunderschön. Ein Hibiskus, inmitten eines riesigen Rosenstrauches, prahlt mit der Sonne um die Wette, nur das er in ein paar Tagen verschwunden sein wird und die Sonne hoffentlich nicht. Apropos Sonne, die Herausforderer haben immer noch Glück, kein Regen in Sicht. Wunderbar.
Mittwoch, 06.09.2023
Heute habe ich mein erstes Modul mit Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 11 gehabt. Drei Stunden Erlebnispädagogik. Zuerst habe ich den Sinn der Erlebnispädagogik versucht den Schülerinnen und Schülern nahe zu bringen. Da Schüler für uns keine Lernmaschinen sind, sondern Persönlichkeiten, möchten wir sie auch als solche in der Schule sehen und behandeln. Dieses bedeutet auch nicht nur den Verstand, sondern auch beispielsweise die soziale Intelligenz zu nutzen und zu fördern. Wenn Schule das weiß, muss sie jenseits von Stoffvermittlung viele andere Dinge auch im Blick haben. Das wissen wir schon lange. Wenn man mit Kindern Erlebnispädagogik macht und dabei versucht wahrzunehmen, welche Rollen die Einzelnen in einer Gruppe übernehmen und wie sie sich auf den Prozess einlassen oder eben auch nicht, erkennt man die ganz unterschiedlichen Charaktere. Da gibt es diejenigen, die etwas in die Hand nehmen wollen, die sich durchsetzen wollen und können, da gibt es die Mitläufer und die Uninteressierten. Von der letzten Sorte habe ich an diesem Morgen eigentlich niemanden getroffen. Das freut mich sehr. Das Programm wurde vor ein paar Jahren zusammen mit dem Schulpsychologen entwickelt, der eine, Rüdiger Gilsdorf, ist darüber hinaus ein anerkannter Abenteuer- und Erlebnispädagoge im Bereich der Schulen. Seine Erfahrung und die Erfahrung meines Stellvertreters und des Schulsozialarbeiters sind in das Projekt eingeflossen. Es ist überaus intensiv vorbereitet und durchdacht. Besonders viel Wert legen wir auch auf ein gutes Feedback, welches den Teilnehmenden den Prozess und den Sinn bewusst machen soll.
Dienstag, 05.09.2023
Unsere Herausforderer sind den ersten Tag unterwegs und freuen sich über das fantastische Wetter und da viele der Aktivitäten im Freien stattfinden, Gott sei Dank, ist es ein großes Glück, wenn es nicht regnet und angenehme Temperaturen herrschen. Die ersten Unfälle und sonstige Wehwehchen werden berichtet, nichts, was einen beunruhigen muss. Das gehört einfach bei einem Herausforderungsprojekt dazu. Ich bin sehr froh, dass ganz viele Eltern den Sinn hinter diesem Projekt erkennen. Da auch Eltern eine heterogene Gruppe sind, gibt es vereinzelt welche, die diese Aktion ablehnen und lieber gerne „richtigen“ Unterricht für ihre Kinder hätten. Das ist schade, aber wenn ihre Kinder trotzdem teilnehmen, ist mir das eigentlich egal. Meine Kunden sind die Kinder, nicht die Eltern.
Montag, 04.09.2023
Dies ist der erste Eintrag im neuen Schuljahr. In der vergangenen Woche hatten wir zwei sehr anstrengende Vorbereitungstage, vollgepackt mit vielen Veranstaltungen, die nötig sind, um das Schuljahr gut zu gestalten. Es ist schon großartig, wie hier viele Rädchen ineinander greifen und viele fleißige Hände sehr selbstständig ihren Job machen. Fast 1000 Schüler, mehr als 90 Lehrerinnen und Lehrer, da ist Organisation alles. Die Emails, die vor allem mein Stellvertreter an alle verschickt, sind doch ganz schön viele. Und dann sind sie heute alle verschwunden, die Klassen 8, 10 und 12 zur Herausforderung, die 9. Klassen in ihr dreiwöchiges Praktikum und dann waren da in der Montagmorgenbegrüßung die Fünftklässler, die ganz neu in der Schule waren. Ich liebe diese erste Montagmorgenbegrüßung und vor allem die Momente, wenn die vier erstgenannten Klassenstufen ausziehen in die Welt. Was wir in den ersten drei Wochen veranstalten, ist schon einmalig. Die Klassen, die bleiben, haben keinen Unterricht nach Stundenplan, sondern arbeiten in Modulen. Die neuen Oberstufler, von denen wir in diesem Schuljahr wieder 100 Menschen haben, wollen eine Gruppe werden und werden auf das Leben und Arbeiten in der Oberstufe vorbereitet. Die neuen 5. Klassen werden in der zweiten Woche drei Tage nach Bad Herrenwies in den Schwarzwald fahren, ich bin mal gespannt, wie sie diese Tage dann erlebt haben. Ein gelungener Einstieg ins Jahr, möge es so weiter gehen.
Mittwoch, 04.10.2023
Freitag, 29.09.2023
Heute war der Turnhallenboden wieder unheimlich glatt. Das ist ein Dauerproblem, die Stadt als Schulträger weiß davon. Das Ganze zu ändern würde bedeuten entweder viel öfter und viel gründlicher zu putzen oder den Hallenboden komplett zu erneuern. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen von früh morgens bis spät in den Abend hinein täglich diese Halle bevölkern und wie viele Füße diesen Boden malträtieren, dann würde man sich die Lösung 2 in den Blick nehmen. Ich weiß sehr wohl, wie klamm der Geldbeutet der Stadt Landau ist. Auf der anderen Seite bringt es auch nichts den Kopf in den Sand zu stecken und auf die wundersame Heilung zu warten. Während dessen verletzen sich viele Menschen beim Sporttreiben, nur, weil der Hallenboden nicht in Ordnung ist. Also liebe Stadt: Packen wir es an.
Donnerstag, 28.09.2023
Mir fällt auf wie sehr wir in unserer Schule auch immer wieder vergessen nach Lösungen zu schauen. Strafen ist leichter als Lösungen finden. Ob es wirksamer ist? Nein, das glaube ich nicht. Es ist so schwer nicht in diesen Strafmodus zu verfallen, das haben wir einfach von der Pike auf gelernt. Aber zu verstehen, warum ein Kind was macht und dabei stets an alle seinem Leben beteiligten Personen mitzudenken, ist in jedem Fall notwendig. Wenn man dann mit Eltern und Kind zusammensitzt, versteht man Zusammenhänge plötzlich besser und kann sich das Verhalten erklären. Jeder von uns lebt in einem System, in einem Gegenwartsystem und in einem Herkunftssystem. Vieles, von dem, was wir tun, ist bedingt durch unser eigenes System. Wenn man nun als Schulleiter, als Lehrer, als Sozialarbeiter mit einem Kind redet, muss man sich dessen stets bewusst sein.
Mittwoch, 27.9.2023
Die Ernährung unserer Schulkinder ist nicht immer geeignet als gesund bezeichnet zu werden. Zucker wohin man sieht. Redbull und Chips verleihen keine Flügel, sondern machen fett und antriebslos. Wir planen auch aus unserem Schulkiosk den Zucker ganz zu vertreiben. Im Schülercafé gibt es schon geraume Zeit keine Schokolade und kein Eis mehr. Meines Erachtens sollte in einem Schulkiosk Brötchen und Obst angeboten werden. Kostenlose Wasserstellen haben wir in der Schule für alle. Ich möchte im Schulelternbeirat dafür Werbung machen und schauen, ob der ein oder andere Erwachsene uns hier tatkräftig unterstützen können. Auch hier sind Sie als Eltern gefragt, wenn Sie mit dafür sorgen, dass Ihr Kind mit einem gesunden Brot oder einem Müsli in die Schule kommt.
Dienstag, 26.09.2023
Ich hatte heute mehrere Unterrichtsbesuche und mir fällt dabei immer auf, wie groß die Defizite bei manchen Kindern in Bezug auf das Lesen sind. Schön zu sehen, wie Kolleginnen und Kollegen genau daran arbeiten. Sie sehen es als ihre Aufgabe an den Kindern das Lesen beizubringen. Ja, sie haben es in der Grundschule nicht gelernt oder zumindest nicht so, wie ich es eigentlich erwarten würde. Lesen können ist der Schlüssel zur Welt und wir müssen in unseren Schulen darauf ein Hauptaugenmerk legen. An der Stelle können uns Eltern durchaus unterstützen. Lassen Sie sich von ihrem Kind vorlesen. Sie auf der Couch, das Kind gegenüber, ein Buch in der Hand und jeden Abend vor dem gemeinsamen Abendessen oder danach 20 Minuten vorlesen. In der Schule heißt das Tandemlesen, das wäre zu Hause ein gemeinsamer kultureller Akt und es hätte für Ihr Kind eine enorme Bedeutung. Ich bin gespannt auf die Rückmeldungen, ob im ein oder andern Haushalt die Idee Früchte trägt. Sie können es mir ja schreiben.
Montag, 25.9.2023
Menschen und Veränderung ist ein großes Thema, wenn es darum geht, dass eine Veränderung eine Konsequenz bedeutet, vielleicht etwas nicht mehr zu machen, sein zu lassen oder einen anderen Weg zu gehen, finden wir gerne Ausreden. Natürlich bin ich dafür das Klima zu schützen, aber wenn das bedeutet, dass ich selbst anders handeln muss, mich anders verhalten muss, wird die Sache oft schwieriger. Warum soll ich mir verbieten lassen zu fliegen, warum soll ich plötzlich kein Fleisch mehr essen, warum soll ich mich biologisch ernähren? Nein, Klimaschutz geht mich zwar was an, aber mein Leben ändern möchte ich doch nicht. Besser nach mir die Sintflut und den Kopf einfach in den Sand, das hat doch bisher auch gut funktioniert. Ich bin der festen Überzeugung, dass die notwendigen Veränderungen nötig sind und wir unseren Kindern und Enkeln eine Welt hinterlassen, die in keinem guten Zustand ist. Wollen wir das wirklich?
Freitag, 22.09.2023
Donnerstag, 21.09.2023
Heute war mein Arbeitstag voll von Gesprächen, in denen es keinesfalls um einfache Dinge ging. Am Nachmittag hatte ich ein Treffen mit unserer Französischfachschaft. Ich verließ das Treffen schon mit einem schlechten Gewissen, wir haben im kommenden Jahr keinen Französischgrundkurs in der 11. Klasse vorgesehen. Unsere Begründung: Zu wenige Schülerinnen und Schüler. Das können wir uns nicht leisten. Das haben wir so entschieden und nach meinem Gespräch mit der Fachschaft glaube ich, dass das ein Fehler war. Wir leben so nah an der Grenze zu Frankreich. Die Sprache klingt einfach wunderbar und wir sollten es schaffen, jedes Jahr einen Französischkurs anzubieten. Die Fachschaft hätte sich ein früheres Gespräch gewünscht und ich kann das verstehen. Vielleicht kriegen wir noch eine Lösung hin, ich werde mich jedenfalls darum bemühen.
Mittwoch, 20.09.2023
Heute war um 17.00 Uhr auf unserem Schulhof echt was los. Alle Herausforderungsgruppen präsentierten ihre Fahrt und die Reflektion. Da war soviel Stolz zu spüren. Ich las in einem Tagebuch mit Fotos von einer Schülerin, wie sie schon Angst vor der Fahrt mit dem Zug in einen Ort in der Westpfalz hatte. Und sie hat es geschafft und sie ist stolz auf sich. Sie hat so ein schönes Buch gestaltet und erzählt mir, wie sie ihre Angst besiegt hat. Genau darum sollte es gehen, ein bisschen wachsen, einen mutigen Schritt gehen und am Ende sehen, dass ich es kann. Ich erlebe noch einmal meinen Freund und Kollegen mit seiner Zirkustruppe, sie spielen vor dem Zirkuswagen allen, die es sehen wollen, noch einmal vor. Was da für Talente schlummern, das ist wirklich großartig. Zum letzten Mal war heute jemand da, der am Ende des Jahres das Amt des Bürgermeisters abgeben muss. Er hinterlässt wirklich große Fußstapfen und gestern ging er in seiner Rede so richtig aus sich heraus. Da sieht man, wie sehr er mit unserer Schule verbunden ist. Danke Maximilian und alles Gute für dich.
Dienstag, 19.09.2023
Die 11. Klassen hatten heute ihren Abschluss beim Thema „Erlebnispädagogik“. Ich war heute leider nicht dabei, kann also nur schildern, was mir meine Kollegin erzählt hat. Heute ging es darum in der Stammgruppe bzw. Stammkurs nach zwei Wochen Kennenlernen Vertrauensübungen zu machen. Übungen, bei denen es nicht ausbleibt einander zu berühren. Und das hat so richtig gut funktioniert. Und auch die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kann Mut machen. Auch die Schülerinnen, die jetzt in der 11. Klasse zu uns gewechselt haben, loben gewissermaßen den Geist der Schule und freuen sich hier zu sein. Ich habe ein sehr gutes Gefühl, wenn ich an diesen neuen Oberstufenjahrgang denke. Ich bin gespannt, ob ich das in einem Jahr auch noch schreiben kann.
Montag, 18.09.2023
Sie sind fast alle wieder da, lediglich unsere 9. Klassen sind noch eine Woche im Praktikum. Alle anderen sind zurückgekehrt mit einem ganzen Sack voll neuer Erfahrungen. In der Montagmorgenbegrüßung erzählten einige von ihren Abenteuern und die Kleinen hören wirklich aufmerksam zu. Sie schmettern, zumindest beim zweiten Versuch das Lied, das alle in unserer Schule gelernt haben, wenn sie am Anfang der 5. Klasse auf Klassenfahrt gehen. Zumindest der Refrain blieb allen in Erinnerung. In der Rheinpfalz ist heute ein Artikel erschienen, in dem es um Schülerinnen und Schüler geht, die im letzten Schuljahr keinen Schulabschluss gemacht haben. Auch bei uns haben vier Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Im Interview habe ich auf ein großes Problem hingewiesen. Gerade darüber habe ich im Tagebuch schon oft geschrieben und es ist schrecklich mich zu wiederholen. Der Zusammenhang zwischen Herkunft und Schulabschluss ist in Deutschland seit vielen Jahrzehnten ungerecht. Wirst du in einem bildungsfernen Haushalt groß, sind deine Chancen viel schlechter einen hohen Schulabschluss zu machen. Was ist das überhaupt? Bildungsfern? Eigentlich auch so ein Wort, welches nicht wirklich beschreibt, um was es geht. Ich fand es wichtig dieses Interview zu geben und schon kommen die ersten Rückmeldungen, in denen es heißt, dies Interview würde dem Ruf der Schule schaden. Sie lesen richtig. Wer auf einen Missstand hinweist und so ehrlich ist zuzugeben, dass auch an der eigenen Schule vier Schüler ohne Abschluss gingen, schädigt sein eigenes Image. Das ist doch wirklich perfide. Andere, die den Mantel des Schweigens darüber decken, denken vielleicht: „Glück gehabt“. Ja, so sind wir Menschen, verstecken, vermeiden, verschweigen.
Freitag, 15.09.2023
Heute sind unsere 5. Klassen von ihrer kurzen Klassenfahrt aus dem Schwarzwald zurückgekehrt. In diesem Jahr waren tatsächlich fast alle Kinder dabei und keines wurde früher abgeholt. Das ist doch richtig toll. Offensichtlich haben sich alle getraut. Niemand kann Heimweh richtig steuern, entweder es kommt oder es kommt nicht. Die Gründe dafür sind mannigfaltig und es liegt nicht an uns ein Urteil über heimwehgeplagte Menschen zu fällen. Das kommt übrigens auch bei älteren SchülerInnen vor. Achtklässer, die auf Herausforderung sind, da ist es auch nicht immer so einfach. Am Montag in der Montagmorgenbegrüßung werden uns die 5. Klassen ihr Lied von den blauen Eiern vorstellen. Ich freue mich jetzt schon darauf.
Donnerstag, 14.09.2023
Heute waren Eric und Ju da. Eric ist ein Mensch, Ju ein Hund. Eric Schäfer kümmert sich im Moment hauptberuflich um das Thema „Spenden für die Ukraine“. Ein riesiger Doppelachser mit Anhänger stand plötzlich im Hof und lud mit der Hilfe unserer Schülerinnen und Schüler Tische und Bänke auf, die in ein paar Tagen an verschiedenen Orten in der Ukraine stehen werden. Wir sind ständig in Kontakt mit Eric, versuchen ihn und seine Mitarbeiter zu unterstützen. Ein toller Mensch, der völlig selbstlos und mit unfassbarer Hingabe für die Menschen in der Ukraine eintritt. Wir haben heute auch eine zweite Aktion gestartet. Anlässlich des Erntedankfestes rufen wir zu Spenden auf für die Landauer Tafel. In der letzten Septemberwoche können bei uns haltbare Lebensmittel gespendet werden. Die Betonung liegt wirklich auf haltbar und auch auf Lebensmittel. Keine sonstigen Artikel oder verderbliche Waren. Wir sammeln eine Woche lang und übergeben am Freitag die Spenden an die Tafel. Dies machen wir vor allem auch deshalb, weil die Spendenbereitschaft für die Tafel in Landau abgenommen hat und Unterstützung ist dringend nötig. Ich bin gespannt, wie viel wir zusammenbekommen.
Mittwoch, 13.09.2023
Gestern war ich bei der Herausforderungsgruppe „Zirkus“, die Christian in Weißenburg macht. Das war ein wunderschöner Nachmittag, den ich im Vorhinein als richtig entspannt angesehen habe. Dies sollte sich am Ende als Trugschluss erweisen, aber dazu später. In Altenstadt neben Weißenburg gelegen kam ich ziemlich pünktlich an, jedoch fand ich die Grundschule nicht, google wollte mir auch nicht helfen, zum Glück rief mich Christian an, der mich zum Ort des Geschehens lotste. Die Kinder freuten sich mich zu sehen und ich freute mich ebenso. Ich wollte eigentlich als Überraschung kommen, aber irgendein Erwachsener muss mich verraten haben. Auf dem Schulhof war eine kleine Manege aufgebaut, die Aufregung war spürbar. Christian ist für so eine Aktion wie geschaffen. Spielt wunderbar Akkordeon. Die Tage, die die Gruppe nun unterwegs sind, war seiner Stimme durchaus anzuhören. Er riss in der Vorstellung die französischen Kinder mit und seine Zirkustruppe war einfach toll, da wurde gesungen, getanzt, da fiel der Clown über die Bühne. Ein Entfesslungskünstler verblüffte die Kleinen ebenso wie die Jongleure, Zauberer und Einradfahrer. Eine ganz tolle Aufführung, eine Stunde lang. Im nachfolgenden Gespräch viel Lob auch durch die französischen Kolleginnen, die beide sehr staunten darüber, was in einer deutschen Schule möglich ist, in Frankreich ging so etwas gar nicht. Hier wird alles zentral vorgeschrieben. Danach machte ich einen entscheidenen Fehler, ich bot meine Hilfe an ein paar Kinder und das Material zu dem Ort zu fahren, an dem die Kinder übernachten. Diese Fahrt ging auf einen Berg, gewissermaßen der Hausberg von Weißenburg und das dauerte doch ganz schön lange, sodass ich meinen wichtigen Anschlusstermin fast verpasste, ich kam gnadenlos zu spät und musste mir eine Ausrede einfallen lassen. Dort angekommen entschloss ich mich die Wahrheit zu sagen und mein Gegenüber zeigte Milde und sagte mir, ich hätte nicht so rasen müssen mit dem Auto.
Dienstag, 12.09.2023
Tobias Zimmermann ist ein Pater und Jesuit. Er ist Direktor des Heinrich-Pesch-Hauses in Ludwigshafen. Als Jesuit vertritt er die Lehre, die nach Ignatius von Loyola in die Welt kam und er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Charakter zählt“. Dieses kleine Büchlein liest sich gut und man muss wirklich kein Jesuit sein, um vieles von dem, was er schreibt, bestätigen zu können. Er zählt sechs Qualitätskriterien für eine exzellente Schulbildung auf, die ich im Folgenden unkommentiert zitieren möchte:
1. Junge Menschen erfahren und reflektieren ihre Würde als Mensch
2. Junge Menschen werden als ganze Person mit all ihren Talenten gefordert und gefördert
3. Junge Menschen lernen in der Schule, selbstständig zu lernen und zu denken
4. Junge Menschen werden ermutigt, ihren Charakter zu bilden
5. Junge Menschen lernen, sich der Frage nach Gott zu stellen
6. Junge Menschen lernen zivile Tugenden für ein friedliches Zusammenleben in eine offene, demokratische Gesellschaft einzubringen
Montag, 11.09.2023
Gestern war Sonntag und ich war auf der Ringelsberghütte. Dort war die Herausforderungsgruppe zu Gange, zusammen mit Markus und Studierenden betreiben sie diese Pfälzerwaldhütte und verkaufen pfälzische Speisen und Getränke. Und sie waren so schnell, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Da ging vieles Hand in Hand und ich freute mich die Kinder bei der Arbeit zu sehen. Ich glaube, dass viele von ihnen in ihrem Leben noch niemals so gearbeitet haben, wie an diesem Hüttentag. Entsprechend müde sahen auch einige von ihnen aus. Sie arbeiten ja nicht nur auf der Hütte, sie übernachten auch dort. Manche erzählen mir, dass sie auf der großen Freiterrasse im Freien übernachten. Das ist schön, aber ich schätze die ersten werden mit den Hühnern aufstehen und das wäre mir definitiv zu früh. Mein Lehrer Marcus schreibt wie viele einen ausführlichen Blog, den ihr auch auf der Homepage unter der Rubrik Herausforderung durchlesen könnt. Ich kann alle nur animieren dies zu tun.
Freitag, 08.09.2023
Heute war ich mit Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 13 im Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur für Arbeit. Ich schaffte es tatsächlich die Herrschaften zu motivieren mit mir 700 Schritte zu tun und von der Schule zur Arbeitsagentur zu laufen. Gut, hin und zurück waren das 1400 Schritte. Warum ich das weiß? Ich habe mitgezählt. Dort wurden wir von Nina Mayer-Hagelkrys und einer Kollegin begrüßt, sie hatte für zwei Stunden eine Stationenarbeit vorbereitet mit vier Stationen, die überaus spannend waren. Von zwei Persönlichkeitstests angefangen, über eine Fragensammlung zu einem Dualen Studium, hin zu einem Vergleich von Ausbildung, Dualem Studium und Vollstudium, bis zu einem Assessment-Center. Wer ein Duales Studium macht, wird sehr oft zu einem Assessment-Center eingeladen, bei der das Unternehmen zu einer Bewertung, das ist eine Übersetzung für das Wort „Assessment“, für die Bewerber kommt. Dabei werden bewusst Aufgaben gestellt, die überfordern. Somit kann das Unternehmen erkennen, wer zum Beispiel mit Stress gut umgehen kann. Das Feedback, welches von den Schülern danach gegeben wurde, zeigte mir, wie wertvoll diese beiden Stunden waren. Gut gemacht Arbeitsagentur oder besser gesagt: Gut gemacht Nina.
Donnerstag, 07.09.2023
Ich bin so froh alle meine Texte nicht tippen zu müssen oder zumindest die meisten. Für meine Tagebucheinträge trifft das zu. Ich muss bloß reden und meine liebe Sekretärin lässt die Finger fliegen. Eben erklärt sie mir, wie schwierig es ist das Wort „Pädagogik“ zu tippen, wie gesagt, ihre Finger fliegen, wenn sie Lust hat, kann sie während des Tippens aus dem Fenster schauen. Und weil sie so neugierig ist, macht sie das auch des öfteren. Sie bekommt einfach alles mit, im Raum und außerhalb des Raumes. Übrigens wenn ich heute aus dem Fenster des Büros rausblicke, blitzt mich eine große Pflanze an, rot und wunderschön. Ein Hibiskus, inmitten eines riesigen Rosenstrauches, prahlt mit der Sonne um die Wette, nur das er in ein paar Tagen verschwunden sein wird und die Sonne hoffentlich nicht. Apropos Sonne, die Herausforderer haben immer noch Glück, kein Regen in Sicht. Wunderbar.
Mittwoch, 06.09.2023
Heute habe ich mein erstes Modul mit Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 11 gehabt. Drei Stunden Erlebnispädagogik. Zuerst habe ich den Sinn der Erlebnispädagogik versucht den Schülerinnen und Schülern nahe zu bringen. Da Schüler für uns keine Lernmaschinen sind, sondern Persönlichkeiten, möchten wir sie auch als solche in der Schule sehen und behandeln. Dieses bedeutet auch nicht nur den Verstand, sondern auch beispielsweise die soziale Intelligenz zu nutzen und zu fördern. Wenn Schule das weiß, muss sie jenseits von Stoffvermittlung viele andere Dinge auch im Blick haben. Das wissen wir schon lange. Wenn man mit Kindern Erlebnispädagogik macht und dabei versucht wahrzunehmen, welche Rollen die Einzelnen in einer Gruppe übernehmen und wie sie sich auf den Prozess einlassen oder eben auch nicht, erkennt man die ganz unterschiedlichen Charaktere. Da gibt es diejenigen, die etwas in die Hand nehmen wollen, die sich durchsetzen wollen und können, da gibt es die Mitläufer und die Uninteressierten. Von der letzten Sorte habe ich an diesem Morgen eigentlich niemanden getroffen. Das freut mich sehr. Das Programm wurde vor ein paar Jahren zusammen mit dem Schulpsychologen entwickelt, der eine, Rüdiger Gilsdorf, ist darüber hinaus ein anerkannter Abenteuer- und Erlebnispädagoge im Bereich der Schulen. Seine Erfahrung und die Erfahrung meines Stellvertreters und des Schulsozialarbeiters sind in das Projekt eingeflossen. Es ist überaus intensiv vorbereitet und durchdacht. Besonders viel Wert legen wir auch auf ein gutes Feedback, welches den Teilnehmenden den Prozess und den Sinn bewusst machen soll.
Dienstag, 05.09.2023
Unsere Herausforderer sind den ersten Tag unterwegs und freuen sich über das fantastische Wetter und da viele der Aktivitäten im Freien stattfinden, Gott sei Dank, ist es ein großes Glück, wenn es nicht regnet und angenehme Temperaturen herrschen. Die ersten Unfälle und sonstige Wehwehchen werden berichtet, nichts, was einen beunruhigen muss. Das gehört einfach bei einem Herausforderungsprojekt dazu. Ich bin sehr froh, dass ganz viele Eltern den Sinn hinter diesem Projekt erkennen. Da auch Eltern eine heterogene Gruppe sind, gibt es vereinzelt welche, die diese Aktion ablehnen und lieber gerne „richtigen“ Unterricht für ihre Kinder hätten. Das ist schade, aber wenn ihre Kinder trotzdem teilnehmen, ist mir das eigentlich egal. Meine Kunden sind die Kinder, nicht die Eltern.
Montag, 04.09.2023
Dies ist der erste Eintrag im neuen Schuljahr. In der vergangenen Woche hatten wir zwei sehr anstrengende Vorbereitungstage, vollgepackt mit vielen Veranstaltungen, die nötig sind, um das Schuljahr gut zu gestalten. Es ist schon großartig, wie hier viele Rädchen ineinander greifen und viele fleißige Hände sehr selbstständig ihren Job machen. Fast 1000 Schüler, mehr als 90 Lehrerinnen und Lehrer, da ist Organisation alles. Die Emails, die vor allem mein Stellvertreter an alle verschickt, sind doch ganz schön viele. Und dann sind sie heute alle verschwunden, die Klassen 8, 10 und 12 zur Herausforderung, die 9. Klassen in ihr dreiwöchiges Praktikum und dann waren da in der Montagmorgenbegrüßung die Fünftklässler, die ganz neu in der Schule waren. Ich liebe diese erste Montagmorgenbegrüßung und vor allem die Momente, wenn die vier erstgenannten Klassenstufen ausziehen in die Welt. Was wir in den ersten drei Wochen veranstalten, ist schon einmalig. Die Klassen, die bleiben, haben keinen Unterricht nach Stundenplan, sondern arbeiten in Modulen. Die neuen Oberstufler, von denen wir in diesem Schuljahr wieder 100 Menschen haben, wollen eine Gruppe werden und werden auf das Leben und Arbeiten in der Oberstufe vorbereitet. Die neuen 5. Klassen werden in der zweiten Woche drei Tage nach Bad Herrenwies in den Schwarzwald fahren, ich bin mal gespannt, wie sie diese Tage dann erlebt haben. Ein gelungener Einstieg ins Jahr, möge es so weiter gehen.
Tagebucheinträge Juli 2023
Tagebucheinträge Juni 2023
Montag, 26. Juni 2023
Die folgenden Bilder geben einen kleinen Eindruck von der Preisverleihung. Auf drei Bildern sind Menschen, die uns unterstützt haben, ein Schreiner, ein Elektriker mit seiner Urkunde als Partnerbetrieb und der Gründer von Würth, Reinhold Würth. Ach, am Abend lud man uns ein zum Würth-Festival, Clueso und die Fantastischen Vier gaben ihre Lieder zum Besten. Am nächsten Morgen frühstückten wir in unserem Hotel mit den Fanta Vier, selbst ich machte ein Selfie mit Thomas D.. Wenn ich es veröffentlichen sollt, müsst ihr mich anschreiben. An dieser Stelle ein ganz besonderer Dank an meinen Kollegen Uli Roos, der das Ganze mit viel Herzblut und zahlreichen Arbeitsstunden geplant, organisiert und durchgeführt hat. Uli, das war super!


Die Pfingstferien sind vorüber. Und der von Heuschnupfen geplagte Schulleiter schleppt sich in die Schule. Würde es doch endlich regnen, das sagen nicht nur die Pflanzen, sondern auch ich. Und dazu kommt, nach den Ferien ist vor den Ferien. Im Mai hatten wir gefühlt keinen Unterricht, dann eben bis Mitte Juni Pfingstferien und Ende Juli fällt schon wieder der Hammer. Klingt auf der einen Seite nach einer guten Zeit, auf der anderen Seite fördert das nicht unbedingt kontinuierliches Lernen. Was ja in unseren Schulen dann reflexartig aufploppt, ist die Krankheit „Testeritis“. Wie kommt der deutsche Lehrer nun in dieser kurzen Zeitspanne zu Noten? Schließlich muss im Zeugnis eine Note stehen, eine Ziffer, die natürlich in keiner Weise valide eine verlässliche Aussage über das Leistungsvermögen des Kindes macht. Doch wir spielen alle mit und denke
n, es gut zu machen. Ich halte dieses Vorgehen für völlig unangebracht und überhaupt nicht zielführend und werde mich mit meiner Arbeitskraft für Veränderungen, zumindest in unserer Schule, einsetzen. Wir brauchen Schulen ohne Noten.
Tagebucheinträge Mai 2023
Sonntag, 14.05.2023
Anna fliegt heute bereits nach Hause, ich begleite sie um 8am zur Syntagma-Station. Danach zurück Richtung AIRBNB, dazwischen ein Kaffee, Barbara einsammeln und los geht es in den Sonntag. Wir gehen 14 Treppensteigen, so sagt es mein Schrittzähler, meine keuchende Lunge zeugt ebenfalls von dieser Anstrengung. Und dann fahren mit einer Seilbahn auf das Dach von Athen. Strahlend blauer Himmel und hoch über der Stadt sehen wir zum ersten Mal deren immens Ausmaße. Bis nach Piräus ans Meer und an das Ende der Stadt in allen Himmelsrichtungen. Unfassbar wie groß dieses Athen ist. Ich frage mich, woher die Menschen hier ihren Sauerstoff bekommen, es gibt kaum grüne Flächen, unter uns ein Meer an kalkweißen Hausschluchten, aber keine Bäume oder gar Parkflächen. Wieder runter mit der Bahn und viele Treppen, wir kommen an die Ubahnstation Evagelisimos und fahren mit der Metro nach Piräus an den Hafen, von wo aus die großen und kleinen Fähren anlegen und abfahren. Es ist so ruhig hier am Meer, Wasser ist für den Menschen ein großer Kraftquell, ein Energielieferant. Wir genießen die Atmosphäre und Clara ruft wieder an, wer sonst. Und wieder geht es um Ouzo. Sie hat die nächsten Flaschen geschenkt bekommen, diesmal mit einer Größe wie wir sie in kein Flugzeug dieser Welt bekommen. Ich schicke sie in eine Drogerie, um die Drogen so zu verpacken, dass ich sie dann legal mitnehmen kann. Sie wünscht mir noch einen schönen Tag (was für ein höfliches Kind), ich ihr auch. Mara ist mit ihrer Familie in der alten Hauptstadt und schickt Bilder, es scheint allen gut zu gehen bei ihrem Familientag. Wir gehen zurück, gleich treffen wir uns mit Maya und Vivi. Das Treffen war einfach wunderbar. Wir haben besprochen wie wir uns wieder treffen können, im kommenden Jahr bei uns in Landau. Ich hoffe sehr, dass wir alle motiviert sind un die Chaidarikinder bei uns eine tolle Erfahrung machen können. Es gibt noch so viel zu besprechen und zu erleben und zu vertiefen. Die Erfahrung mit wildfremden Menschen eine intensive Erfahrung machen zu können und von einander zu lernen ist Frieden schaffen ohne Waffen in der Realität. Ich bin heute durch das Athen gelaufen, um mich mit Maya und Vivi zu treffen. Irgendwann war ich wohl im Viertel der Einwanderer aus Bangladesch, dort wurde mitten in Athen auf der Straße gegrillt, um die Ecke ist ein Hotel der Mittelklasse, am Treffpunkt angekommen, war ich an einem Platz, der auch in einem Szeneviertel in Berlin hätte sein können. Athen ist der Wahnsinn. Ich freue mich auf die Erzählungen der Kinder, was sie ist ihren Gastgebern den Familien erlebt haben. Das wird auch hier im Tagebuch veröffentlicht.
Samstag, 13.05.2023
Um 9am geht es los, wir fahren mit allen Kindern, Lehrerinnen und Eltern nach Attika, also eigentlich nach Lavrio, am südlichen Zipfel Attikas, dessen Zentrum die Stadt Athen ist. Was wir dort erleben, ist völlig verblüffend. Wir fahren lange, um aus der Stadt herauszukommen, nicht weil so großer Verkehr herrscht, viel sehr weil der Weg so weit ist. Clara schildert uns ihr Problem, als 13-Jährige kann sie den Ouzo, den sie geschenkt bekommen hat, nicht transportieren. Und überhaupt die griechischen Eltern sind unfassbar, die Kinder werden quasi adoptiert und ebenso geherzt wie die eigenen. Und dann sind wir in Piräus und fahren von da an über 50 Kilometer am Meer entlang, unfassbar viele und schöne Bademöglichkeiten laden zu einem Sprung ins Wasser ein. Es ist so schön hier, die Athener brauchen definitiv keine Insel, Attika bietet alles, was man braucht. Nach über einer Stunde Fahrt halten wir, es ist Zeit für ein Bad, alle springen ins kalte Nass und trinken an der Schicki-Micki-Bar für 5 Euro eine Limonade. Muss halt jetzt sein. Nach 2 Stunden geht es weiter zum Tempel von Poseidon. Es ist ein magischer Ort, der Tempel thront hoch auf dem Berg, außen rum Steinreste und ein Blick auf die Ägäis. Magisch, eine Ruhe, eine Erhabenheit, die nicht alle so sehr wahrnehmen, schließlich hat Amors Pfeil die Sinne vernebelt, eine deutsch-griechische Liaison, so schön und so wunderbar. Und dann, ja dann muss ich schon wieder vom Essen sprechen, wenigstens kurz, die Zeit verschieben sich hier komplett, ich selbst hatte bis um 4pm nichts gegessen und freue mich auf ein Lunch im Hafen von Lavrio, wir landen im erstbesten Lokal und hier gibt es Fisch. Gavros, das kennt man am Meer, kleine Fische, die man mit Kopf und Schwanz, zitronengesäuert und gepfeffert, genießt. Und ich hatte hier wieder nicht damit gerechnet, dass der Kellner ständig nachlegte, ich weiß nicht, wie viele Teller er da anschleppte. Auch hier wieder einfach, aber ehrlich. Das Essen hier hat nichts zu tun mit den Touristenfallen, die es so oft in den Städten am Meer gibt. Ich habe auch hier wieder nur griechisch um mich herum gehört, wir gehören zu den Exoten. Unsere Kolleg*innen aus Griechenland sind so herzlich und so aufmerksam. Wenn ich daran denke, wie wenig sie für die Arbeit, die sie tun, bekommen, wird mir schwer ums Herz. Wir fahren nach Hause. Es ist Zeit sich von den griechischen Kolleg*innen zu verabschieden, es ist nicht leicht nach diesem Abenteuer. Auch die Kinder drücken mich alle so sehr, ich habe gestern am Ende ein paar Worte an das Publikum gerichtet und gesagt, dass ich zu Hause in Deutschland rund 1000 Schüler*innen habe und jetzt nach dieser Zeit 1012. Und so fühle ich es auch jetzt, die Kinder sind mir so sehr ans Herz gewachsen, Dimitra will mich gar nicht mehr loslassen. Maria, die stellvertretende Schulleiterin unserer Partnerschule, bringt uns zur Metrostation, der Abschied ist intensiv, hope to see you again. Am Abend gehen wir nicht essen, der nachmittägliche Lunch ist längst nicht verdaut. Wir gehen früh zu Bett. Die Kinder bestimmt nicht.
Freitag, 12.05.2023
Oh je, was ist da passiert? Meinen beiden Kolleginnen hat Montezuma einen Streich gespielt, aber sie sind tapfer. Wir machen uns auf und fahren zur Probe, sicherheitshalber aber mit dem Taxi, dank free now geht das alles ganz schnell und schmerzfrei. Wir machen ein Warm up, für mich ist es so schön zu sehen, wie unsere griechischen un deutschen Kinder miteinander umgehen. Es lieht eine wunderbare Spannung in der Luft, heute Abend wird aufgeführt und heute morgen soll es einen Durchlauf geben. Letzte Absprachen und dann ist es soweit, die 2. Hauptprobe findet als Durchlauf statt, die Kinder sind sehr konzentriert. Es läuft fast zu gut. Wir besprechen nochmal. und dann wird es spannend, um 12.15 Uhr kommen die anderen Schülerinnen und Schüler der Schule, um sich die Aufführung anzusehen, die Aufregung ist groß und die Angst ausgelacht zu werden oder dass viel Chaos entstehen würde, ist den Kindern auf die Stirn geschrieben. Die einen werden richtig ruhig und würden sich am liebsten verkriechen, die coolen Jungs grinsen unsicher vor sich hin. Ich erkläre dem Publikum, dass sie eine große Verantwortung für ihre Theaterspielen den Mitschülerinnen und Mitschüler hätten und los geht es. Und wieder spielen sie wirklich gut, mit hoher Intensität. Unsere Sorgenkinder, jene ganz unerfahrenen Kinder, die vorher gerne mal vor lauter Verunsicherung gegrinst hatten, sind total fokussiert, super. Und das jugendliche Publikum reagiert großartig. Da sind bestimmt ganz viele Kinder dabei, die noch ein Theaterstück erlebt hatten und schon gar nicht von ihren gleichaltrigen Freunden. Der Beifall, den sie klatschen, ist irgendwie eine Mischung aus Freude, Anerkennung und irgendwie auch eine Art Selbstbefreiung, einer Eruption gleich. Wir haben solange stillgehalten, jetzt muss es raus. Es war der Wahnsinn, toll. Jetzt machen wir bis 18.30 eine Pause und heute Abend kommen die Erwachsenen, eines scheint mir sicher, dieser Beifall ist schwer zu toppen. Ich werde berichten. Noch eine gute Nachricht: Montezuma ist wieder weg, es scheint wieder zu schmecken. Und schon ist es Abend, es geht gegen 20.30 zu, aber nur wenige Menschen sind da, wir befürchten , dass niemand kommt. Doch wir haben die Rechnung nicht ohne die Griechen gemacht. Plötzlich wird die Hütte voll, bis auf den letzten Platz ist alles gefüllt, die Filmcrew an ihren drei Kamerapositionen und pünktlich um 10 vor 9 geht es los. Und wie, unsere Kinder, alle 22, spielen wirklich klasse. Besonders gefallen mir jene, die vorher immer zu kämpfen hatten. Sie alle waren total fokussiert und bei der Sache. Für viele war es die erste Live on Stage-Erfahrung. Einige nehmen größere Rollen ein als andere, aber alle tragen gemeinsam zum Erfolg bei. Mich rührt es manchmal zu Tränen, ich hätte vorher nicht erwartet, das unsere Kinder den Inhalt so gut verstehen und szenisch umsetzen können. Aber spätestens als Paul , Palacios und Rico die Gefangenen ins Gefängnis befördern weiß jeder, welche Stunde geschlagen hat. Das Spiel der Kinder erschüttert, der Gedanke wie in der Zeit des Nationalsozialismus unsere deutschen Vorfahren dieses Leid über die einheimische Bevölkerung gebracht haben, erfasst und alle. Und umso ergreifender ist es hier stehen zu dürfen und auch in der deutschen Sprache auf der Bühne zu spielen. Die Wärme zwischen Spieler*innen und Publikum ist von Beginn an spürbar, Wahnsinn. Unsere griechischen Theaterfreundinnen sind ebenso ergriffen wie wir drei. Die Kinder spielen auf dem Punkt. Am Ende tosender lang anhaltender Beifall, Reden des Schulleiters und des Bürgermeisters loben und gefallen sehr. Danach fallen sich alle in die Arme, wir haben 5 Tage hart gearbeitet und das Ergebnis ist mehr als brauchbar, auch unsere Filmcrew ist begeistert, wir dürfen einen tollen Film erwarten. Irgendwie ist es schnell 22.30 und Zeit etwas essen zu gehen. Wir gehen mit den Kolleg*innen der Chaidarischule in eine ganz einfach Taverne, eher einer Bretterbude gleich, die Karte unübersetzt, schnell kommen die Getränke auf den Tisch, das Essen, das kaum auf unseren großen Tisch braucht, ist das beste, was ich hier essen durfte, nix Schicki-Micki, einfach ehrliche Bauernküche, das Lokal ist bekannt für seine Lammkotletts und diese kommen kiloweise auf den Tisch, Salate, Pommes Frites, gebratenes Gemüse, einfach wunderbar. Ich habe 62 Jahre lang auf solche Lammkotletts warten müssen. Und da sieht man mal wieder, dass das Aussehen dem Menschen oft im Wege steht, von mir aus wäre ich niemals in dieses Lokal gegangen. Ach ja, gesungen haben natürlich auch noch, in Bett komme ich in dieser Nacht um 2.30 Uhr. Morgen ist ein Ausflug angesagt und Nickerchen wird sicher nötig sein. Als ich ins Bett gehe, denke ich mit Wehmut an den Abend, weil ich weiß, dass das Theater-und Begegnungsprojekt nun vorbei ist. Ich hoffe so sehr, die griechischen Kinder im nächsten Jahr begrüßen zu dürfen.
Donnerstag, 11.05.2023
Der Donnerstag beginnt echt frostig. Temperaturen, auf die wir nicht eingestellt sind. Wir fahren heute Morgen in die Schule, aber nicht um zu proben, sondern um zu dem Militärgelände zu gehen, auf dem sich das damalige KZ, das größte seiner Art in Griechenland, befindet. Es ist ganz in der Nähe der Schule und auch unsere griechischen Gastgeber hatten noch keine Gelegenheit das Camp zu besuchen. Dort angekommen wurde uns mitgeteilt, dass unser vorgesehener Guide Corona bekommen hatte und wir deshalb warten mussten. Hinter dem Tor irgendwie eine ganz seltsame Atmosphäre, Hunde , die faul herumliegen, Wachsoldaten in ihren Häuschen, irgendwann kommt der Kommandant angerauscht und läuft an uns vorbei. Eine der griechischen Schülerinnen erzählt von ihrem Papa, der auf Samos auch ein Kommandant sei. Leider sehe sie ihn sehr selten, er müsse viel arbeiten. Toll, wie gut sie Englisch spricht. Irgendwann geht es los. Wir laufen an Baracken vorbei, unser Begleiter grüßt jeden mit dem militärischen Gruß, ich ertappe mich auch dabei, einen Soldaten mit diesem Gruß zu antworten, obwohl ich selbst nie bei der Bundeswehr gedient habe. Dann kommen wir an Block 15, der einer der Blocks war, in der die insgesamt 21000 Häftlinge, Männer und Frauen, gefangen gehalten wurden, die meisten kamen nach Auschwitz, eine ganze Menge wurde vor Ort getötet. Ich selbst habe vor vielen Jahren Auschwitz gesehen, aber selbst dort gab es etwas nicht, was ich hier zum ersten Mal gesehen habe. Hinter dem Block gibt es eine ganz hohe ewig lange Wand, an der hunderte von Eisenringen hängen. An diese wurden die Gefangenen angekettet und gefoltert. Was für ein Bild, 300 oder mehr Gefangene, die einfach nur gepiesackt oder am Ende getötet wurden. Was lassen sich Menschen für Grausamkeiten einfallen. Auch unter den Kindern, die kein großes historisches Wissen haben, herrschte in diesem Augenblick tiefe Betroffenheit. Wir gingen noch in ein Museum, in dem Geräte zu sehen waren, mit denen Menschen kommuniziert hatten, vor allem aus den USA, unglaublich, welche unterschiedlichen Fernschreiber und Walky-Talkys die Amerikaner schon hatten, auch im 2. Weltkrieg. Es war ein interessanter und zugleich nachdenklich machender Ausflug.
Am Nachmittag ging die Probe um 15 Uhr los. Die Fortschritte, die wir gemacht hatten, sind großartig. Für manche Kinder ist es die erste Theatererfahrung und dann mit einem solchen schweren unbekannten Stoff. Wir lassen sie laufen und Erfahrungen machen. Und sie machen welche. Einige entwickeln sich prächtig, andere brauchen einfach länger, aber alle sind irgendwie beteiligt. Ein griechischer Junge ist so ernsthaft dabei, es ist eine Wonne ihm zuzuschauen, irgendwie frisst er Theater. Er reißt die anderen mit, er verbindet, er ist ein liber und ganz schlauer Mensch. Es ist so schön ihn dabeizuhaben. Apropos dabeizuhaben. Bei Lilly stand es vorher auf der Kippe, sie war lange krank gewesen, ich war da echt skeptisch. Und zum Glück habe ich mich geirrt. Sie übernimmt im Stück ganz viel Verantwortung. Und sie ist sehr lernschnell. Wenn wir von Bühnenlautstärke sprechen, setzt sie das sofort um, klasse dieses Mädchen. Wir schaffen es am Ende des Tages tatsächlich eine 1. Hauptprobe zu machen. Ich gehe wirklich beruhigt und ja, auch beschwingt, nach Hause. Die Zusammenarbeit mit Vivi und Maya ist fantastisch. Als ob wir schon ewig zusammen wären. Und die Beziehung zu den Kindern, vor allem auch zu den griechischen Kindern, ist sehr tief. und der Abend in unserem Lieblingslokal im Oikeio ist wieder so schön, der Kellner empfängt uns mit einem richtig großen Hallo. Es ist wieder spät, als wir in Bett fallen, aber glücklich sind wir.
Mittwoch, 10.05.2023
Heute geht es weiter mit meinem Bericht. Es ist Mittwoch, ein herrlicher Tag, blauer Himmel und 20 Grad. Und da ich heute Morgen zu lange diktiert habe, kommen wir etwas zu spät los. Doch meine Sportlehrerin treibt mich an und wir schaffen es pünktlich. Wir treffen uns mit unseren Theaterkolleginnen und unterwegs fahren wir in ein Drive-in-Café. Kurz vor halb 9 sind wir in der Schule und beginnen mit der Probe. Wohlwissend, dass wir am kommenden Freitag unsere erste Aufführung haben. Wir haben uns für diesen Tag sehr viel vorgenommen und legen gleich los. Zuerst lernen alle, den langsamen Walzer zu tanzen, das geht definitiv schneller als in jeder Tanzschule. Alle Kinder machen gut mit. Es ist schön zu sehen, wie alle gemeinsam das Tanzen lernen. Weiter geht es mit dem Koftos, mir gelingt es nun immer besser und ich bin stolz, dass ich diese Hürde gemeistert habe. Danach stehen unsere Kinder Rücken an Rücken und singen mit meiner Unterstützung gemeinsam das Lied „Donnadonnadonna“. Danach weisen sie mich auf einen Textfehler hin, ich würde den Refrain falsch singen. Und sie haben recht. So ist das eben, wenn man mit Jugendlichen unterwegs ist. Dann proben wir unsere Szene von gestern und inkludieren alle griechischen Kinder. Diese Arbeit strengt mich sehr an, weil ich zwischen verschiedenen Sprachen hin- und herwechseln muss. Ich merke, dass ich den Kindern zu wenig Raum lasse, wenn sie ausprobieren sollen. Am Ende, nach gut einer Stunde, haben wir die Szene tatsächlich im Kasten und sind sehr froh. Nach einer Pause geht es weiter mit der Szene der Griechen. Ich halte mich komplett raus und überlasse den beiden Theaterschauspielerinnen die Führung und die Regie. Es ist wieder sehr anstrengend für die Schülerinnen und Schüler. Und ich glaube in jedem anderen Unterricht, egal ob in Deutschland oder Griechenland, den sie haben, sind sie niemals so fokussiert wie in dieser Zeit, werden immer wieder darauf hingewiesen und können sich gedanklich nicht verabschieden. Theaterarbeit ist Fokussieren lernen und ist sehr anstrengend und fordert sehr den Menschen. Ich bin sehr stolz auf diese Kinder, wie sehr sie intensiv an dem Stoff arbeiten. Barbara war natürlich wieder in der Bäckerei und holte sich ein paar griechische Köstlichkeiten. Man darf allerdings nicht zu viel essen, weil man weiß, was Lunch in der Schule heute Mittag bedeutet. Dann trennen wir uns in zwei Gruppen. Mein Paul und zwei griechische Jungs gehen zusammen mit Vivi und Maya und proben an einer solistischen Szene. Barbara und ich und mittlerweile auch Anna, die vom Flughafen abgeholt worden ist, sind dabei, Szenen zu proben, bei denen Rico und ein griechischer Schüler die Hauptrollen spielen. Es wird gezeigt, wie schwer die Arbeit im Lager war und welche Boshaftigkeiten sich der Lagerkommandant ausgedacht hat. Wir arbeiten in einer halben Stunde eine Szene aus, mit der ich unglaublich zufrieden bin. Wir haben es geschafft, dass alle Schülerinnen und Schüler beteiligt sind und dem Publikum sicherlich deutlich werden wird, was wir mit der Szene vermitteln wollen. Anstrengend war es, aber unglaublich erfüllend. Und dann kommt das, was kommen musste, das griechische Mittagessen. Hähnchen satt, Kartoffeln, griechischer Salat und Schokoladenherzen. Ich selbst werde in Griechenland fast zum Vegetarier, weil ich mich von dem fantastischen Salat ernähren könnte. Das war der Vormittag, jetzt sitze ich im Bus, meine Kolleginnen trinken einen frisch gepressten Orangensaft und genießen diesen. Jetzt geht es zu einer der wichtigsten archäologischen Stätten Griechenlands, von der ich heute Abend berichten werde.
Jetzt ist erst mal Schluss für den Vormittag, wir haben 26 Grad, sehen das Meer, was will man mehr?
Dienstag, 09.05.2023
Der Tag beginnt genauso früh wie der gestrige. Eigentlich es ja schon der dritte Tag, wenn man den Sonntag dazurechnet. Diesmal kaufen wir für die U-Bahn eine 5-Tageskarte. Schließlich sind wir noch 5 Tage hier in Athen. Ich kaufe mir einen Kaffee, Barbara hat schon im Hotel genug Kaffee getrunken. In Chaidari angekommen verschwindet sie gleich zum Bäcker, der Köstlichkeiten aller Art für sie bereithält. Der Tag ist gerettet. Die Arbeit beginnt. Beim Aufwärmen mit den Kindern merke ich, wie ungeduldig ich mit Menschen bin, die sich nicht auf die Arbeit fokussieren können. Ja, sie sind jung und ja, sie sind keine professionellen Schauspielerinnen und Schauspieler. Sich bei einer einfachen Übung im Kreis mit Energie und Fokus einzubringen, das kann man wirklich auch von Jugendlichen erwarten. Doch weit gefehlt. Die einzigen, die Energie in die Runde bringen, sind wir Erwachsenen.
Doch im Verlaufe des Tages wendet sich das Blatt. Wir tanzen unseren griechischen Tanz. Heute war es auch bei mir soweit und ich hatte die einfachen Schritte kapiert. Eine Lehrerin kam vorbei und nahm sich unsere Kinder zur Brust und übte mit ihnen den Tanz. Wir sind uns sicher, dass wir am Ende der Woche deutsche Kinder mit einem griechischen Tanz auf der Bühne sehen.
Wir bereiteten uns auf unsere Szene vor und ich war ein wenig aufgeregt. Schließlich hatten wir in Deutschland in der Vorarbeit nicht so konkret mit der Szene gearbeitet, dass man sie auch tatsächlich vorspielen könnte.
Doch was sowohl in der gemeinsamen Probe passiert ist und wie sie es präsentiert haben, hat mich eines Besseren belehrt. Wir haben etwas erreicht. Und haben die erste Szene gut gespielt. Vor allem das Ankommen hat mir persönlich sehr gut gefallen. Der zweite Teil der Szene muss noch bearbeitet werden, aber ich bin mir sicher, dass wir da am Ende auch ein gutes Ergebnis erzielen werden.
Wir singen ein gemeinsames Lied, auch hier kommen wir vorwärts und am Ende der Probe um 13.00 Uhr, sind wir, Barbara und ich und die beiden Schauspielerinnen, zufrieden mit dem, was wir an diesem Tag gemeinsam geschafft haben. Wir besprechen den darauffolgenden Tag und nehmen uns ein richtig großes Programm vor. Dann laufen wir zum Bus, um gemeinsam zu einer Pizzeria zu fahren, in der wir uns stärken wollen. Danach wollen wir in einen Freizeitpark fahren. Das Essen in der Pizzeria war wieder typisch griechisch. Wir aßen Salat und Nudeln. Wir bekamen eine Salatschüssel, die locker für mehrere Personen gereicht hätte. Es schmeckte so gut, unsere Gastgeberin spendierte uns noch einen Caesar-Salat. Alle aßen Pizza oder Nudeln und niemand aß seinen Teller richtig leer, weil die Portionen so üppig waren. Am Ende kam die Rechnung, sie betrug für 21 Menschen 180 Euro. Es stellte sich heraus, dass die Wirtin die Großmutter einer griechischen Schülerin war und uns deshalb besonders großzügig bewirtet hatte.
Von dort aus ging es in den Allou!Fun-Park. Dies war ein tolles Erlebnis. Was uns dabei auffiel, war die Tatsache, dass die Kinder alle als Gruppe zusammenblieben und die wildesten Fahrgeschäfte, bei denen man sich überschlug und aus dem Schreien nicht mehr rauskam, gemeinsam machten. Nicht alle kamen wohlgemut aus den Fahrgeschäften zurück. Pavlo, ein griechischer Junge, der ein herausragendes Englisch spricht, weil er eine Zeit in London lebte, musste sich eine Cola kaufen, damit er wieder fit wurde.
Eine unserer Gastgeberinnen brachte Barbara und mich zur nächsten Metrostation, von der wir Richtung Unterkunft fahren konnten. Um 20.00 Uhr kamen wir dort an, ruhten uns aus und machten uns eine Stunde später noch auf, um etwas Kleines essen zu gehen. Waren wir gestern Abend schon in einem typischen griechischen Restaurant, toppte das Ganze der heutige Abend. Das Lokal, in dem wir einkehrten, war ein Lokal, in dem nur Einheimische aßen. Touristen verirren sich hier selten. Barbara aß einen Salat und ich aß ein Zucchinigericht mit Hackfleisch und Zitronensoße. Das war kein großes, aber ein feines Gericht. Dazu Wein, dann einen Ouzo. Was will der Mensch noch mehr? Dann hatten wir eine besondere Begegnung mit einem griechischen Botschafter. Sein Name war Vasilios E., wir ersparen uns den Nachnamen, wir kamen sofort ins Gespräch, er sprach ein herausragendes Deutsch, welches er im Goetheinstitut in jungen Jahren gelernt hatte. Er war 1943 geboren und wir sprachen miteinander eine Stunde lang. Ihm zuzuhören war ein Genuss. Er erzählte uns, wie er zu seiner Arbeit gekommen sei und wo er gearbeitet hatte. In Wien, Madrid und in Prag war er im Bereiche des Botschaftswesens unterwegs. Er war ein sehr faszinierender Mann, weil er einfach so viel wusste und sein Wissen mit uns teilen wollte. Nachdem wir ihm erzählten, dass wir in Chaidari ein Theaterstück spielen würden und ihn über den Inhalt aufklärten, erzählte er uns, was das Wort Chaidari in Griechenland bedeuten würde und es sehr bekannt sei. Er erklärte uns die historische Rolle der Kommunisten in Griechenland und wie sehr die Kommunisten am Anfang mit Hitler gemeinsame Sache machten. Dies ist ein sehr interessantes Detail in Bezug auf unsere Arbeit, die wir hier machen. Wir sprachen über Familie, Kindheit, Griechenland, über Orte in Griechenland und von unseren Erfahrungen. Es war ein Gespräch mit einem Menschen in einem griechischen Lokal. Am Ende verließen wir das Lokal als letzte Besucher. Er führte uns noch zu einer Stelle, von der wir noch ein weiteres Restaurant sehen konnten. Auch dort werden wir in den nächsten Tagen vorsprechen und über die griechische Küche staunen. Danach gingen wir nach einer herzlichen Verabschiedung nach Hause und sehen noch die letzten Minuten des Champions-League-Finale im Fernseher.
Montag, 08. Mai 2023
Der nächste Tag beginnt, es ist Montag, 08. Mai 2023. Die Sonne scheint schon früh am Morgen und es soll ein toller Tag mit Spitzenwerten von 28 Grad werden. Wir machen uns auf und laufen zur nächsten U-Bahn-Station und fahren mit dieser drei Stationen und kommen an einem Punkt an, an dem wir bei unserem Vorbesuch schon täglich vorbeikamen, da unser damaliges Hotel dort lag. Wir trinken einen schnellen Kaffee und treffen auf unsere Schauspielkolleginnen, Vivi und Maya. Das Projekt, das wir hier in Athen gemeinsam mit unseren griechischen Gastgeberinnen vorhaben, ist ein Projekt, welches vor Monaten an mich herangetragen worden ist. Wir kümmern uns um Renato Mordo. Renato Mordo war ein österreichischer Jude, den es zur Zeit des Nationalsozialismus nach Athen verschlagen hat auf der Flucht vor den Nazis. Dort wurde er von der damaligen Wehrmacht aufgegriffen und verhaftet. Er landete im Lager Chaidari in einem Athener Stadtteil. Dort wurde er inhaftiert, überlebte und schrieb am Ende ein Theaterstück in der gleichen Art wie Bertolt Brecht, ein bekannter und befreundeter Schriftsteller.
In diesem Stück ging es um sein Leben in diesem Lager. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, mit unseren Kindern und unseren griechischen Partner dieses Stück in einzelnen Szenen auf die Bühne zu bringen. Eine große Aufgabe. Heute proben wir das erste Mal, die Kinder sehen sich in der Schule in Chaidari und werden mit der Arbeit beginnen.
Wir sind alle gespannt, wie es werden wird.
Der Tag beginnt eigentlich viel zu früh, wir haben alle wenig geschlafen. Und dennoch geht es los. 18.000 Schritte werden wir am Ende dieses Tages gelaufen haben. Und die Erlebnisse sind eigentlich gar nicht in Worte zu fassen. Die beiden Schauspielerinnen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind mir jedenfalls irgendwie schon so nahe, als ob wir schon viele Jahre miteinander gearbeitet hätten. Wir merken ganz schnell, dass wir in Bezug auf viele Fragen, vor allem auch, wie man Theater mit Jugendlichen spielt, und wie man mit welcher Energie versucht, sie zu Leistungen zu bringen. Diese Fragen sind Fragen, bei denen wir irgendwie gleich ticken. Das ist wunderbar zu sehen und zu fühlen. Wir fahren mit dem kleinen Auto von Vivi Richtung Chaidari. Die Fahrt ist nach 15 Minuten vorbei und wir kommen in die Schule, die wir im November auch besichtigt haben. Dort werden wir von den Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften unglaublich nett empfangen. Der Schulleiter, der kein englisch spricht und mit dem die Kommunikation eigentlich nicht möglich ist, begrüßt uns auf seine Art so freundlich wie alle Lehrerinnen und Lehrer, denen wir unterwegs begegnen. Die Schülerinnen und Schüler, die nicht am Projekt teilnehmen, sind auch schon ganz gespannt auf uns und treiben sich während der Proben vor unserem Probenraum herum.
Die Schule ist eine öffentliche Schule. Die Schüler haben 7 Schulstunden am Tag. Immer 45 Minuten Unterricht und dann 10 – 15 Minuten Pause, diese Pausen werden von den Lehrkräften schon mal verlängert. sodass die Schülerinnen und Schüler viele Pausen haben, in denen sie vor unserem Raum so manchen Blödsinn machen können und die Lautstärke dringt des Öfteren in unseren Raum hinein. Wir beginnen um 08.30 Uhr mit unserer Arbeit und werden bis 13.00 Uhr proben. Das ist anstrengend, schließlich muss man sich beim Theaterspielen fokussieren können. Und Fokussieren ist für Jugendliche keine einfache Aufgabe, zumal sie auf Jungs und Mädchen treffen, mit denen sie bisher in ihrem Leben nichts zu tun hatten.
Es sollte ein intensiver erster Probentag werden und wir sahen die erste Szene, die unsere griechischen Freunde vorbereitet haben. Diese Szene aus dem Stück handelt von den Frauen, die inhaftiert gewesen waren. Mir hat die Arbeit, die die Kinder mit ihren beiden Schauspielerinnen gemacht haben, gut gefallen. Schließlich haben sie mit Symbolen gearbeitet, hatten ein rotes und ein weißes Tuch, mit dem sie in der Szene hantiert haben. Man sieht, dass die Kinder nicht theatererfahren sind, das Fokussieren gelingt vielen nicht. Ich bin mir aber sicher, dass die gleichen Kinder am Ende der Woche bei unserer Aufnahme, die wir am kommenden Freitag haben werden, eine Arbeit abliefern werden, die vorzeigbar ist. Wir arbeiten nicht nur an Szenen, wie der Frauen- und Ankunftsszene. Wir arbeiten auch an Tänzen und Liedern, wir lernen den Koftos, einen griechischen Tanz, der aus einem einfachen Schrittmuster besteht. Einfach? Nicht für uns, für mich persönlich auch nicht. Ich werde den Tag nicht beenden mit der Tatsache, einen Tanz gelernt zu haben. Da werde ich noch einen Tag mindestens Zeit brauchen und vielleicht auch eine Idee, wie ich das alles in meine Beine bringen kann.
Der Probentag ist deshalb so anstrengend, weil wir in der Nacht so wenig geschlafen haben. Die Geräuschkulisse von außen durch die Schülerinnen und Schüler fördert auch nicht ein ruhiges Arbeiten und stört unsere Konzentration.
Ach ja, gestartet ist ein gutes Stichwort. Der Tag der Woche startet in dieser Schule mit einem Morgenappell, da treffen sich der Schulleiter und seine Schülerschaft, es sind nicht sehr viele. So 100 – 150 Kinder treffen sich auf dem Schulhof. Der Schulleiter kommt dazu, neben ihm steht ein Schüler. Plötzlich schweigen alle und bekreuzigen sich und der Schüler, der bei dem Schulleiter steht, spricht ein Morgengebet, welches sich alle anderen anhören und sich bekreuzigen. Der Schulleiter sagt noch ein paar Sätze und die Schülerinnen und Schüler nehmen ihre Arbeit auf.
In der Schule gibt es einen Hausmeister und seine Frau, die einen Kiosk betreiben. Dieses ist nicht nur in den Pausen offen, sondern gefühlt den ganzen Schultag. Er verkauft kleine griechische Köstlichkeiten und tollen griechischen Kaffee und ist immer freundlich und immer da. So zieht durch unseren Probenraum ein Geruch von griechischen Backwaren. Das Bedürfnis, eine Pause zu machen und sich zu stärken, ist deshalb auch entsprechend groß und wird umgesetzt. Wir nähern uns am Ende des Probentages einander an, die Deutschen und die Griechen. Wir sprechen alle gemeinsam englisch und ich habe den Eindruck, dass sich wirklich alle miteinander verständigen können.
Eigentlich wollten wir nach unserer Probe ins Hotel fahren, um uns ein wenig auszuruhen. Schließlich war der Plan am Nachmittag die Akropolis zu besichtigen und durch das Plakagebiet zu schlendern. Doch wir hatten die Rechnung ohne die griechischen Lehrkräfte gemacht, sie luden uns zu einem Lunch ein. Wir trafen uns in einem kleinen Raum in der Schule mit unseren griechischen Schülerinnen und Schülern und unseren eigenen. Und wir wurden reichlich beschenkt. Wie immer, wenn man in Griechenland essen geht, gab es viel zu viel und so tolle Sachen, dass man alles probieren muss.
Was mich am griechischen Essen, wenn es häuslich zubereitet wurde, am meisten fasziniert, sind die Gewürze. Die kleinen griechischen Nudeln mit weichgekochtem Fleisch und mit Zimt und Minze gewürzt sind einfach köstlich. Man muss es probiert haben und ich nehme mir vor, es in meinen Speiseplan zuhause aufzunehmen.
Das hat nicht im Entferntesten mit dem zu tun, was uns griechische Lokale in Deutschland als griechische Küche verkaufen.
Die Berge voller gegrillter Fleischwaren sind eigentlich nicht das, was in griechischen Familien gekocht wird. Die Nachspeisen sind auch fantastisch, aber unheimlich süß. Daran muss man sich erst gewöhnen. Und es kam, wie es kommen musste, der Schulleiter lud auch wieder zum gemeinsamen Trinken mit hausgemachten Spirituosen ein.
Ich weigerte mich standhaft und kam schließlich mit einem halben Schnaps namens Tsipouro davon. Schließlich war es zwei Uhr nachmittags und unsere Schülerinnen und Schüler waren auch dabei, wir müssen ja Vorbild sein.
Irgendwann konnten wir uns verabschieden und machten uns gemeinsam mit unseren Schauspielerinnen zu unserem Hotel auf.
Sie fuhren uns zu einer Stelle, von der wir nur noch wenige Meter brauchten, um zu unserer Unterkunft zu kommen. Wenn ich hier wenige Meter sage, dann meine ich viele Meter, denn die griechischen Meter kommen mir hier viel länger vor.
Wir landen in Kolonaki, dies ist der reichste Stadtteil Athens, am Syntagmaplatz ist unsere U-Bahn-Station.
Dort befindet sich das griechische Parlament, welches mich an das Jahr 2007 und 2008 erinnert, wo dem die Griechen mit ihrer Finanzkrise gegen den Staatsbankrott kämpften und viele Versammlungen abhielten. Ausruhen können wir uns gerade nur 45 Minuten, dann machen wir uns auf zur Akropolis. Wir beschließen zu laufen, was sich im Nachhinein als ziemlich anstrengend erweisen sollte. Wir laufen Richtung Syntagmaplatz und durchqueren Athen im Zentrum, um über das Plakagebiet zur Akropolis aufzusteigen. Die Schülerinnen und Schüler, die mit dem Bus aus Chaidari kommen sollten, hatten sich verspätet. Die Augen der Kinder und ihre Worte zu hören und zu sehen, hat mich dann sehr glücklich gemacht.
„Herr Haug, wir wollen bleiben, wir wollen hierbleiben, es ist so schön, so habe ich es mir nicht vorgestellt.“
So etwa haben sich alle geäußert, als sie das erste Mal aus Chaidari in das Herz Athens gefahren sind und hier die Wiege der europäischen Kultur besichtigen durften.
Wir waren hier nicht alleine, schließlich ist die Akropolis ein Ort, an dem alle Touristen Halt machen. Es ist aber auch unglaublich schön, dieses historische Kernstück Athens zu betrachten und zwischen den uralten Säulen zu wandeln und ein Blick auf Athen bis ins ferne Piräus zu erhaschen. Und das Mittelmeer zu sehen und auch zu sehen, wie groß diese Stadt ist.
Wir sehen aber auch, dass vieles hier nicht restauriert werden kann. Griechenland ist immer noch ein sehr armes Land, da sind Ausgaben zur Restaurierung für ein historisches Gebäude nicht unbedingt das, was die Menschen brauchen.
Danach geht es in das Gebiet Plaka.
Hier merke ich, dass die Jugendlichen aus der Provinz, die wir mit uns genommen haben, wirklich Jugendliche sind. Die Souvenirgeschäfte werden gestürmt und das ein oder andere sinnlose Objekt tatsächlich auch gekauft.
Meine testosterongeplagten Jungs müssen natürlich einen Flaschenöffner in der Form eines männlichen Geschlechtsteils kaufen und finden das richtig gut. Auch die Reaktion der Mädchen zeigt, dass sie genau das Richtige gemacht haben.
Es dauert, bis wir in der Fußgängerzone Athens angekommen sind und wir beschließen, ein Café anzusteuern. Dort haben wir für sündhaft teures Geld schlechten Kaffee getrunken haben, damit die jungen Menschen daheim erzählen können, dass sie im Starbucks waren.
Wir kommen 19.00 Uhr am Syntagmaplatz an, einige schlagen sich noch im berühmten amerikanischen Fastfoodrestaurant ein paar Pommes in den Magen, um dann auf den Bus zu warten, der sie wieder nach Chaidari bringt. Wir laufen wieder ins Hotel, sind rechtschaffen müde und werden an diesem Abend einen ganz tollen Restaurantbesuch machen. Wir trinken guten griechischen Wein und essen Moussaka und einen Tomatenauflauf mit Reis und Rosinen. Das ist typisch griechisch, gewürzt mit Zimt und Minze. Wir sind in einem Lokal, in dem man sich sofort wohl fühlt. Am Ende haben wir uns mit den Kellnern angefreundet und versprechen, dass das nicht unser letzter Besuch sein wird. Um Mitternacht geht es zu Bett, denn wir treffen uns mit unseren Schauspielerinnen am nächsten Morgen um 08.00 Uhr
Ich berichte in diesem Blog über unsere Reise nach Athen:
Sonntag, 07. Mai 2023
Meine Kollegin Barbara Kruck und ich sind am vergangenen Sonntag mit zehn Schülerinnen und Schülern unserer Schule aufgebrochen ins ferne Athen.
Wir treffen uns um 14.00 Uhr am Parkplatz der IGS Landau, verabschieden uns von den Eltern und fahren mit den Autos von drei Eltern nach Frankfurt am Main zum dortigen Flughafen. Wir sind viel zu früh da und vertreiben uns die Zeit so irgendwie. Wir gehen relativ schnell durch die Sicherheitskontrolle und sind über zwei Stunden zu früh. Die Jugendlichen schwärmen aus und schauen sich in den Geschäften um. Vor allem die Mädchen sind am Besuch dieses komischen Geschäftes, das den Namen „Victoria´s Secret“ trägt, interessiert. Und der Flug, wie sollte es auch anders sein, verspätet sich. Kurz vor 19.00 Uhr besteigen wir den Flieger und los geht es Richtung Flughafen Athen. Dort kommen wir so an, dass wir noch die letzte Metro nach Athen bekommen. Richtig gelesen, halb zwölf Ortszeit fährt die letzte Metro in einer vielfachen Millionenstadt in das Zentrum der Stadt. Die Fahrt geht über 21 Stationen und dauert 50 Minuten. Der Empfang dort ist unfassbar. Zehn deutsche Mädchen und Jungs werden von zwölf griechischen Kindern empfangen. Die Eltern und die Kinder warten und haben lange gewartet, es ist nach Mitternacht und flugs sind alle mit ihren Eltern in den Autos verschwunden. Barbara und ich fahren mit einem Taxi nach Athen. Um 01.00 Uhr in der Nacht kommen wir in unserem Hotel an und liegen kurz darauf in unseren Betten, um uns geistig und seelisch auf den nächsten Tag vorzubereiten.
04. Mai 2023
Wir sitzen gerade in der Schule, es ist 17.30 Uhr und es gab eine große Aufregung. Meine Frau rief mich an, eine Frau, deren Name sie nicht notiert habe, habe über Facebook gelesen, dass ein Bienenschwarm auf unserem Schulhof unterwegs sei. Wie eine Detektivin fand sie meine Telefonnummer heraus, rief bei mir zuhause an und bot sich als Retterin der Bienen an. Nach einem überaus netten Telefonat entschloss sie sich Mann und Kinder einzupacken und die Bienen auf unserem Schulhof zu retten. Gleichzeitig informierte ich meinen lieben Kollegen Christian Kourouma, der mit Kindern auf unserem Schulgelände eine eigene Imkerei betreibt. Er beschloss dann auch noch vorbeizukommen. Eine Imkerin und ein Imker auf der Suche nach dem Bienenschwarm. Eine Nachbarin hatte angerufen und als wir uns auf die Suche nach dem Volk machten, fanden wir nur noch einige Bienen, der Schwarm hatte sich in Bewegung gesetzt und ist, Stand jetzt, nicht auffindbar. Bienen schwärmen aus verschiedenen Gründen, so höre ich von der Imkerin. Oft ist es so, dass zu viele Bienen in einem Stock sind. Die Imker teilen große Schwärme stets auf, sodass das nicht geschieht und dennoch passiert es immer wieder. Unser Haus- und Hofimker vermisst keinen Schwarm, somit sollte diese Brut aus einem anderen Stamm kommen. Wenn dann ein Schwarm auswandert, wird eine neue Königin gefunden, es findet eine Kommunikation unter den ausschwärmenden Bienen statt und los geht es. Das ist doch unfassbar faszinierend, nicht wahr.
Der Schreiber dieses Tagebuches befindet sich ab Sonntag auf großer Fahrt, er fährt mit 10 Schülerinnen und Schülern nach Athen, trifft dort andere Schülerinnen und Schüler aus Griechenland und arbeitet an einem gemeinsamen Theaterprojekt. Am Freitag, 12.05.2023 findet eine Aufführung in Athen statt und Schülerinnen und Schüler und die begleitenden Lehrkräfte freuen sich auf diese gemeinsame Erfahrung. Wir werden berichten.
03. Mai 2023
Die letzten Einträge waren ein wenig depressiv. Heute versuche ich einmal eine andere Richtung. Wenn ich durch das Schulhaus gehe, grüßt mich wirklich jedes Kind. Wenn ich in die Mensa gehe, rufen viele Schüler mir zu, ich solle mich doch zu ihnen setzen. Wenn ich Richtung Ausgang laufe, halten mir SchülerInnen die Türe auf. Wenn Schüler von mir irgendetwas wollen, klopfen sie meinstens höflich und tragen ihr Anliegen in angemessener Form vor. Wenn ich Schülern helfen kann, zeigen sie ihre Freude unmittelbar und sofort. Wenn Schüler sich ernst genommen fühlen, reden sie mit mir. An Tagen wie diesen, weiß ich, dass ich den richtigen Beruf ergriffen habe.
02. Mai 2023
Ich habe den letzten Tagen des Öfteren über das Thema „Internetkriminalität“ geschrieben. Leider muss ich mich auch heute damit beschäftigen. Ich werde in der nächsten Woche in Athen sein und darf mit einer Schule zusammenarbeiten, die mit uns hoffentlich ein tolles Theaterprojekt umsetzen wird. Die griechische Schule hat zwei Schauspielerinnen engagiert, mit denen ich im regen Austausch bin. Heute haben wir uns auch wieder gesehen und als ich ihnen erzählte, was mich beschäftigt, wussten sie ganz viel dazu zu sagen. Manchmal hören eher fremde Menschen aufmerksamer zu als die eigene Umgebung. Sie bewirken bei mir auch wieder einen anderen Blick auf die Dinge. Eine der beiden erzählte von einer Geschichte aus ihrem Leben und von einem Menschen, der mit ihr zusammen in eine Klasse ging und der jetzt nach vielen Jahren bei ihr meldete. Ihm erging es in seiner Schulzeit auch nicht gut. Und immer noch knabbert er an den Folgen, die ihm Mitschüler angetan haben. Wir bedenken das, was bei Schule und Gesellschaft geschieht, oft nicht. Langzeitfolgen sind Langzeitfolgen. Manche Menschen bekommen das ihr Leben lang nicht mehr richtig hin. Genau deshalb ist es so wichtig hinzuschauen und einzugreifen. Wir werden in dieser Schule bei diesem Thema sehr genau sein und konsequent Opfer schützen und Täter bestrafen.
Tagebucheinträge April 2023
Tagebucheinträge Februar und März 2023
Ihr Lieben,
ihr geht heute weg von uns. Und es ist so schön, dass wir jetzt hier alle beisammen sind und feiern. Wir haben die Feier gemeinsam vorbereitet, es wird ein gutes Essen und ein tolles Programm geben und wir
Lehrerinnen und Lehrer und ihr liebe Abiturientinnen und Abiturienten sind dafür gemeinsam verantwortlich. Wenn wir heute Nacht aufgeräumt haben, werde ich ziemlich sicher mit einem Gefühl der Wehmut nach Hause fahren. Ich habe viele von euch als ganz wunderbare Menschen kennenlernen dürfen, manche von euch benutzten am Ende mein Büro fastgenauso oft wie ich selbst. Ob es um eine Durchsage für alle, den Vertrag mitder Festhalle, das Programm oder einfach nur den Ausweis vom C+C ging, wir kooperierten auf eine einmalige Art und Weise. Das werde ich definitiv vermissen. Und jetzt geht es für euch hinaus in die Welt. School′s out for summer, School's out forever,School′s been blown to pieces. Nein, das habt ihr nicht gemacht. Aber das Gefühl, das Alice Cooper hier besingt, werdet ihr nachvollziehen können. Endlich beginnt euer Leben danach. Und hoffentlich mit der Gewissheit von uns gut behandelt worden zu sein. Ich möchte deshalb an der Stelle gerne ein wenig innehalten und über euch reden. Ich kenne kaum ein Kind im Alter von 6 Jahren, das nicht gerne in die Schule geht. Erinnert ihr euch, wie es bei euch vor 13 Jahren war? Erster Schultag. Erinnert ihr anderen, die ihr im Publikum sitzt, euch an euer 1. Mal? In der Schule, natürlich. Wenn ihr eure Augen schließt und eure Herzen öffnet, euer Erinnerungsmodul anwerft und daran denkt, wie ihr das erste Mal endlich zur Schule durftet, mit dem ersten Mäppchen, dem ersten Ranzen, gespitzten Bleistiften und einem eigenen Füller. Erinnert ihr euch an die ersten Unterrichtsstunden, was hattest du zu essen dabei? War die Lehrerin nett zu dir? Habt ihr viel Hausaufgaben bekommen? Gar keine? Und die anderen in der Klasse? Wart ihr aufgehoben? Und du, warst du eine, wie man so sagt, gute Schülerin? Hast du immer Hausaufgaben gemacht? Wann hast du deine 1. Note bekommen? Und dann vier Jahre Grundschule, die wie im Fluge vorübergingen. Am Ende der Grundschulzeit ging es um die Entscheidung, wie und wo es weitergeht. Wie war das bei dir damals? Wie kam es, dass du bei uns gelandet bist? Erinnerst du dich an Begrüßungsfest? Wie war das Gefühl beim 1. Mal IGS? Deine neue Klasse in der neuen Schule mit neuen Tutorinnen, wie wir sie nennen. Ich kann mich an das erste Mal erinnern, 9 Jahre ist es her. Was wart ihr alle für süße Kinder,
voller Eifer, voller Lust am Lernen und an der Begegnung mit anderen. Nicht alle von euch wollten neben allen sitzen. Neben ganz viel Freude, floss auch somanche Träne. Auch bei den Eltern, als ihr in der Turnhalle am Seil entlang mit eurer neuen Klasse in den Klassensaal gingt. Und was habt ihr danach alles erlebt, Momo, Tiwo, Fit und Stark und die Herausforderung, alles Projekte, die euch helfen sollten, jetzt nach der Schule ein gutes Leben führen zu können. Wir wissen ja nie ganz genau, ob das, was wir uns gedacht und mit euch gemacht haben, auch bei euch alles so ankommt. 9 Jahre wart ihr in unseren Händen. Ich stehe hier und habe ganz viel Fragen an euch. Haben wir es gut mit euch gemacht? Waren wir für euch da? Haben wir euch etwas beigebracht? Haben wir euch die Freude am Lernen erhalten? Haben wir euch auch einmal freies Denken ermöglicht? Geht ihr von unserer Schule als denkfähige, kreative, wissbegierige junge Menschen? Ich träume schon lange den Traum, von einer Schule, die dieses Lernen ermöglicht. Habt ihr unsere Schule ein klein wenig als eine solche Schule erleben dürfen? Konntet ihr frei atmen? In einer Abiturprüfung, die ich gesehen habe, spricht eine von euch über Pestalozzi, einen großen Lehrer und Pädagogen. Sein Ziel war die freie Entfaltung aller Kinder. Frei, haben wir das bei euch das Gefühl hinbekommen? Gingt ihr im pestalozzischen Sinne durch diese Schule hindurch?
Dass ihr mutig seid, habt ihr in eurer ganzen Oberstufenzeit immer und immer wieder bewiesen. Schon der Beginn auf einem Höhepunkt der Coronasache, war doch irgendwie verrückt. Lockdown und hybrides Lernen waren die neuen Vokabeln, die wir von uns hertrugen und ihr habt das alles mitgemacht, erlitten und steht trotzdem heute hier und bekommt gleich eure Zeugnisse. Ihr seid so mutig und so tapfer durch die Oberstufe gegangen. Bravo. Wir Erwachsenen um euch herum vergessen das manchmal. Ich bin nicht nur deshalb unfassbar stolz auf euch. Ihr habt das hinbekommen. Also nochmal die Frage: Habt ihr bei uns die Dinge gelernt , die ihr im Leben brauchen könnt? Ich wünsche mir das so sehr. Für euch. Wie ihr wisst, möchte ich eine Schule bauen, mitbauen natürlich, in der Kinder keine Angst haben müssen, in der Kinder ohne Notendruck lernen dürfen. Ich will in dieser Schule in Zukunft am liebsten bis zur 8. Klasse keine Noten mehr geben. Es gibt kein wertloseres Instrument als eine Ziffer. Eine Ziffer, die die Leistung von euch beschreibt, ist nicht fair. Die Ziffer selektiert, stigmatisiert und diszipliniert. Wir alle, die wir hier
im Saal sind, haben uns daran gewöhnt, ich mich bis heute nicht. Noten machen Kindern Angst. Irgendwann lernen sie nur noch wegen der Note. Das ist so schade und bringt uns überhaupt nicht weiter. Ich träume von diesen neugierigen Kinderaugen, die einfach nur lernen wollen. Deshalb frage ich euch nochmal: Geht ihr als selbstbewusste, kreative, kritische junge Menschen? Und noch ein zweites Mal: Ich wünsche mir das so sehr. Ein Lehrer, mit dem ich mich eng verbunden fühle, sagte mir neulich, dass er seine Klassenarbeiten im Fach Latein mit dem Wort EHE unterschrieb. Ehe steht für errare humanum est. Übersetzt heißt das: Irren ist menschlich. Irren ist menschlich. Also, Fehler zu machen ist menschlich. Durftet ihr bei uns Fehler machen? Geht ihr mit dem ehrlichen Gefühl trotz oder wegen eurer Fehler geliebt zu werden? Wir sind alle voller Fehler und Irrungen. Lehrer sind auch Menschen, die Fehler machen, wir sind eben auch nur Menschen. Eine gute Lehrerin verzeiht Fehler, eine sehr gute Lehrerin gibt dazu auch eigene Fehler zu, eine supersehrgute Lehrerin ermöglicht Schülerinnen die freie Entfaltung und vertraut einem Weg, der davon ausgeht, dass alles gut werden wird. Sehr gute Lehrkräfte produzieren keine angepassten Lernmaschinen, sondern lassen Kinder wachsen und gedeihen und schauen ihnen liebevoll beim Wachsen zu. Ich hoffe, dass in diesem Sinne die guten Momente bei euch überwiegen und ihr mit einem guten und warmen Gefühl die Schule verlassen werdet. Sollten wir euch an der ein oder anderen Stelle eure kindliche Neugierde herausoperiert haben, wünsche ich euch von ganzem Herzen, dass sie wiederkehren möge. Ich selbst bin der lebende Beweis, als ich mein Abitur machte, wurden in der Schule Kinder noch geschlagen oder an den Ohren gezogen, wir hatten alte Nazis als Lehrer, schön war das nicht. Und heute stehe ich hier und ich spüre in mir große Neugier und große Freude am Entdecken und am Forschen. Die Menschen, die mir besonders nahe sind, fürchten sich manchmal vor meinem Drang immer wieder neue Projekte zu starten. Traut euch die Welt zu entdecken, lasst euch nicht stressen und gönnt euch eine Pause. Errare humanum est. Ich habe mich in meinem Leben so oft geirrt und bin selbst ja schon ziemlich alt, würdet ihr sicher sagen. Und deshalb oder gerade deswegen sage
ich: Irrt euch! Macht Fehler! Seid kreativ und weltoffen. Habt keine Angst. Keine Enge. Keine Selbstzensur. Seid frei. Wie jedes Jahr rufe ich auch heute zu: Ich werde euch vermissen. Adieu!
Tagebucheinträge Januar 2023
Tagebucheinträge Dezember 2022
Tagebucheinträge November 2022
Tagebucheinträge Oktober 2022
12. Oktober 2022
Heute Morgen habe ich zwei Kolleginnen besucht, eine in der 5. Klasse und die andere in der 11. Klasse. Natürlich werde ich hier keine Details aus dem Unterricht erzählen, aber eines ist klar liebe Eltern. Wer zehnjährige Kinder in dieser Masse am Morgen in der Schule unterrichtet, müsste eigentlich das Bundesverdienstkreuz erhalten. Ein Sack voll Flöhe ist nichts dagegen. Der Bewegungsdrang der Kinder ist überbordend, die Mitteilungsfreude riesig und die Vermutung, dass bei dem einen oder der anderen der Gehörgang fehlt, liegt echt nahe. Als ich nach 45 Minuten dieses Hühnerhaufen wieder verlassen durfte und zur Erholung in einen Grundkurs der 11. Klasse gehen durfte, dachte ich im Nachhinein an meine Kollegin. Hier ist wirklich Einsatz und Hingabe gefordert.
11. Oktober 2022
Heute möchte ich gerne über ein etwas unappetitliches Thema sprechen, das mir aber sehr unter den Nägeln brennt. Es geht um unsere Toiletten, gebaut vor 50 Jahren, notdürftig saniert vor 17 Jahren. Sie sind in einem jämmerlichen Zustand. Viele Kinder gehen nach Hause und warten bis zum Abend, bis sie auf das Klo gehen. Dies ist ein Zustand, der nicht nur bei uns vorherrscht, sondern auch in vielen, vielen anderen Schulen in Deutschland. Wir leben in einem zivilisierten Land, aber in Bezug auf Toiletten in Schulen kann man davon wohl eher nicht reden. Ich versuche gerade den Schulträger von der Sanierung der Toiletten zu überzeugen. An der Stelle glaube ich, und ich war sehr dankbar, dass in der Lokalzeitung darüber gestern auch ein Artikel stand, auf die Unterstützung der Eltern und der Öffentlichkeit. Das geht so nicht weiter, unsere Kinder haben ein Recht auf wertige Toiletten. Dafür werde ich mich in der nächsten Zeit einsetzen.
10. Oktober 2022
Remo Largo ist ein Schweizer. Er hat sich in seinem Leben viel mit dem Lernen von Kindern beschäftigt und einige lesenswerte Bücher geschrieben. Er hat sich vor allem auch mit dem Lernen von ganz jungen Kindern beschäftigt. Beim Schmökern in Büchern ist mir eines von ihm in die Hände gefallen und ich bin an seinen Worten hängengeblieben. Und ich nehme daraus mit, dass Kinder bis zum Eintritt in die Schule ganz wesentliche Dinge für ihr Leben lernen. Zum Beispiel das Laufen und das Sprechen. Wie oft sie scheitern, ist kaum zu zählen und dennoch sind sie von innen her interessiert laufen und sprechen zu lernen. Und irgendwann schaffen sie es auch und sind glücklich und entdecken die Welt. Sie lernen ohne zensiert zu werden, ohne Noten. Wenn ich mit Kindern oder Erwachsenen spreche über die Schulnoten, spüre ich sehr oft, wie sie geprägt sind von den Noten 1 – 6. Würden für das Laufen- und Sprechenlernen Noten erteilt, gäbe es am Ende vielleicht Kinder, die nicht Laufen- und Sprechenlernen oder nur ein bisschen, also mangelhaft oder ungenügend. Es sind nicht nur die Kinder in meiner Schule, für die es wichtig ist Noten zu erhalten, es sind sicherlich auch einige meiner Lehrkräfte und viele meiner Eltern. Es ist trotzdem meine tiefe Überzeugung, dass Noten nicht zum Lernerfolg beitragen sondern ihn behindern.
07. Oktober 2022
Der Oktober ist nun wirklich golden, das Wetter einfach super, wenn die Welt da draußen nicht wäre, wäre wirklich alles schön. Aber leider zeigen uns die ukrainischen Schülerinnen und Schüler, die wir haben, dass bei Weitem nicht alles gut ist. Ich mache mir auch Sorgen um ihre Sprachkenntnisse, es geht nur sehr langsam voran. Ich glaube die meisten von ihnen sind deshalb wenig motiviert, weil sie von einer Rückkehr in ihre Heimat träumen. Wie würde es uns denn ergehen, wenn wir Ähnliches erlebten. Ich hoffe sie sind sozial eingebunden, genau weiß ich das nicht. Auf unserem Schulhof sieht es zur Zeit nicht schön aus. Wir haben normalerweise einen wöchentlichen Hofdienst und da dieser vor den Herbstferien nicht gestartet ist, sieht es an manchen Plätzen verheerend aus. Deshalb ist das Ganze auch ein hausgemachtes Elend. Auf der anderen Seite könnte man von zivilisierten Menschen verlangen den produzierten Abfall in die Tonne zu werfen. Mühsam, Jahr für Jahr die deutsche Mülltrennung zu erklären und einzuüben. Da fällt mir wirklich manchmal die von einem guten Freund zitierte Frage von Dieter Nuhr ein: „Warum gibt es den Menschen? Und warum ist das nicht verhindert worden.“
06. Oktober 2022
Jetzt bin ich aber meiner Zeit voraus. Am Mittwoch schreibe ich bereits den Eintrag von Donnerstag. So kann es ja auch einmal gehen. Ich komme gerade ganz beeindruckt von einem Jugendtheaterstück zurück, welches gerade in unserer Turnhalle gezeigt wurde. „Alarm“ ist vom Herxheimer Theater Chawwerusch ein Stück für zwei Personen, eine Schuldirektorin und einen Lehrer der Schule. In diesem Stück geht es Rassismus, Vorurteile, den täglichen Wahnsinn. Ein türkischer Schüler ist spurlos verschwunden, die beiden Schauspieler beziehen das Publikum stark mit ein und fragen immer und immer wieder, ob irgendwer was gesehen habe. Im Laufe des Stückes wird klar, dass die Direktorin der Überzeugung ist, dass der Schüler sich den Islamisten angeschlossen habe. Dies provoziert den Widerstand des Lehrers, der auch aufgrund der eigenen Biographie immer mehr ins Erzählen kommt und das Verhalten der Schuldirektorin stark kritisiert. Am Ende bleibt ein Publikum, das nachdenklich ist und sich an die Szenen erinnert, die es vielleicht aus dem eigenen Alltag kennt. Ich selbst bin fast zur Vorstellung zu spät gekommen, weil ich mit dem Schulsozialarbeiter und einer Kollegin über einen ganz perfiden Fall von Erniedrigung gesprochen habe. Egal ob bei der Betrachtung des Theaterstücks oder der Realität frage ich mich schon, wieso Menschen sich so verhalten müssen. Das Nachgespräch mit allen Beteiligten war sehr intensiv, auch wenn einige zum Bus mussten haben wir uns mit einigen lange über das Thema unterhalten.
05. Oktober 2022
Am vergangenen Freitag erhielten wir unsere Plakette „Schule der Zukunft“. Gemeinsam mit 44 anderen rheinland-pfälzischen Schulen wurden wir nun offiziell auf eine Reise geschickt. Eine Reise, von der ich persönlich noch nicht weiß, wohin sie uns führen wird. Ich hoffe sehr, dass wir uns weiterentwickeln auf dem Weg eine Schule zu sein, in der Lernen und Bildung großgeschrieben werden. Die Schülerinnen und Schüler haben ein Anrecht auf Bildung. Eine der vielen Ideen, die wir haben, möchte ich hier einmal andeuten. In zahlreichen Studien wurde festgestellt, dass Ziffernnoten pädagogisch nicht wertvoll sind. Der Widerstand von Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen hier eine grundsätzliche Änderung herbeizuführen, ist gewaltig. Wenn man mit den Menschen spricht, dann gibt es zahlreiche Argumente für die Beibehaltung der Ziffernnoten. „Die Kinder lernen nichts ohne den Notendruck, sie sollen sich daran gewöhnen, wir sind doch kein Taka-Tuka-Land, kein Kind lernt Vokabeln, ohne dass es mit einer Ziffernnote bewertet wird.“ Die Liste der Argumente für die Beibehaltung der Ziffernnoten ist lang. Leider viel zu lang. Ich habe mich mit dem Thema in den letzten Wochen intensiv beschäftigt und Beispiele von Schulen gesammelt, in denen es selbstverständlich ist, dass bis zur 9. Klasse keine Ziffernnoten gegeben werden. Dort haben sie es geschafft, dort haben sie sich von dieser Fessel befreit. Ich persönlich versuche die Beteiligten an der Schule von meiner Idee zu überzeugen. Die Ziffernnote wird nicht einfach abgeschafft ohne einen besseren Ersatz. Nein, wenn es nach mir geht, verabreden wir dann, wie wir auf eine qualtitative Art und Weise jedem einzelnen SchülerIn ein gutes Feedback geben können. Wir kommen bei dieser Frage ja nicht aus dem Nichts, sondern praktizieren schon ganz unterschiedliche Rückmeldeformate. Ich bin sehr gespannt auf die Diskussion und hoffe zu überzeugen. Das Projekt „Schule der Zukunft“ bietet uns jetzt eine historische Chance.
04. Oktober 2022
Seit dem 05. September haben wir Schule und die Leserinnen und Leser dieses Tagebuchs werden sich gewundert haben, wieso kein einziger Eintrag geschrieben worden ist. Kein einziger Eintrag? Das stimmt natürlich nicht. Der Verfasser dieses Tagebuchs war auf einer Herausforderung mit seiner Theaterbande. Wir waren zwei Wochen unterwegs und ein ausführlicher Blog ist an einer anderen Stelle auf dieser Homepage zu lesen. Es ist schon der Wahnsinn als Schulleiter zwei Wochen nicht an der Schule zu sein und das Geschäft den Daheimgebliebenen zu hinterlassen. Die jedenfalls haben das großartig gemeistert. Es war eine intensive und anstrengende Zeit, ich glaube die Kinder haben doch einiges gelernt und ich hatte manchmal auch meinen Spaß. Unser Theaterstück wurde in 6 Grundschulen aufgeführt und am vergangenen Donnerstag für unsere Kinder der Orientierungsstufe und alle Lehrerinnen und Lehrer. Ab heute werde ich wieder regelmäßig Tagebuch schreiben.
Tagebucheinträge Juli 2022
17. Juli 2022
Es ist heiß in der Schule, wir machen die nächsten 3 Tage Kurzstunden. Manche sagen, ihr könnt euch das erlauben, wir nicht. Das stimmt meines Erachtens nicht ganz. Auf dem Weg zur Schule habe ich heute Morgen zwei Männer getroffen und angesprochen, die sich bei der Bäckerei einen Kaffee geholt haben, bei der ich mir ein Brötchen gekauft habe. Und, fragte ich sie, arbeitet ihr bei diesem Wetter den ganzen Tag? Sie verneinten und sagten nur eine kleine und zeitlich befristete Reparatur auszuführen und den Rest des Tages nicht zu arbeiten, der Chef habe ihnen dann freigegeben. Ich hoffe auch andere können an der Stelle großzügig sein. Ich bin froh diese Entscheidung getroffen zu haben und sie rechtzeitig vor dem Wochenende an alle kommuniziert zu haben. Ich selbst war heute in Mainz und habe im Bildungsministerium über die Dinge gesprochen, die uns auf der einen Seite das Leben schwermachen, aber auf der anderen Seite auch erleichtern. Ich hatte das Gefühl, dass wir bei diesem Gespräch weitergekommen sind und konnte das Bemühen des Ministeriums erkennen für positive Weiterentwicklungen zu sorgen.
15. Juli 2022
Heute Abend war der Abschluss der 10. Klasse, über 40 Schülerinnen und Schüler verlassen unsere Schule mit dem Sekundarabschluss I, gehen in eine Ausbildung oder auf eine andere Schule. Heute Abend war das Haus voll und es war eine wunderbare Atmosphäre. Für viele der Jungs und Mädels war es der Abschied nach 6 Jahren und der fiel der ein oder anderen nicht wirklich leicht. Das Organisationsteam hat diese Veranstaltung sehr professionell vorbereitet und durchgeführt. Auch bei der Feier im Freien waren wir gut versorgt. Ich konnte viele Gespräche mit einzelnen Eltern führen und nahm eigentlich durch die Bank großes Lob und ein noch größeres Dankeschön entgegen. Dass eine solche Feier gelingt hängt immer an den beteiligten Personen. Auch an Schülerinnen und Schülern älterer Jahrgänge, die sich beteiligt haben. Vielen Dank euch allen. Als ich über eine Rede nachdachte, fiel mir der großartige Robin Williams ein, der 1989 ein Lehrer in einer meiner Lieblingsfilme war. Im „Club der toten Dichter“ verkörpert er einen Lehrer, der jene Haltung besitzt, die ich von mir und allen meinen Lehrkräften fordere, Er möchte auf eine sehr originelle Weise die Liebe zur Poesie und zum Lesen mit seinen Schülerinnen und Schülern teilen. Dabei macht er vor außergewöhnlichen Maßnahmen nicht halt. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern was Caren Miosga, die die Tagesthemen seit vielen Jahren moderiert, wie viele andere auch beim Todestag von Robin Williams machte: Sie stieg auf einen Tisch und sagte: Captain, mein Captain. Wenn alle Lehrer so wären wie Robin Williams, wäre alles gut.
14. Juli 2022
Heute war die Abschlussfeier der 9. Klassen und diese wurde vom Abschlussfeierteam richtig gut und würdevoll vorbereitet. Die Zeugnisausgabe fand in der Turnhalle, das gesellige Beisammensein auf der Grünfläche hinter der Turnhalle statt. Der offizielle Rahmen hat mir sehr gut gefallen, die Kinder, die uns verlassen, aber auch viele, die bleiben werden, hatten sich richtig rausgeputzt und sahen aus wie junge Damen und Herren. Manche Jungs hatten tatsächlich schicke Anzüge mit Krawatte an, die Mädchen kamen in langen Kleidern oder auch kurzen und Schuhen, mit denen sich nicht jede zu bewegen wusste. Eine Sache hatte mir an diesem Abend überhaupt nicht gefallen. Viele der AbsolventInnen wurden nicht von ihren Eltern begleitet, sondern waren ganz alleine da. Das ist doch irgendwie traurig, wenn ein Kind die Schule verlässt, ohne dass die eigenen Eltern es begleiten. In einer Klasse war wirklich kein Elternteil da, nur der Klassenelternsprecher, dessen Kind noch weiter in die Schule geht, fühlte sich berufen der Abschlussfeier beizuwohnen.
13. Juli 2022
Unsere Toiletten sind nicht so, wie ich sie gerne hätte und wie viele Kinder sie gerne hätten. Das ist ein Projekt für das kommende Jahr. Es kann und darf nicht sein viele Kinder nach Hause zu schicken, die sich den Toilettengang den ganzen Tag verdrückt hatten. Das kann auch nicht noch eine Generation dauern, bis sich an dieser Stelle was geändert hat. Hier müssen alle ins Boot, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Hausmeister und am Ende natürlich die ganze Schulgemeinschaft. Hier muss es am Ende wirklich ein Versprechen geben, besser gesagt ein überzeugtes Dafürsein als Einzelperson zum Gelingen des ganzen Projektes beizutragen. Es wäre so schön, wenn es gelänge aus Gründen des gegenseitigen Respektes sich an die vereinbarten Regeln zu halten und die Toiletten als einen Ort zu pflegen, wo wirklich jeder und jede hingehen kann. Manch Leserin dieses Tagebuchs mag sich vielleicht fragen, ob der Verfasser sich nicht mit wichtigeren Themen beschäftigen könnte. Doch ein gutes Gefühl, wenn ich an den Gang zur Toilette denke, ist sehr viel wert. Lasst uns daran arbeiten.
12. Juli 2022
Die Posse in der örtlichen Presse geht weiter, jetzt darf sich in aller Ausführlichkeit ein Schwimmlehrer äußern. Wenn man weiß, dass Mitglieder der CDU wesentliche Mitglieder des Schwimmclubs sind und dann plötzlich in aller Ausführlichkeit das fragwürdige Verhalten des Gegenkandidaten unter die Lupe genommen wird, dann fragt man sich, ob das nicht ein Fall von politischer Einflussnahme ist. Ich schreibe diese Worte in meinem Tagebuch, weil ich Bürger dieser Stadt und Leiter einer Schule bin, die eine städtische Schule ist. Und ich äußere mich deshalb, weil es mir nicht egal ist, mit wem ich zusammenarbeite. Die Zusammenarbeit mit dem Leiter des Schulamtes und mit seinem Vorgesetzten, der der gescholtene Kandidat ist, funktioniert einwandfrei. Oh ja, wir sind nicht immer einer Meinung und streiten uns wochenlang. Aber am Ende wissen wir alle, dass wir gemeinsam auf einem richtigen Weg sind. Schade.
11. Juli 2022
Jetzt folgen noch zwei ganz anstrengende Wochen in dieser Schulzeit, aber dies ist einfach unvermeidlich, Termine, morgens, mittags und abends, Abschlussfeiern der Klassenstufen 9 und 10, Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen, alles, was das Herz begehrt. Am vergangenen Donnerstag war die Eröffnung einer Kunstausstellung in der Schule, ganz viele Schülerinnen und Schüler haben ausgestellt, einige wunderbare Werke konnten nicht gezeigt werden, weil die jungen KünstlerInnen es nicht wollten. Für mich ein wenig verwunderlich, weil sich sonst junge Menschen, natürlich nicht alle, in den unterschiedlichen Netzwerken durchaus präsentieren. Da wäre es doch eigentlich schön in der Schulöffentlichkeit zu zeigen, was in mir steckt. Die Ausstellung war wirklich schön, ich selbst stehe immer mit großer Ehrfurcht vor solchen Werken, würde ich mich eher in Sachen Bildende Kunst als tiefbegabt beschreiben. Wenn ich einen Baum male, denken Betrachter das sei ein Glühwürmchen. Selbst ein Strichmännchen gelingt eher rudimentär. Aber da wir in unserer Schule bei den Menschen immer die Stärken suchen, muss ich das Fach Bildende Kunst nicht belegen. Aus den Reihen der Lehrerinnen und Lehrer gibt es den Vorschlag im kommenden Jahr eine Kulturwoche einzurichten, bei der sich alle künstlerischen Fächer beteiligen.
08. Juli 2022
Heute ist einer von zwei Tagen, an denen meine Lehrerinnen und Lehrer am Ende des Tages kaputt sind. Viele von ihnen führen an diesem Tag etliche Entwicklungsgespräche mit Schülern und Eltern. Diese Gespräche sind deshalb so wertvoll, weil das Kind im Mittelpunkt steht und über sein Lernen berichtet. Genau darüber habe ich in diesem Tagebuch schon öfters geschrieben. Dennoch ist es immer wieder faszinierend mit Eltern über diese Gespräche zu reden, erleben sie selbst doch plötzlich ein ganz anderes Kind, wie sie es sonst kennen. Das ist ja nicht der Hauptzweck dieser Gespräche, aber ich denke ein wichtiges Nebenprodukt.
07. Juli 2022
Immer wieder merke ich, dass ich in der Provinz lebe. Meistens benutze ich dieses Wort nicht als Schimpfwort, manchmal schon. Zur Provinz gehört sowohl provinzielles Denken, als auch provinzielles Handeln. Wie die örtliche Zeitung bei einer Wahl zu einem städtischen Amt einen Kandidaten derart bevorzugen kann, das gibt es einfach nur in der Provinz. Man kennt sich und schließt sich zusammen. Da wird über den einen oder anderen Kandidaten gesprochen, der eine gelobt und mit Samthandschuhen angefasst, der andere wird beinahe täglich niedergeschrieben. Es macht mich fast verrückt, dass ich hier keine Möglichkeiten habe Dinge zu verändern und es ertragen muss, welch Possenspiel sich gerade in meiner Heimatstadt abspielt. Eigentlich gehört das nicht in das Tagebuch eines Schulleiters oder vielleicht doch.
06. Juli 2022
Die Zahl der kulturellen Veranstaltungen an der IGS ist in diesem Schuljahr wirklich enorm. Ob English-Drama, Bläserklassen- und Oberstufenkonzerte, ob in den kommenden Wochen Theateraufführungen, die Termine reißen nicht ab. Morgen wird wieder einmal eine Kunstausstellung im Hause geben. Wirklich sehenswert, da wir in der Oberstufe Kunst auch als mögliches Hauptfach haben, gibt es auch wirklich Ergebnisse der Spitzenklasse. Schauen Sie sich die Ergebnisse an, ihr Besuch ist ein Zeichen der Wertschätzung und die Kinder freuen sich sicherlich.
05. Juli 2022
Ich habe mir wirklich Gedanken gemacht die nächsten Zeilen zu schreiben. Aber irgendetwas in mir drängt mich dazu. Und es geht mir wirklich nicht darum in ein allgemeines Lamentieren zu kommen. Am Sonntag konnten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Landau den neuen Oberbürgermeister wählen. Und gestern stand dazu ein Artikel in der Rheinpfalz. Wenn man diesen Artikel nebst Kommentar genau liest, versucht man die sachlichen Informationen zu finden. Und das machen uns die Autoren dieser beiden Beiträge richtig schwer. Es geht mir nicht darum Partei für irgendeinen Kandidaten zu ergreifen, sondern darum, wie über ein Ereignis berichtet wird. Ich habe den Hauptartikel mit Schülerinnen und Schülern unserer gymnasialen Oberstufe gelesen, die es gelernt haben zwischem sachlichen Bericht und Kommentar zu unterscheiden. Sie haben es auch gelernt sich mit Suggestivfragen zu beschäftigen. Dafür ist der Artikel eine riesige Fundgrube. Seriös ist das leider nicht und ich bin sehr enttäuscht.
04. Juli 2022
Heute war eine schöne Montagmorgenbegrüßung, auch unsere sonst wuseligen, jüngeren Schüler waren sehr konzentriert bei der Sache. Die Rituale funktionierten und damit war es auch ein angenehmes Treffen. Es freut mich sehr, wenn ich inmitten der einzelnen Schülergruppen die Tutorinnen und Tutoren der Klassen sehe. Durch deren Anwesenheit wird die Gruppe ruhig und konzentriert. Als wir die Montagmorgenbegrüßung zum ersten Mal machten und am Ende das Geburtstagsritual praktizierten, rannten mir die Kinder fast die „Bude“ ein. Sich beim Geburtstagsritual freiwillig in die Halle vor 650 Kinder zu stellen, erfordert großen Mut. Wenn man es geschafft hat und wir alle schön gesungen haben, gibt das dem ein oder anderen sicherlich ein gutes Gefühl. Heute war es besonders leicht Schülerinnen zu motivieren, der erste, der voller Freude in die Halle sprang, war der Schüler Steffen Weber. Ein schon etwas älterer Schüler, aber auch denen wird natürlich gratuliert.
01. Juli 2022
Wir verlangen in unserer Schule viel von unseren Kindern. Besonders viel kurz vor Notenschluss. Ich träume immer noch davon, dass Kinder nicht für die Noten lernen, sondern für sich selbst. Das verleiden wir ihnen, spätestens in der Oberstufe. Da heißt es Punkte sammeln und anhäufen. Lernen für den Test und die Arbeit, vieles vergessen, wieder lernen, wieder vergessen und so weiter und so fort, ich weiß schon, davon bewegen wir uns doch weg. Das stimmt, zum Glück, aber sich davon wirklich zu befreien dauert richtig lange. Ich mache gerade die Erfahrung, dass Schülerinnen und Schüler gerne Zeit investieren, wenn sie sehen und spüren, dass sie davon profitieren. So probe ich mit meinen Kindern, mit denen ich im September eine Herausforderung bestreite, mindestens einmal die Woche, manchmal auch öfter. Am Freitag kommender Woche, wenn alle Schüler der Klassenstufe 5 – 10 zuhause sind, während ihre Lehrer Entwicklungsgespräche haben, treffen wir uns den ganzen Tag. Das ist Engagement, wir arbeiten hart, aber auch konzentriert und wollen uns in Ruhe auf unsere große Aufgabe vorbereiten. Dann macht Schule Spaß.
Tagebucheinträge Juni 2022
30. Juni 2022
Am Ende des Schuljahres, wenn die Menschen, mit denen ich arbeite, so langsam müde werden, bin ich so etwas wie ein zweiter Schulsozialarbeiter. Ich nehme mir vor am Tag dies und das zu erledigen, eine sogenannte To-do-Liste mache ich mir schon lange keine mehr und dann holt mich der Alltag ein. Oh ja, bei unseren Sitzungen reden wir stets über wichtige Dinge. Im Alltag geht es mir oft um den einzelnen Menschen, der in irgendeiner Not steckt. Dabei gibt es nichts, was es nicht gibt. Heute habe ich Fälle gehabt, die mit mir nach Hause gehen. Meistens gelingt es mir ganz gut abzuschalten, heute wird das wirklich nicht einfach sein. Am Abend war vor unserer Schule noch eine ebenfalls unglaubliche Veranstaltung, bei der der Beigeordnete der Stadt seine Ideen zur Sperrung der Schneiderstraße den Bürgern vortrug. Spätestens nach dieser Veranstaltung weiß ich, dass ich niemals in die Politik gehen werde. Wie manche Menschen, möglicherweise weil sie auch nicht so viele Worte haben, den Politikern ihren Sprachmüll entgegenschleudern, ist mehr als unverschämt. In der Sache kann man hart diskutieren und unterschiedlicher Meinung sein, aber der Ton macht die Musik. Lustig war der Ortsvorsteher. Man muss und kann ihn natürlich verstehen, am Sonntag wird der Oberbürgermeister gewählt, da muss er natürlich auch Wahlkampf machen. Aber als der Beigeordnete an das Publikum die Frage stellte, wer denn ein Problem mit dem Verkehr in der Schneiderstraße habe, hob er die Hand nicht. Obwohl er natürlich auch ein Problem hat. Aber da die Frage einer aus einer anderen Partei gestellt hat, hat sich sein Problem in Luft aufgelöst. Wahrscheinlich bis irgendein Queichheimer Bürger sich im Ortsvorsteherbüro über den Straßenverkehr in der Schneiderstraße beschwert. Was juckt mich mein Geschwätz von gestern.
29. Juni 2022
Meine Wochen vor Schuljahresende sind noch voller als sonst. Am Montag durfte ich das Ergebnis des Workshops „English Drama“ erleben. Marcus und Danian, unsere beiden Referenten aus Irland, hatten eine Woche lang mit Achtklässern Theater gespielt, Verkehrssprache war Englisch. Gezeigt am Abend wurde quasi ein Trailer von Shakespeares Sommernachtstraum. Alle Kinder waren mit Eifer dabei, sprachen zum Teil sehr gutes Englisch und waren richtig mutig auf der Bühne. Das muss ihnen erst einmal einer nachmachen, sogar getanzt haben sie. Ich freue mich jetzt schon, wenn die Iren im nächsten Jahr und die Achtklässer faszinieren werden. Dank auch an Ralf Gauweiler, der eine Woche so nebenbei Tag und Nacht alles für die Iren organisierte. Nächstes Jahr geht es weiter. Heute Abend wird die Oberstufe ein Konzert geben, verstärkt durch Bands aus der Sekundarstufe I. Ich bin gespannt, was ich zu hören bekomme.
28. Juni 2022
Ich war heute in den 5. Klassen unterwegs, ich bin echt in großer Sorge und ja, eigentlich entsetzt. Diese Kinder sind 10 oder 11 Jahre alt und fällt ihnen schwer sich zu konzentrieren. Sie buhlen um die Aufmerksamkeit der Lehrer und sind wirklich ununterbrochen am Stören. Sie können nicht ruhig sitzen. Reden dazwischen, schlagen den Nachbarn und handeln insgesamt wenig respektvoll. Ich glaube, dass dies auch ganz stark mit den letzten beiden Jahren zusammenhängt. Wir Erwachsenen machen so, als ob alles normal sei, als ob die vergangenen Jahre kein Corona gewesen sei, als ob kein Krieg in zwei Flugstunden Entfernung toben würde, als ob in der Welt sonst wirklich alles in Ordnung sei. Meines Erachtens schlägt sich diese ganze Belastung auch auf das Verhalten unserer Kinder nieder. Sie sind sozial eingeschränkt. Sie müssen bestimmte Dinge wieder neu lernen. Dabei helfen konsequent eingehaltene Rituale. Wenn das Ruhezeichen in einer Gruppe nicht als Ritual anerkannt ist, hilft nur die Diskussion über das Ruhezeichen. Die Lehrkraft muss reklamieren, dass das Ruhezeichen von allen genutzt wird. Eine gehobene Hand und weiterreden sind nicht kompatibel. Wenn wir die Nerven verlieren und das Ruhezeichen durch, was auch immer, aus lauter Verzweiflung ergänzen, begehen wir einen Fehler. „Schau, was brauchst Du, dass Du das Ruhezeichen achtest und auch selbst einsetzt?“ Das ist eine mögliche Frage das Ritual wieder zum Ritual aller zu machen. Die Schülerinnen und Schüler müssen spüren, dass es der Lehrkraft ein Anliegen ist. Das gelingt keinesfalls beim ersten oder zweiten Mal. Aber wenn alle an einem Ende des Seils ziehen, macht das andere Ende auch mit.
27. Juni 2022
Und wieder muss ich über das leidige Thema „Teams und Office365“ schreiben. Wieder einmal ärgert der Datenschutz. Aufgeschreckte Eltern und Kollegen lasen einen Zeitungsartikel, der fast wortgleich in der Rheinpfalz und in der allgemeinen Zeitung in Mainz stand, in dem der Datenschutzbeauftragte zitiert wird. Teams und Office365 sollen endgültig verboten werden. Dass in diesem Artikel tatsächlich auf die Südpfalz verwiesen wurde und dass das Konzept einer Schule mit opensource-Produkten zu arbeiten als seeligmachende Alternative angepriesen wurde, ist ein lächerliches Argument. Selbstverständlich haben wir uns auch mit opensource beschäftigt und überlegt dorthin quasi umzusteigen, aber es gibt viele Argumente dagegen, diese möchte ich an der Stelle aber nicht aufführen. Unser Ministerium stellt das Ganze uns gegenüber klar und will wissen, dass wir auch im kommenden Jahr ganz legal arbeiten dürfen. Wir haben schließlich unsere Hausaufgaben gemacht. Auf mittlere Sicht verlangen wir Schulen von unserem Arbeitgeber uns zu unterstützen in der Bemühung uns konzentriert und mit voller Arbeitskraft dem Kerngeschäft und das ist der Unterricht widmen zu können. Dazu brauchen wir keine handgestrickten Produkte, sondern offizielle Werkzeuge. Was wir im Bereich der Schulverwaltung mit der landeseigenen Software Edoosys erleben, ist mehr als eine Zumutung. Die ständigen Verunsicherungen in Bezug auf ein reibungslos funktionierendes Programm von Microsoft, stoßen auf unser aller Unverständnis. Lasst uns wirklich in Ruhe unsere Arbeit machen.
24. Juni 2022
Je näher das Schuljahresende rückt, desto mehr ist Weihnachten. Sie verstehen diese Anspielung nicht? Genauso überraschend wie an jedem 24.12. Weihnachten kommt, ist das Datum des Notenschlusses. Die allermeisten Kolleginnen und Kollegen sind fertig mit ihren Noten, alles gut. Aber einige doch nicht. Ich weiß das, weil sich in dieser Zeit die Störungen durch Schülerinnen und Schüler häufen, die fragen, ob am Tag des Notenschlusses auch noch eine Note erhoben werden kann, muss ich mehr als ein Mal pro Tag beantworten. Na ja, da gibt es an der ein oder anderen Stelle doch noch was zu tun. Vielleicht wird es ja nächstes Jahr noch besser.
23. Juni 2022
Jeden Nachmittag, immer zu unterschiedlichen Uhrzeiten, kommen sie. Sie sind nicht laut und schleichen eher durch das Schulhaus. Sie sind immer freundlich und freuen sich über jeden kleinen Plausch. Wenn man sie fragt, ob sie bereit seien irgendetwas extra zu machen, sagen sie niemals nein. Sofort machen sie sich an die Arbeit und freuen sich über das erneute Lob. Obwohl sie keine Lehrerinnen sind, gehören sie quasi zum Inventar. Sie kommen nicht aus Landau und fahren immer zu viert. Soweit ich weiß, haben sie ihren alten Golf gegen ein neues Auto eingetauscht. Naja, neu ist das nicht, aber doch deutlich jünger. Manchmal verlassen wir gemeinsam das Schulgebäude, sie steigen in ihr neues Gefährt und ich oft auf mein Fahrrad. Am nächsten Nachmittag sehen wir uns ja schon wieder. Die Rede ist von unseren Putzfeen, die ich überhaupt nicht missen mag und für deren Einsatz ich mich ganz herzlich bedanke. Weiter so Mädels!
22. Juni 2022
Wir warten ganz gespannt auf das Ergebnis des Bewerbungsprozesses zum Thema „Schule der Zukunft in Rheinland-Pfalz“. Wir haben uns ja auch beteiligt und hoffen ausgewählt zu werden. Wir haben gute Ideen und ich hoffe so sehr mein Kollegium überzeugen zu können mutige Schritte zu gehen. Eine Orientierungsstufe, die ihren Namen verdient, ist schon lange ein großer Traum von mir. Die Situation ist doch die, aus ganz unterschiedlichen Grundschulen kommen 112 Kinder erwartungsfroh zu uns. Wie soll das Lernen aussehen, das Schülerinnen und Schüler anspricht, sie motiviert, sie vielleicht dazu führt Lust zu haben zum Lernen? Darüber reden wir gerade in einer gut besetzten Arbeitsgruppe, ein neuer 5. Jahrgang mag all die Ideen im kommenden Jahr ausprobieren. Für mich ist klar, zu dieser Diskussion gehört es auch Ziffernnoten in der Orientierungsstufe nicht zu erteilen. Das führt zu Abwehrreaktionen. Das kann ich verstehen. Ich hoffe dennoch mit Argumenten zu überzeugen und in nicht allzu ferner Zeit in diesem Tagebuch schreiben zu können: Ja, wir haben die Noten in der Orientierungsstufe abgeschafft.
21. Juni 2022
Veränderungen führen bei manchen Menschen zu Abwehrreaktionen. Man zieht ihnen gewissermaßen den Boden unter den Füßen weg. Veränderungen werden dann noch schwieriger, wenn sie nicht in das Konzept des jeweiligen Menschen passen. Ganz schwierig sind dabei jene Kandidaten, die ein unumstößliches, hermetisches Prinzip haben. Da zählt nur meine Idee, meine Richtung, meine Praxis. Ich wünsche mir so sehr Lust auf Veränderung und Mut Dinge über den Haufen zu werfen, die ich schon immer so gemacht habe. Manchmal werden Menschen auch richtig bissig, suchen sich Koalitionäre und drehen sich dann um ihre eigene Suppe. Ganz schlimm. Noch einmal, ich wünsche mir Menschen, die offen sind, Lust haben Neues auszuprobieren, Menschen, die bereit sind Fehler zu machen und aus den Fehlern zu lernen. Ich habe gestern mit einer Kollegin aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung sprechen können und war nicht wenig erstaunt über ihre Analyse von Schule. Sie habe jetzt auch ein Kind im Gymnasium und könne gar nicht verstehen, dass sie auf die gleiche Art und Weise lerne, wie sie selbst. Wie kann das nur sein?, fragt sie, warum erfindet sich die Schule nicht neu?, wieso arbeitet die Schule komplett am Leben vorbei? Ja, Frau Kollegin, das sind auch meine Fragen.
20. Juni 2022
Wie die geneigten Leserinnen und Leser dieses Tagebuches wissen, versuchen wir in unserer Schule den Einzelnen zu sehen und ernst zu nehmen. Ich empfinde dieses Vorhaben manchmal wie einen Kampf. Einen Kampf gegen große gesellschaftliche Kräfte. Wenn wir einen kritischen Blick auf unsere Gesellschaft werfen, kommt man nicht umhin zu behaupten die Menschen seien schon sehr ichbezogen. Vor Monaten habe ich über die Selbstoptimierungstendenzen der Erwachsenen geschrieben. Manchmal sind wir auch in unserer Schule in der Gefahr zu vergesen, dass es ein „Du“ gibt. Da wir das Lernen individualisieren wollen, geben wir dem Einzelnen Aufgaben, die sie oder er abzuarbeiten hat und vergessen das Gespräch, die Auseinandersetzung in der Gruppe und damit verschenken wir eine gute Gelegenheit Kinder zu fördern. In ihrer Entwicklung zum demokratisch handelnden Menschen. Es ist enorm wichtig Sinn miteinander zu teilen und sich zu vergewissern, dass man weiß, wie der andere Mensch denkt. Bei aller Individualisierung darf die Gruppe nicht vergessen werden.
15. Juni 2022
Jetzt gleich ist es soweit, wie geplant soll ein 40tonner den Schulhof Richtung Ukraine verlassen. Das ist eine Initiative des Studierenden Erik Schäfer, der mit seiner Organisation H.O.P.E. sich unfassbar engagiert und sich für die Menschen in der Ukraine einsetzt. Wir unterstützen dieses Projekt, sammeln selbst Spenden und motivieren Menschen mitzumachen. Wir dürfen die Menschen in der Ukraine nicht vergessen, was in unserer schnelllebigen Zeit nicht ganz so einfach ist. Während vor 3 oder 4 Monaten noch am Abend Unterstützungssendungen im Fernsehen liefen, ist das Thema heute zwar noch da, aber nicht an erster Stelle. Ich bin froh, dass wir in der Schule, mit vielen anderen zusammen, einen kleinen Beitrag leisten können.
14. Juni 2022
Gestern bei der Montagmorgenbegrüßung wurde vorgestellt, was SchülerInnen im Fach Fit und Stark jahrgangsübergreifend für die Klassen 8 – 10 an Modulen angeboten wird. Lehrkräfte sind Experten für ihren Workshop. Es gibt Pflicht- und Wahlworkshops. Bei der Vorstellung der Lehrerinnen und Lehrer dachte ich, wie großartig es ist, so viele talentierte Menschen um mich zu haben. Jeder hat an seinen Stärken und Interessen überlegt oder einen Part übernommen, der eben gemacht werden muss. So gibt es Workshops zum Thema Banken und Versicherungen, Lebenshaltungskosten, den Umgang mit unterschiedlichen Geschlechtern bis hin zu einem Tanzkurs, den ein Kollege vor allem auch für Schüler anbietet. Fit und Stark soll fit und stark für das Leben machen. Und all diese Module tragen meines Erachtens einen großen Anteil bei der Unterstützung unserer Kinder bei. Ein großer Teil unserer Kinder wird für sein Leben wirklich davon profitieren. Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Dieser oft zitierte Satz macht an der Stelle richtig Sinn. Meine Kollegin Pia Göltz und unser Schulsozialarbeiter Mathias Fischer sind die Hauptverantwortlichen für dieses Fach, sie machen sich Gedanken, sie bilden sich und andere fort, sie organisieren die Materialien, ihnen gebührt unser aller Dank.
13. Juni 2022
Heute habe ich eine Schule besucht, die im Norden der Stadt Darmstadt liegt. Die IGS Erich Kästner. Schon bei der Anfahrt wusste ich, wo ich hinkommen würde. Vielstöckige, nebeneinander stehende Hochhäuserblocks waren der Mittelpunkt der Bebauung, insgesamt kein Ort, an dem man unbedingt gerne wohnen möchte und genau hier ist die Erich-Kästner-Schule. Das Selbstverständnis dieser Schule wurde von einem Lehrer erläutert. Selbstständiges Lernen ist die Maxime in dieser Schule. Konzeptionell spricht vieles dafür, dass diese Schule Erfolg haben wird. 40 unterschiedliche Nationalitäten treffen hier täglich aufeinander. Nicht viele Familien kommen aus den wenigen Häusern einer priviligierteren Schicht. Viele Schüler haben es in ihrem Leben nicht einfach und müssen sich irgendwie durch das Leben kämpfen. Wir hatten zuerst eine profunde Einführung und mir ist dabei aufgefallen, wie engagiert, ja begeistert die Lehrer ihr Projekt betreiben. Ich kam in die Stillarbeitsräume, in die Lernbüros für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch. Dort hat jedes Kind einen Arbeitsplatz, dort wird nicht gesprochen. Fragen werden geflüstert, die Kinder entscheiden in welchen Raum sie gehen. Lehrer beraten Einzelne und das Ganze funktioniert mit SchülerInnen, die mit großer Sicherheit zu Hause keinen eigenen Arbeitsplatz haben. In einem anderen Flur befinden sich Gruppenräume, wo Schüler mit einem Partner oder mit mehreren an bestimmten Themen arbeiten. Hier entscheiden die Kinder was sie machen und wie lange. Am Ende, wenn sie ein Thema geschafft haben, melden sie sich zu einem „Könnensbeweis“ an. Also nicht eine Klassenarbeit zur gleichen Zeit im gleichen Raum für alle. Sondern ein individueller „Könnensbeweis“. So soll es doch eigentlich sein. Die Lehrkräfte achten vor allem darauf Unter- und Überforderung von SchülerInnen zu vermeiden. Schüler, die nichts machen, gibt es nicht. Eine gute Schule, eine gute Idee, ganz eindrucksvoll in die Tat umgesetzt.
10. Juni 2022
Ich bin froh über die Spendenbereitschaft all derer, die ich in einem Brief angeschrieben habe. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich jedenfalls lebe den Tag so vor mich hin und das Thema Ukraine spielt in meinem Tagesablauf keine große Rolle mehr. Da hat sich etwas verändert, so wie wir mit dem Krieg in Syrien zu leben gelernt haben, geht es für uns, obwohl sich das Ganze viel näher abspielt, weiter, als ob nichts sei. Nur wenn dann plötzlich ein Bus mit Menschen aus der Ukraine in der Stadt steht und die Menschen dann zuerst einmal eine Wohnung brauchen, erst dann wird man wieder berührt. Und ganz genauso ist es mit den Spenden. Als das Ganze noch frisch war, waren die Initiativen groß und jetzt braucht es doch eine recht große Kraftanstrengung das Thema aktuell zu halten.
09. Juni 2022
Vor zwei Tagen hatten wir unseren Studientag zu dem Thema „Digitalunterstütztes Lernen“. Das war ein sehr erfolgreicher Tag, zumindest aus meiner Sicht. In ganz unterschiedlichen Workshops konnten alle Lehrkräfte ihre digitalen Kompetenzen erweitern. Besonders freuen mich die Reaktionen von KollegInnen, die dem Medium eher nicht zugeneigt sind und durch die gewissermaßen ein Ruck gegangen ist. Da ging dem einen oder der anderen wirklich ein Licht auf und die Idee an sich zu arbeiten und neu dazu zu lernen. Für diejenigen, die schon weiter sind, gab es auch Tipps. Ich glaube, dass allen TeilnehmerInnen klar geworden ist, dass wir nicht mehr um das digitalunterstützte Lernen herumkommen. Die Vorteile und die Möglichkeiten sind ja auch immens. Auch für diejenigen, die als Workshopleiter fungierten, gab es Lerneffekte. Sie lernten beim Lehren. Ich hoffe sehr, dass die Impulse nachhaltig fruchten und es für alle Lehrkräfte selbstverständlich ist mit einem digitalen Endgerät den Unterricht zu organisieren.
08. Juni 2022
Heute habe ich meiner geliebten Gruppe Darstellendes Spiel Klassenstufe 7 gründlich den Kopf gewaschen. Ich bat sie für einen geplanten Auftritt die Texte zu lernen, an denen wir schon eine ganze Weile üben. Das Ergebnis war desaströs. Ich überhaupt nicht amüsiert. Ich hielt einen langen Vortrag über die Wichtigkeit des Übens und darüber, dass Fleiß eine Tugend ist. Ich war so sauer. Die Kinder sagten kein Wort. Danach war in diesem Raum 60 Minuten lang kein Wort zu hören. Jeder musste eine Stunde lang an seinem Text arbeiten. Mit einer zaghaften Verabschiedung trollten sie sich. Einige von ihnen hatte ich am Nachmittag in meiner Herausforderungsgruppe. Meinen Föhn vom Vormittag schienen sie mir nicht übel genommen zu haben. Die Frage, ob der Föhn wirklich was gebracht hat, ist auch nicht so leicht zu beantworten.
07. Juni 2022
Es gibt ja viele Dinge immer wieder zu kritisieren. Aber es gibt in unserer Schule auch ganz viele Momente, in denen ich weiß, dass ich am richtigen Ort bin. Immer dann, wenn sich Menschen unterstützen, helfen oder auch nur freundlich miteinander sind. Leider gibt es immer wieder so Phasen, wo das Eigentum anderer zerstört wird. So kam ein Schüler zu mir und berichtete von Schäden an seinem Moped und von einem unbekannten Verursacher. Ich gab dies über die Hausrufanlage an alle Menschen im Haus weiter. Wenige Minuten danach klopften bei mir Schüler der 5d an die Tür und übergaben mir Geld, welches ich dem Schüler geben sollte. Dieser war über diese Geste sehr erfreut, ja, gerührt. Mir ging es ähnlich. Diese Kinder waren sicher nicht die Verursacher dieses Schadens aber sie haben etwas, was man in dieser Welt gut gebrauchen kann, Empathie und Mitgefühl. Gut, dass es euch gibt und weiter so…..
03. Juni 2022
Ich bin kein Schulleiter, der mit der Uhr am Eingang steht und kontrolliert, wann jemand die Schule betritt. Heute Morgen war ich zufälligerweise ab 07.45 Uhr bis 08.10 Uhr auf dem Schulhof gestanden und habe mit Lehrern und Schülern gesprochen. Mit einer Lehrerin auch. Der Unterricht beginnt um 07.55 Uhr. Was sich danach abgespielt hat, war sehr interessant. Irgendwann habe ich zu zählen angefangen und zwar nachdem meine beiden Hände nicht mehr ausgereicht haben. Um 08.15 Uhr hatte ich 57 Menschen gezählt, die lächelnd, grüßend, ohne Eile, ganz entspannt an mir vorbeigelaufen sind. Kein Mensch kam auf die Idee sich bei mir zu entschuldigen. Im Gegenteil, als ich den einen oder anderen ansprach, war Unrechtsbewusstsein das letzte Gefühl, was meine Gesprächspartner beschlichen hat. Es war irgendwie alles normal für sie. Da es nicht nur Schülerinnen und Schüler waren, sind wir irgendwie alle davon betroffen. Ich weiß, dass Arbeitgeber Pünktlichkeit nicht in jedem Fall mehr einfordern, weil sie irgendwie resigniert haben. Pünktlich zu sein hat etwas mit Respekt zu tun. Es handelt sich eigentlich um das gleiche Problem, wie ich es unlängst mit einem Professor für Schulpädagogik besprochen habe. Er berichtet von seinen Vorlesungen, in der die Hörenden mit dem Handy spielen, essen, zu spät kommen oder gar nicht, eigentlich kommen, wann sie wollen und der Aufmerksamkeitsfokus ganz sicher nicht auf seinen Worten liegt. In der naturwissenschaftlichen Universität Heidelberg, so habe ich gehört, werden Toaster, Sandwichmaker und Wasserkocher ausgepackt und tatsächlich auch betrieben. Was ist das für eine unfassbare Respektlosigkeit? Aber offensichtlich haben die Professoren aufgegeben. Pünktlich zu sein oder einem Vortragenden die Aufmerksamkeit zu schenken hat wirklich mit Respekt gegenüber dem anderen zu tun. Was hier teilweise passiert ist jedenfalls katastrophal.
02. Juni 2022
Ich habe im März einen ersten Brief zum Thema Handy geschrieben und seit dem ist einiges passiert. Viele Diskussionen in den einzelnen Gruppen und viele Meinungen. Ich war gestern in einer Klasse eingeladen und hatte mit den Jungs und Mädchen eine wirklich gute Diskussion. Ich habe ihnen versucht zu erklären, warum ich dafür bin das Handy in der Schule unsichtbar zu machen. Und ich glaube, sie haben es verstanden und konnten meine Idee nachvollziehen. Oft wird in Diskussionen angeführt, es sei wichtig jederzeit erreichbar zu sein, ein Schüler behauptete, dass er in den letzten Jahren immer wieder sehr oft wichtige Nachrichten von seinen Eltern bekommen habe. Als ich ihn bat, einmal in sich zu gehen und nachzudenken, welche der Nachrichten, die er erhalten habe, wirklich zu diesem Zeitpunkt nötig waren und er mir ein Beispiel nennen sollte, musste er selbst lachen. Und dann erklärte ich allen, wie eine Nachricht, die wirklich wichtig ist, denn am besten übermittelt werden sollte. Ich machte es an einem Beispiel fest. Stell dir vor einem Familienmitglied sei etwas Schlimmes passiert. Ist es da nicht besser, wenn ein Anruf im Sekretariat erfolgt, die Schulleitung eingebunden würde und beispielsweise der Schulleiter den betroffenen Schüler aus der Lerngruppe holt, mit ihm in sein Büro geht und dann in aller Ruhe über das spricht, was passiert ist? Ist diese Vorgehensweise nicht echt besser als eine erbarmungslose whatsapp-Nachricht. Wo der Informierte in einer Klasse sitzt und völlig geschockt aus dem Saal rennt. Die Schülerinnen und Schüler haben in dieser Gruppe auch verstanden, dass es mir um ihren eigenen Schutz geht. Und dass ich das Versagen einer ganzen Gesellschaft nicht auch noch in der Schule haben möchte. Es geht nicht um ein Verbot, sondern um die Einsicht. Und wenn wir von der Unsichtbarkeit des Handys in der Schule sprechen, ist dies genau die Konsequenz der Einsicht. Ich hoffe sehr den Prozess in dieser Frage in naher Zukunft zu einer Lösung gebracht zu haben.
01. Juni 2022
Heute war ein schöner Tag. Für mich persönlich endete er nicht ganz so schön, warum werde ich aber nicht im Tagebuch schreiben. Schließlich geht das niemanden etwas an. Ansonsten hatten wir herrliche Temperaturen und viele, viele Kinder, die sehr engagiert die Bundesjugendspiele absolviert haben. Ich war der Starter für die Kurzstrecken und hatte dabei richtig Spaß. Für so manchen Schüler ist der Startblock eine bedrohliche Sache. Die Frage, ob man das Ding unbedingt benutzen müsse, wurde mir sehr häufig gestellt. Und eine zweite Sache habe ich beobachtet. Manche Kinder haben Angst, jeder würde ihnen zuschauen, das sei peinlich und sie wollen einfach nicht rennen. Ich versuchte sie zu motivieren und bei den allermeisten gelang das auch. Die Aufregung war bei allen wirklich groß. Und dennoch war dieses auch ein richtig schönes Fest, frische Luft, Sport machen, miteinander lachen und ja, auch Leistung bringen, das war für mich die Quintessenz dieses Tages. Mein persönlicher Höhepunkt war der 800m-Lauf der Mädchen, an dem sich gefühlt 200 Mädchen beteiligt haben. Und es war wieder wie immer. Einige, die ihrem Anfangstempo Tribut zollen mussten und andere, die am Ende merkten, dass sie doch noch schneller gekonnt hätten und viele, die einfach Spaß hatten die zwei Runden hinter sich zu bringen. Bundesjugendspiele im Freien bei schönen Wetter sind einfach eine wunderbare Veranstaltung.
Tagebucheinträge Mai 2022
31. Mai 2022
Whatsapp ist kein Segen für die Menschheit. Wenn Eltern sich in Whatsapp-Gruppen verletzen und dort plötzlich Namen von Kindern auftauchen, die nach der Meinung der Schreiber ungezogene Kinder seien, dann kann es richtig lustig werden. Da im Netz nichts geheim bleibt und diese Nachrichten per Screenshot an die vermeindlich ungegzogenen Kinder und deren Eltern gelangen, kann es richtig lustig werden. Schlussmachen mit Whatsapp, das kennen wir schon eine zeitlang, aber wenn sich Eltern plötzlich vernetzen und völlig naiv im weltweiten Netz mit Namen Probleme diskutieren, dann kann das Ganze ganz böse enden. Wir versuchen unseren Schülerinnen und Schülern beizubringen, wie sie ihre Privatsphäre im Netz schützen können. Was aber machen wir mit so manchem Elternteil, das nicht von uns in Sache Sitte und Anstand unterwiesen werden kann? Menschen, die so etwas machen, sind sich über die Tragweise ihres Schreibens nicht bewusst. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir an der Stelle zu Dingen greifen, die in der Vergangenheit für Lösungen gesorgt haben. Das Gespräch, bei dem man sich in die Augen schaut und am Ende möglicherweise eine Lösung hat, welche man mit einem Handschlag verabredet, ist in diesem Fall die beste aller Lösungen. Ich habe mich vor zwei Jahren aus Whatsapp verabschiedet, bin in keinem sozialen Netzwerk und habe überhaupt nicht das Gefühl von einer Kommunikation, die mich interessiert, abgeschnitten zu sein. Das Ganze ist wieder einmal ein Beleg für mich, dass es überaus entscheidend ist, wie wir miteinander kommunizieren wollen. Die Kurznachricht ist dabei die schlechteste aller Lösungen.
30. Mai 2022
Der Einstieg in die Schule fällt mir heute nicht leicht. Ich war die vergangenen neun Tage in Israel. Gemeinsam mit Lehrkräften aus rheinland-pfälzischen und hessischen Schulen, fachlich und überhaupt begleitet von Markus Sasse, einem ausgewiesenen Experten für Israel. Ich habe viel gelernt und viel erlebt. Wir sind auf den Spuren Jesu gewandert und haben so manche Entdeckung gemacht und gesehen, wie vor vielen 1000 Jahren Hochkulturen entstanden und wieder untergingen. Wir haben uns durch tausende von Steinen gekämpft und haben uns vor Ort mit der Geschichte dieses großartigen Landes beschäftigt. Auf der anderen Seite habe ich ein zutiefst gespaltenes Land erlebt, die unterschiedlichen Gruppen erzählen jeweils ihre eigene Geschichte. Geschichten, die nicht zusammenlaufen, sondern auseinander. Es gibt nicht die Araber oder die Juden, es gibt sowohl bei Arabern und bei Juden wahrhaft unterschiedliche Gruppierungen, die sich innerhalb der jeweiligen Gruppe völlig widersprechen. Ich habe einen Mann namens Vieweger getroffen, der für die ZDF-Serie Terra X oft als Experte für die Region Israel/Jordanien interviewt wird und ihn gefragt nach seiner Einschätzung, wie es in Israel zu einer guten Lösung kommen kann. Er ist mehr als skeptisch, die Erzählungen beider Gruppen sind viel zu unterschiedlich. Die Staatsgründung Israels 1948, die durch die Briten verwirklicht wurde, war gewissermaßen der Anfang vom Ende. Der eine Staat wurde auf Kosten der dort lebenden Bevölkerung aus der Taufe gehoben, die Idee von zwei Staaten überhaupt nicht in Betracht gezogen und heute steht das Land vor einem Scherbenhaufen. Es gibt eine flächendeckende, ja totale Überwachung und selbst Reiseführer haben eine Pistole, während sie die ausländischen Gruppen durch dieses herrliche Land begleiten. Nicht alle Reiseführer, aber viele.
11. Mai 2022
Ich weiß nicht, ob jemand, der dieses Tagebuch liest, sich an Fritz Wunderlich erinnert. Wenn nicht, dann empfehle ich eine Aufnahme von ihm anzuhören, wo er das Lied „Im wunderschönen Monat Mai“ singt. Er war meines Erachtens der wunderbarste Tenor, den es bisher gab. Vom wunderschönen Monat Mai sind wir leider ein wenig entfernt. Auf der einen Seite glänzt die Sonne schon seit Tagen vom Himmel, der uns blau entgegen kommt und auf der anderen Seite ist Chaos in Europa. Erik Schäfer war heute bei uns, er engagiert sich hier in Landau für die Menschen in der Ukraine und ruft Schulen dazu auf mit ihm zusammen einen 40-Tonner zu packen, der wichtige Konserven und Hygieneartikel in die Ukraine bringt. Am Freitag wird er einen Vortrag an der Uni Landau-Koblenz halten, zu dem ich unsere Schülerinnen und Schüler und alle Lehrkräfte heute noch einladen werde. Das sind Informationen aus erster Hand. Von einem Menschen, der immer wieder in die Ukraine fährt und zu helfen versucht. Ich wünsche mir sehr das Lied von Fritz Wunderlich gesungen im Mai 2023 mit einem besseren Gefühl hören zu dürfen.
10. Mai 2022
Heute war ein wunderbarer Schultag, aber ich muss zugeben, dass ich es nicht mehr gewöhnt bin mehrere Stunden am Tag mit Schülern beim Unterricht zu sein. Ganz schön anstrengend. Mein Verständnis vor einem Kollegen, der 27 Stunden unterrichtet und manchmal 6 oder 8 Stunden am Tag, ist heute wieder gewachsen. Ich begleitete Schüler mit einem Modul mit dem Thema Körpersprache. Unsere Kinder aus den 8. Klassen beschäftigen sich eine Woche lang mit Ausbildung, Bewerbung und mit der eigenen Idee hinsichtlich der beruflichen Zukunft. Ich hatte zwei Schulstunden pro Gruppe Zeit und bin ganz wunderbaren Kindern begegnet. Das Feedback am Ende des Tages zeigte mir doch eine ganz gute Vorbereitung getroffen und die Kinder erreicht zu haben. Ich habe den Eindruck, dass jeder Schüler ein Stückchen gewachsen ist in diesen beiden Stunden. Sich selbst in seiner Wirkung bewusst zu sein ist von großem Vorteil und in den Übungen, die wir machten, konnte man das ein klein wenig lernen. Morgen geht es weiter und ich freue mich darauf.
09. Mai 2022
Ich habe auch über das nachfolgende Thema schon einige Male geschrieben. Aber es ist mir so wichtig, dass ich es erneut tue. Klingenmünster ist voll und ich meine damit nicht den Ort, sondern die Klinik, in der sich Kinder und Jugendliche befinden, die in einem desolaten, psychischen Zustand sind. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes sagte mir, dass schon im vergangenen Jahr auf der Warteliste über 100 Menschen eingetragen waren. Die Therapeuten, die sich um Kinder und Jugendliche kümmern, kommen ihrer Arbeit nicht mehr nach. Mich machen Aufholprogramme nach Corona närrisch. Ja, aufholen ja, aber zuerst und vor allem in Punkto seelischer Gesundheit. Wir Erwachsenen sind krank geworden in den letzten Jahren und unsere Kinder auch. Wenn nicht alle in der Klinik Platz haben, müssen wir Erwachsenen, die die Kinder in der Schule begleiten, uns Zeit nehmen für sie, ihnen zuhören und sie ernst nehmen. Es gibt wirklich viel zu tun.
06. Mai 2022
Ich habe heute nach der Schule Tomatenpflanzen, Gurken, Paprika und Physalis gekauft und dabei ist mir jemand begegnet, den ich schon lange kenne. Sie sei pensioniert sagte sie und ich frage sie warum. Die Antwort beschäftigt mich heute noch. Warum hören in den Schulen die Besten früher auf? Das A und O einer guten Schule ist eine gute Haltung. Den Menschen zu lieben, den Schüler beim Großwerden zu begleiten und ihn liebevoll zu unterstützen, das ist die Voraussetzung einer guten Schule. Ich treffe in letzter Zeit immer wieder Menschen, die diese Haltung haben, mit dieser aber in ihren Schulen anecken und sich nicht getragen fühlen. Es geschieht leider immer noch viel zu viel Beschämung, Selektion und Aussortieren. Wenn Menschen dann irgendwann erkennen, dass es ihnen nicht wichtig ist eine Riesenpension zu kassieren und einfach gehen, kann ich nur den Hut ziehen. Das ist konsequentes Handeln. Schade, dass Menschen mit der oben beschriebenen Haltung einfach weg sind. Wir brauchen sie dringend in unseren Schulen. Ich brauche Lehrerinnen und Lehrer, die motivieren, jedes Kind zu seinem Besten führen wollen und dabei immer denken, dass sie auch mal jung gewesen sind oder Kind in der Schule.
05. Mai 2022
Heute bin ich auf der Landesdirektorenkonferenz. Es ist das wichtigste Treffen im Jahr. Alle Schulleiterinnen und Schulleiter aller rheinland-pfälzischen Gesamtschule und Gymnasien treffen sich für zwei Tage in Ludwigshafen. Diese Veranstaltung gibt es schon sehr lange. Es gibt dabei gewisse Traditionen, die ein wenig lustig sind. Und meines Erachtens mal überdacht werden sollten. Da ich aber nicht verantwortlich bin, sondern nur konsumierender Teilnehmer, muss ich mich mit dieser Frage auch nicht beschäftigen. Inhaltlich ging es am Vormittag in einem Vortrag um Inklusion und ich muss es einfach schreiben, wie ich es erlebt habe, der Referent hat keine Ahnung von Inklusion. Bei einem Aufsatz in der Schule würde man darunter schreiben: Thema verfehlt. Ich gebe zu, eine harte Formulierung, aber im Publikum saßen Schulleiterinnen und Schulleiter von Gymnasien, die keine Inklusion betreiben müssen oder betreiben. Und da saßen Lehrerinnen und Lehrer der Integrierten Gesamtschulen, die sich seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigen und ja, auch herumplagen. Die Idee viel mehr Geld und Ressourcen in die Inklusion zu stecken, ist keine schlechte. Aber zurück zum Vortrag, es ist schade, nicht die Gelegenheit ergriffen zu haben die Erfahrungen der Praktiker im Publikum zu nutzen. So manch einer hätte eine fundiertere Grundlage für eine sinnvolle Diskussion liefern können als dieser Referent. Wenn es nach einem Referat keine Fragen gibt, sagt das doch alles. Und Diskurs lebt von Auseinandersetzung, vom Ringen um den guten Weg, auf den man sich am Ende einigt. Von Diskurs und Auseinandersetzung war aber keine Rede.
04. Mai 2022
Wir haben fünf ukrainische Kinder in der Schule aufgenommen, Irgendwie werden es aber nicht mehr. Auch bei den Kollegen bei den anderen Schulen kommen nicht viel mehr Kinder pro Schule an. Insgesamt sind dann wohl nicht viele junge Menschen bei uns in Landau. Man hört, wie ukrainische Familien wieder zurückkehren, weil sie unbedingt in ihre Heimat gehen wollen. Ich glaube und hoffe, dass es unseren fünf Kindern gut geht. Eine der fünf spricht herausragend gut Englisch und läuft mir jeden Tag freudestrahlend und glücklich entgegen. Sie ist topmotiviert und saugt alles auf, wie ein Schwamm. Sie geht in eine höhere Klasse und kommt dort aber richtig gut mit. Heute Morgen kam sie mir entgegen und berichtete in einem kleinen Orchester in der Schule zu sein. Der Lehrer habe sie angesprochen und ihr versprochen, sie auch in solistischen Teilen einzusetzen. Schließlich beherrschte sie ihr Instrument genauso gut wie die englische Sprache. Ja, mein Winter hat gleich erkannt, welch begabtes Talent ihm hier gegenüber sitzt. Ich bin sehr gespannt auf das erste Konzert.
03. Mai 2022
Wir planen zur Zeit zwei Studientage. Bei dem ersten geht es um Kompetenzen im 21. Jahrhundert und beim zweiten geht es um digitalgestütztes Lernen. Wir haben sehr lange keine Studientage mehr gemacht, sie wissen schon warum. Wir freuen uns sehr, dass alle Kolleginnen und Kollegen daran beteiligt sind. Diese Fortbildungsform ist neben der individuellen Fortbildung der Kolleginnen und Kollegen eine sehr effiziente. Schließlich erarbeiten alle ein neues Konzept, einen neuen Baustein oder einen gedanklichen Sprung. Und jeder und jede weiß, woran sie oder er ist. Gerade am ersten Studientag werden wir eine profunde Unterstützung durch Rolf Gollob aus der Schweiz haben. Am 17.05.2022 wird er mit dem Zügli aus Zürich kommen, um am 18.05.2022 mit uns allen zu arbeiten. Das Programm ist sehr vielversprechend und als Schulleiter hoffe ich am Ende des Tages ein kleines Stück gegangen zu sein. Lebenslanges Lernen, das habe ich in dem Tagebuch schon sehr häufig geschrieben, ist so wichtig. Lernen bildet und Bildung schafft Demokratie. Dies ist die zentrale Verpflichtung und die Richtschnur unseres Tuns in der Schule und in der Gesellschaft. Wir sind kostbar, unsere Erde ist kostbar, unsere Zukunft auch. Wir müssen uns für die Zukunft wappnen.
02. Mai 2022
Heute Morgen hatten wir wieder eine Montagmorgenbegrüßung in der Turnhalle. Die erste Montagmorgenbegrüßung nach den Osterferien in Präsenz. Was für ein toller Morgenanfang. Eine unfassbare hohe Aufmerksamkeit, viele Kinder, die sich richtig freuten und glücklich waren. Es gab viel zu erzählen und die Kinder hörten sehr aufmerksam zu. Sie erfreuten sich an den vielen Menschen. Ja, es gab Kinder und Erwachsene, die es irgendwie nicht aushielten und die Halle wieder verließen. So ist es eben, nicht jeder von uns kommt mit der neuen Situation zurecht und ich finde, alles muss erlaubt sein, auch sich Zeit zu nehmen und erst wieder langsam sich an große Gruppen zu gewöhnen. Besonders herausragend war die Loberunde, in der vor allem unsere jüngeren Schülerinnen und Schüler ihre Freundinnen oder ihre Klassenlehrer als die besten Menschen überhaupt lobten. Es ist so wichtig wieder in großen Gruppen ein soziales Miteinander herzustellen. Wenn so die Woche beginnt, ist das ein großes Geschenk.
Tagebucheinträge April 2022
28. April 2022
Heute war der Boys´und Girls´day. Und wieder haben viele Kinder eine gute Erfahrung gemacht. Wenn ich Lehrer einer Klasse bin, nutze ich in den darauffolgenden Stunden die Gelegenheit mit meinen Kindern Beziehungspflege zu betreiben. Und das geht eigentlich ganz einfach. Ich muss mich nur interessiert zeigen sie zu fragen, wie es ihnen beim Boys´und Girls´day ergangen ist. Ob sie einen interessanten Praktikumsplatz hatten, eine gute Erfahrung machen konnten, nette Menschen kennengelernt haben und vielleicht sogar eine Perspektive erhalten haben. Festzuhalten bleibt, dass es doch viele Schülerinnen gibt, die quasi auf den letzten Drücker einen Platz bekommen haben. Hier würde man sich wünschen, dass Schülerinnen und Schüler früher beginnen und rechtzeitiger einen Platz für einen Tag fest gebucht haben. Wir Lehrerinnen und Lehrer nutzten die Zeit, bereiteten miteinander den Unterricht vor und machten im ganzen Schulhaus klar Schiff. Es ist schon verrückt, wie viel Kram sich in den Materialräumen der einzelnen Fächer gefunden hat. Das Jäger-und-Sammler-Syndrom führt zur Vermüllung. Heute haben wir entmüllt. Und es tut so gut.
27. April 2022
Klaus Zierer ist Ordinarius an der Universität in Augsburg und Professor. Er hat in „Der Zeit“ einen Artikel veröffentlicht, in der es um die Renaissance der Lektüre geht. Er ruft Schulen und Hochschulen dazu auf tatsächlich wieder ganze Bücher zu lesen und fürwahr ist das auch mein großes Anliegen seit vielen Jahren. Ich habe ihn heute Morgen angerufen und ihn zuallererst gefragt, ob das nicht altbackene Vorstellungen von Männern jenseits der 60 seien und er belegte mir, dass dahinter harte, wissenschaftliche Fakten lägen. Ich kann in der Schule beobachten, wie wenig und ungern viele unserer Schülerinnen und Schüler lesen. Tatsächlich schauen sie viel lieber Filme und begeben sich ganz als Konsument ins Reich der Fantasie. Richtig, wenn ich ein Buch lese, konsumiere ich auch, aber es ist weitaus anstrengender ein Buch zu lesen, als auf dem Sofa sitzend einen Film anzuschauen. Ich bin sehr dafür viel mehr Lektüre in die Schule zu bringen. Dafür müssen wir aber auch Stoff streichen und nicht erwarten wirklich alles machen zu können, was in irgendwelchen Lehrplänen steht. Es wäre wahrlich ein wichtiges Schulentwicklungsthema als Schulgemeinschaft zu überlegen, wie wir das Lesen attraktiv machen können und wie wir Schülerinnen und Schüler von der Wichtigkeit überzeugen können. Wenn Sie eine Idee haben, dann schreiben Sie mir.
26. April 2022
Schulen sind Systeme. Sie funktionieren, wenn die einzelnen Teile miteinander kooperieren und ein System prägen. Menschen leben auch in Systemen. Mit ihrer Familie, mit ihrer Frau, mit ihren Kindern, der Verwandtschaft und Freunden. Als Bürger des Staates leben wir im System Staat. Wenn ein Teil eines Systems erkrankt, hat das Auswirkungen auf die anderen Teile. Möglicherweise gerät das System in Schieflage, manchmal erholen sich Systeme nicht und man trennt sich beispielsweise. Das System Schule ist ein interessantes. Schulen ist es zu eigen, dass Lehrerinnen und Lehrer zusammen entweder eine gute oder eine weniger gute Schule machen. Gute Schulen profitieren vom Engagement, von der Beteiligung aller. Dazu gehört es nicht immer auf die Stunde zu schauen, Spitz auf Knopf, das ist ein Problem. In eriner Schule funktioniert die Stechuhr nicht, manchmal ist man eigentlich viel früher fertig, als man gedacht hat. Manchmal dauert es länger. Wenn Lehrerinnen und Lehrer nur ihre Unterrichtsstunden ableisten und darüber hinaus für jegliche sogenannte Mehrarbeit einen Ausgleich erwarten, können wir unsere Schulen zumachen. Ich bin so froh an einer Schule arbeiten zu dürfen, an der ganz viele Kolleginnen und Kollegen eben nicht auf die Stunde schauen und sich richtig reinhängen. Wenn man dann das Ergebnis betrachtet, freut man sich.
25. April 2022
Ich habe einen Brief geschrieben, der für Diskussionen gesorgt hat. Und je länger ich darüber nachdenke, um so mehr freue ich mich diesen Brief verfasst zu haben. Ich plädiere in diesem Brief dafür das Handy aus der Schule zu entfernen. Gestern erzählte der Referent einer Fortbildung, die ich digital besuchte, von der sogenannten Aufmerksamkeitsspanne. Man habe herausgefunden, dass Studierende sich im Schnitt ca. 15 Minuten konzentrieren könnten und sich dann gedanklich mit etwas anderem beschäftigten. Wohlgemerkt Studierende. Was dies für die wahrlich jüngeren Schülerinnen und Schüler bedeutet, mag ich mir gar nicht ausmalen. Und egal wie es ist, wenn das Handy, das Tor zu Welt, während des Unterrichts oder auch während der Hausaufgaben direkt in Reichweite liegt, werden unsere Kinder, aber auch viele von uns Erwachsenen, wenn sich das Tor zur Welt mit einer Vibration oder einem Summton meldet, sich ablenken lassen. Wir haben die Pflicht als Lehrer und Eltern unsere Kinder zu schützen. Dazu gehört auch ein selbst auferlegtes Handyverbot an Schulen.
07. April 2022
Heute fehlen in unserer Schule 25 Lehrer. Nicht alle haben Corona, einige schon, aber es gibt auch noch ganz andere Krankheiten, die einem speziell in dieser Jahreszeit bei diesem Wetter ereilen können. Ich habe gestern zwei 5. Klassen gleichzeitig in Vertretung gehabt, weil einfach überall Lehrer gefehlt haben und ich habe beide Gruppen einen Brief an mich schreiben lassen, in dem sie mir mitteilen sollen, was sie von meinem Brief halten, den ich vor ein paar Tagen an alle in der Schule geschrieben habe. In diesem Brief ging es darum zu erklären, warum ich es für richtig halte das Privathandy in der Schule auf Flugmodus zu stellen und erst wieder zu benutzen, wenn ich die Schule verlassen habe. Dies führte zu Verwirrung und Verzweiflung aller Orten. Ich fragte in diesen beiden Vertretungsstunden die Kinder nach ihrer Meinung. Wir lasen gemeinsam meinen Brief an sie und sie schrieben mir eine Antwort. Und was sie mir so schrieben, davon dürfen sie jetzt natürlich ohne Namen auch ein wenig lesen:
„Ich finde es ein bisschen traurig, dass sie das Handy in der Schule abschaffen möchten, weil ich mal gehört habe, dass man ab der 6. Klasse ja den Handyführerschein machen kann. Ich bin in der 5. Klasse und ich möchte den Handyführerschein machen.“
„Ich finde ihre Idee gut Herr Haug, manche Schüler laufen nur durch die Flure und begutachten ihr Handy, sie machen Videos von anderen und das ist nicht so toll.“
„Bei jedem Schüler sehe ich ein Handy in der Hand, manche Schüler haben mich angestoßen, weil sie auf ihr Handy geguckt haben und mich nicht gesehen haben. Und dann sagten sie auch noch, dass ich im Weg stehe. Es gibt auch heute aus der 5…, die in der Pause am Handy sind. Ich habe ihm gesagt, er soll das Handy weglegen. Und er sagte, dass ich mich verpissen soll.“
„Ein Mädchen hat mir gesagt, dass zwei andere Mädchen auf der Toilette Musik hören und Fotos machen. Das finde ich doof.“
Wir werden sehen, wie die Diskussion um das Thema Handy in der Schule weitergeht und zu welchem Ergebnis es führen wird.
06. April 2022
Und heute folgt der nächste Donnerschlag. In einem lapidaren Brief erklärt man uns das Ende von Teams. Die Verlängerung der Erlaubnis durch den Datenschutzbeauftragten des Landes wird nicht mehr erteilt. Im Sommer schon soll Teams verboten sein. Für alle, die nicht wissen um was es geht, sei erklärt, dass Teams eine Videoapp aus dem Hause Microsoft ist und zu einem riesigen Programm mit dem Titel Office365.de gehört. In Office365 kannst Du einen Kalender führen, Dateien ablegen, Gruppen bilden, ein Adressbuch anlegen und wirklich vernetzt arbeiten. Es gibt für unsere Belange kein besseres Programm. Mit anderen Programmen zu arbeiten ist für uns der Weg zurück in die Steinzeit. Der Schulcampus Rheinland-Pfalz ist die Lösung dieses Landes. Wenn man das mit einem Autovergleich versuchen würde zu erklären, würde man sagen Office365 ist ein 500er Mercedes, der Schulcampus ein Tretroller. Das ist nicht befriedigend. Ich glaube der Landesdatenschutzbeauftragte möchte etwas für unsere Gesundheit tun. Was ist das für eine bescheuerte Idee? Wir haben echt genug zu tun in unseren Schulen, alle relevanten Firmen arbeiten mit Office365 und die Schulen sollen es verboten bekommen. Was für eine weltfremde Idee.
05. April 2022
Dieser Tag wird mir nicht mehr aus dem Gedächtnis gehen. Leider mit einer gar unglaublichen, aber doch wahren Geschichte. Geladen in den Ratssaal zu Landau ging es um ein Gespräch über die Errichtung einer sogenannten Notunterkunft für geflüchtete Menschen. Die anwesenden Herren erklärten, dass nach einer reiflichen Sondierung es keine andere Möglichkeit gegeben habe einen anderen Ort als unsere Turnhalle für die Aufnahme von geflüchteten Menschen vorzusehen. Was dies für meine fast 1000 Schüler bedeutet, interessiert die Herren weitgehend nicht. Sie gehen auf keine meiner Argumente ein und erläutern in ständigen Wiederholungsschleifen ihre Version der Geschichte. Ich schildere ihnen, was für ein Kind ein Schulanfang bedeuten würde, bei dem es vor Eintritt in die Schule vor einer verschlossenen Tür steht hinter der ein bewaffneter Mann sie um Einlass bittet, wenn sie einen Berechtigungsschein dazu hat. Was fühlt dieses Kind in diesem Augenblick? Keine Reaktion von Seiten der Verwaltung. Als ich sie frage, was es bedeuten würde 400 Menschen in die Turnhallen zu legen, erfolgt auch keine Reaktion. Es halte es für überhaupt nicht wahrscheinlich, dass tatsächlich eine eingehende Sondierung stattgefunden hat. Klar, haben wir nicht ein großes Füllhorn an Wohnungen, aber dennoch und davon bin ich wirklich überzeugt, eine ganze Menge Möglichkeiten, über die nicht so intensiv nachgedacht wurde. Irgendwann kam dann von Seiten der Verwaltung die Idee auf, dass der Schulleiter möglicherweise gar nicht wirklich so helfen wolle und den Ernst der Lage nicht erkannt habe. Nach dieser unhaltbaren Mutmaßung gab es für mich nur eins, ich musste raus aus diesem Saal, weg von diesen Menschen und mich beruhigen. Wie gesagt, 1000 Schülerinnen und Schüler, 90 Lehrerinnen und Lehrer sind hier offenbar keine relevante Gruppe. Ich werde auch weiterhin dafür kämpfen unsere Turnhalle als Unterbringungsmöglichkeit für geflüchtete Menschen zu verhindern. Die Verwaltung weiß und kennt diese Orte, sie muss nur wollen.
04. April 2022
Was für ein toller Samstag! Als ich zuhause erwachte und früh am morgen die Nachbardächer sehen konnte, traf mich fast der Schlag. Schnee, tatsächlich hatte es in der vergangenen Nacht in der Südpfalz geschneit, im April. Jetzt habe ich den Salat, dachte ich. Du kannst doch bei diesem Wetter nicht arbeiten und 107 Menschen auf dem Schulhof beschäftigen. Auch das Trinken einer Tasse Kaffee brachte keine Erleuchtung. Was tun? Gemeinsam mit meiner Frau fuhr ich zum Metzger, um die vorbestellten 150 Brötchen abzusagen. Der lief mir freudig entgegen und zeigte mir stolz das Ergebnis seiner morgendlichen Arbeit. Fleißig, wie er ist, waren die 150 Brötchen bereits vorbereitet. Absagen war also nicht. Einladen, in die Schule fahren, auspacken und dann der erste Gedanke, warten auf den ersten Arbeitswilligen und frühstücken. Irgendwie war das ein schöner Tagesbeginn. Noch nichts gearbeitet, aber schon ein gutes Wurstbrötchen mit einer Tasse Kaffee versenkt. Es kamen zwar nicht 107 Menschen, aber doch viel mehr als gedacht. Und wir beschlossen den wichtigsten Teil unserer Aufgaben zu erledigen und das ehemalige Brombeergelände mit einer dicken Schicht Hackschnitzel zu bedecken. 2 1/2 Stunden später gingen alle wieder ins Haus und versorgten sich mit einem zweiten Frühstück. Schön war es und ich bin sehr froh nicht abgesagt zu haben.
01. April 2022
Es ist kalt. Heute am 01. April ist der Winter so richtig zurückgekehrt, morgen ist Schulhofaktion und ich überlege die ganze Zeit, ob sie überhaupt stattfinden kann. Ich beschließe zu warten und morgen sehr kurzfristig zu entscheiden. Ich freue mich eigentlich sehr mit 107 Menschen draußen im Freien zu arbeiten und am Ende des Tages zu sehen, was man geschafft hat. So oft gehe ich aus dem Schulhaus und weiß, dass ich noch viel Arbeit habe liegen lassen. Zufrieden macht das nicht immer und gerade deshalb weigere ich mich die Schulhofaktion abzusagen. Wir wollen vor allem ein großes Gelände zu den Nachbarn liegend hübsch machen. Dort hat Herr Hautz von der gleichnamigen Firma bei der letzten Schulhofaktion vorbehandelt, als er mit einer großen Fräse die grausamen Brombeeräste zermahlen hat. Hackschnitzel drüber und gut ist. Doch ich erwarte in ganz kurzer Zeit die neue Generation von Brombeeren. Diese werden wir noch eine ganze Zeit lang bekämpfen müssen.
Tagebucheinträge März 2022
- März 2022
Heute Morgen hatten wir Gelegenheit mit Thomas Hitschler, dem Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, zu sprechen. Es war ein sehr beeindruckendes Gespräch, weil die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte einen persönlichen Eindruck erhielten, was es bedeutet dieses Amt auszuüben. Herr Hitschler sprach über sich, er machte am Eduard-Spranger-Gymnasium Abitur und war auch bei der Stadt Landau angestellt. Er kam am 08.12.2021 in sein Amt, trat quasi in Friedenszeiten seinen Dienst an und zwei Monate später war alles vorbei. Gestern noch war er in Norwegen und sprach mit seinen dortigen Kollegen. Heute Morgen, als wir zusammen waren, befand er sich in Hainfeld, wo er privat wohnt, um 09.20 Uhr würde er sich schon wieder auf den Weg nach Idar-Oberstein und Berlin machen. Er kann sich an keinen freien Tag in den letzten Wochen erinnern und berichtet dann über den Krieg in der Ukraine. Es gibt zwei Dinge, die er voranstellt, die ihn überraschen. Das eine ist wie überraschend schlecht die russische Armee tatsächlich auf diesen Krieg vorbereitet ist und wie auf der anderen Seite die Ukraine sich überaus klug verteidigt. So hat die ukrainische Armee derzeit erreicht, dass die Russen sich aus der Nähe von Kiew zurückziehen und eben nicht weiter vormaschieren. Er erklärt uns, dass der Krieg langfristige Auswirkungen auf uns in Europa haben wird. Wie das Europa der Zukunft aussehen wird, weiß man derzeit noch nicht. 300.000 Geflüchtete sind in Deutschland angekommen, in Polen spricht man von 2 Millionen. Er bewegt sich ja jetzt auf der Ebene, wo die Entscheidungen, auch die militärischen, entschieden werden und muss selbst ganz viel auch entscheiden. Und er ist davon überzeugt, dass in der EU und in Deutschland Entscheidungen aus reiflicher Überlegung und mit einer sehr gut funktionierenden Verwaltung getroffen werden. Dann beantwortet er viele Fragen, die aus den Klassen gestellt werden. Er glaubt nicht, dass es zu einer Wiedereinführung der Wehrpflicht kommen wird, das würde die Bundeswehr auf Jahre lahmlegen, weil sie damit beschäftigt wäre Strukturen zu schaffen, die eine Ausbildung von Wehrpflichtigen möglich macht. Er ist sehr zufrieden mit der deutschen Außenpolitik und lobt in diesem Fall auch seine eigene Chefin und die Außenministerin Annalena Baerbock. Er sagt, wie furchtbar er es findet, wie mit Frau Baerbock umgegangen worden sei. Und er zeigt großen Respekt vor jenen Frauen, die in seinem Leben bisher begleitet haben. Ob es jetzt Frau Baerbock oder seine jetzige Vorgesetzte (Verteidigungsministerin Christine Lambrecht) ist oder früher in der Stadt Landau Frau Baumstark. Drei Frauen, die Hervorragendes in ihrem Amt leisten und leider immer wieder auf das Frausein reduziert werden. Russland habe sich verkalkuliert, sagt er. In der Sprache des Militärs wollten sie mit einem Skalpell einen chirurgischen Eingriff in der Ukraine machen, dies hat nicht geklappt. Jetzt packten sie quasi den „Hammer“ aus. Konventionelle Kriegsführung und es ist wirklich wahr, ganz viele der jungen Soldaten wurde vorgespiegelt in eine Übung zu kommen, bis sie merkten, dass sie sich im Krieg befanden, da war es schon zu spät. Und dann erzählt er noch sehr eindrücklich von der Nacht vom 23.02.2022 auf den 24.02.2022. Nachts um 03.00 Uhr klingelte sein Telefon, welches ein Geheimtelefon ist, und er kam ins Nato-Hauptquartier, wo die Menschen, wie in einem Bienkorb, hin- und hersummten. Er war fasziniert davon, dass eigentlich alles superorganisiert ablief. Auch das Verhältnis Russland zu China spricht er an und sagt, dass Beendigung des Krieges Russland sich auf der Suche nach Geld ganz sicher sich wieder an China wenden wird und dann die Abhängigkeit noch größer würde. Ich erfuhr Herrn Hitschler als einen sehr überlegten und informierten Politiker, der klar sagt, was er denkt. Seine Heimat, die Südpfalz, liebt und weiß, welch hohe Verantwortung er trägt. Sein Angebot uns bald wieder, aber diesmal wirklich in physischer Präsenz, zu sehen, werden wir selbstverständlich in die Tat umsetzen. Danke an meinen Kollegen Andreas Gerdon, der dieses Gespräch initiiert hat.
- März 2022
Heute schreibe ich über ein schwieriges Thema, weil es um Menschen geht, die aus der Ukraine flüchten. Ich möchte zuerst sagen, dass wir in unserer Schule Schülerinnen und Schüler aufnehmen und auch ein eigenes „Café Asyl“ andenken, einen Ort, an dem Menschen Informationen bekommen und sich mit anderen austauschen können. Wir haben auch schon Schüler aus der Ukraine. Die Stadt Landau plant nun unsere Turnhalle, im äußersten Notfall, als Notunterkunft zur Verfügung zu stellen. Dagegen setze ich mich entschieden ein. Meine Schülerinnen und Schüler haben jetzt zwei Jahre keinen regulären Sportunterricht, zumindest mit Unterbrechung und unter erschwerten Bedingungen. Sport spielt in unserer Schule eine große Rolle. Und wieder ginge das nicht. Wir sind eine Ganztagsschule, Kinder, die am Nachmittag nach einem langen Schultag immer noch da sind, müssen sich bewegen, unser Multifunktionsfeld und unsere Sporthalle sind täglich besetzt. Es gibt noch eine ganze Reihe von Fragen, die wir gestellt haben und ganz besonders ärgert mich, dass man das Gespräch nicht mit uns gesucht hat, sondern dass man erst alles beschlossen hat, um dann den Beschluss zu verkünden. In meiner Schule bin ich so etwas nicht gewöhnt und es gebietet eigentlich allein der Anstand mit den Betroffenen erst einmal zu sprechen. Gestern rief mich die Presse an und ich zögerte wirklich etwas zu sagen, weil ich genau weiß, wie Menschen das auslegen könnten. „Der Haug hat etwas dagegen Flüchtlinge aufzunehmen!“ Genau darum geht es nicht. Ich trug auch meine großen Bedenken vor, einen Hallenteil für möglicherweise coronainfizierte Menschen zur Verfügung zu stellen. Ich lade alle politisch Verantwortlichen ein, bei Außentemperaturen von 30 Grad und mehr, ohne sich zu bewegen, sich in der vorgesehenen Halle 90 Minuten aufzuhalten. Wenn sie dann immer noch meinen eine gute Idee gehabt zu haben, weiß ich auch keinen Rat.
- März 2022
Heute darf ich einen Brief einer Mutter veröffentlichen, den sie mir geschickt hat anlässlich des Abitures ihrer Tochter:
Lieber Ralf,
zum Ende der Schulzeit unserer Tochter Marie, möchte ich mich bei Dir und dem
außerordentlich engagierten Kollegium herzlich bedanken.
Danke Ralf, für unzählige Montagmorgen-Begrüßungen, für Deine Leidenschaft, klaren Worte und
eindeutigen Positionierungen, für Tagebucheinträge, persönliche Aufmunterungen
der Schüler*innen während der Abi-Phase und Zuspruch beim allerersten
Aufnahmegespräch, Deine Geduld in Telefonaten und viele Interviews, sogar
überregional im Deutschlandfunk. Die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen…
In den ersten Jahren von Frau Blank und Herrn Becker begleitet, durften wir von deren
herzlicher und beharrlicher Art profitieren. So nahmen Sie sich u.a. in den
Entwicklungsgesprächen viel Zeit. Wir verließen diese motiviert und glücklich.
Gezielt den Blick auf die Ressourcen und Stärken gerichtet, diese Perspektive
ließ unsere Familie noch mehr (zusammen) wachsen. Danke Herrn Becker, für
„Hero“, von Family oft the Year.
Danke allen Mathematiklehrer*innen, vor allem Ihnen, Frau Schlosser. Ihr Auto stand
„gefühlt“ rund um die Uhr auf dem Parkplatz der IGS. Danke, dass Sie so
konsequent und kompetent „drangeblieben“ sind. Sie geben nie auf!
Danke Ihnen, Herr Gauweiler, für Ihren täglich unschlagbaren Humor, direkte Sprache und den
persönlichen Einsatz Ihrer Gitarre und das Singen legendärer Lagerfeuersongs.
Für das Abi waren „Ihre“ Kids gut aufgestellt.
Danke Ihnen, Herr Möwald, für informative Elternabende bzgl. MSS, das Beantworten nie enden
wollender Fragen bzgl. Abi und die motivierende Weihnachtskarte, die alle
Schüler*innen erhielten.
Danke für London und Finnland… Führen Sie bitte, so bald als möglich, die
Herausforderungen fort, sie waren die Highlights der gesamten neun Jahre und
ermöglichten persönliche Reife und vieles mehr.
Die Schulfeste waren besonders berührend. So viele verschiedene Nationalitäten,
dementsprechend abwechslungsreich das „Programm“ und das Buffet . So bunt und lebendig, wir haben uns
immer wohl gefühlt, auch weil das Gelände in diesen Jahren dank des Einsatzes
vieler helfender Hände zusehends grüner, abwechslungsreicher, schöner und
einladender wurde.
Danke Ihnen, Frau Wischnefski, für liebevoll zubereitete kreative Gerichte zur Mittagszeit
und die herzliche Essensausgabe. Danke an alle Kolleginnen im Sekretariat. Sie
sind echte Heldinnen des Alltags und waren IMMER freundlich und sehr
professionell.
Danke Ihnen, Herr Zauker und Herr Kouruma. Bei Ihnen wurde es nie langweilig und Spaß machte
der Sportunterricht auch noch.
Lieber Herr Rendes, Sie sind ein wirklich herausragender Pädagoge! Wer schafft es
schon, die jungen Leute so zu packen und zu begeistern, dass diese
freiwillig und motiviert länger bleiben als sie müssten? Danke auch für Ihre
kreativen Quizfragen.
Danke Ihnen, Frau Kirsch und Frau Wagner, mir fehlen die Worte. Von Ihnen hat unser Kind
regelmäßig in den höchsten Tönen anschaulich berichtet und förmlich geschwärmt.
Danke Ihnen, Frau Kruck, Ihre Talente kann man gar nicht alle aufzählen. Ihr Elan, Ihre
Stärke und Ausdauer sind sehr beeindruckend. Behalten Sie sich Ihre
Leidenschaft bei und bleiben Sie gesund!
Besonderen Dank für die Haltung und Philosophie dieser Schule und den dort Lehrenden!!!
Ich hoffe, dass unsere Tochter auf ihrem weiteren Lebensweg ähnlich positive Erfahrungen
machen wird. Erfahrungen, die ohne Liebe zum Beruf, Respekt und echter
Anteilnahme nicht möglich gewesen wären.
Um es mit den Worten von Romano Guardini zu sagen: “Die Liebe schafft den Raum, wo der
Andere er selbst sein kann.“
Mit
herzlichen Grüßen!
- März 2022
Ich bin immer noch müde und erfüllt vom vergangenen Freitagabend, als wir 76 Schülerinnen und Schüler das Abitur verliehen haben. In einer sehr würdevollen Veranstaltung haben wir in einem ersten Teil Zeugnisse ausgegeben, Menschen gelobt und unterschiedliche Reden gehalten, bei denen auch die Lage in der Welt eine bedeutende Rolle spielte. Der Bürgermeister stattete uns einen Besuch ab und lobte Schule und Schüler und gratulierte zum bestandenen Abitur. Beeindruckt hat mich vor allem auch die Rede von zwei Schülerinnen, die sich über das Lernen in unserer Schule Gedanken gemacht haben. Was ihnen vor allem wichtig war, war die Atmosphäre, die in unserer Schule die prägende ist. Hier wird der einzelne Mensch ernst- und wahrgenommen. Hier unterrichten Lehrer nicht Fächer sondern Kinder, „Wäre ich doch schon viel früher auf ihre Schule gekommen, Herr Haug, sagte eine der Beiden.“ Ihr hatte man andernorts prognostiziert in Mathematik niemals auf die Beine zu kommen, bei uns schloss sie mit der besten aller Gesamtnoten ab. In meiner Rede musste ich zu zwei Themenkomplexen Bezug nehmen, zu Corona und zur Ukraine. Ich sagte den Jungs, wenn sie in der Ukraine lebten, würden wir nicht gemeinsam Abitur feiern, sondern gemeinsam in den Krieg ziehen. Unvorstellbar, finden Sie nicht, aber doch so nah. Ja, gerade in diesem Teil der Veranstaltung wurde mir, aber auch allen Gästen, schwer ums Herz. Bei der Zeugnisübergabe gestalteten SchülerInnen und LehrerInnen die Feier mit. Danach ging es ganz schnell zum gemütlichen Teil, ein schönes Essen, lustige Beiträge, Lieder und Spiele mit Lehrerinnen und Lehrern, am Ende das unvermeidliche Männerballett, das den Allermeisten sicher, wie jedes Jahr, als der Höhepunkt der Veranstaltung vorkommt, der Schreiber dieser Zeilen kann über so viel Blödsinn nur den Kopf schütteln. Eine tolle Veranstaltung. Schön, dass wir mit so vielen Menschen wieder gefeiert haben. Nächstes Jahr hoffentlich ohne Maske und ohne sonstige Einschränkungen.
- März 2022
Heute hatten wir wirklich hohen Besuch, unsere Bildungsministerin Frau Dr. Hubig war bei uns, um sich vor Ort anzuschauen, wie gut und erfolgreich Digitalisierung laufen kann. In den 90 Minuten, in denen sie für uns Zeit hatte, hatten wir ein Gespräch, an dem auch Schülerinnen und Schüler teilnahmen und denen sich die Ministerin einen kleinen Eindruck von uns und unserer Schule machen konnte. Sie zeigten sich sehr interessiert und war, glaube ich, sehr beeindruckt von der Tatsache, dass unsere Schülerinnen und Schüler eine wirkliche Bedeutung über den Unterricht hinaus in der Schule haben. Nicht Pseudomitstimmung, sondern wirklich Mitbestimmung. Ich finde an der Stelle es enorm wichtig zu betonen, wie notwendig wahre Mitbestimmung von Schülern in der Schule ist. Solche Schüler lassen sich nicht von Oben verdummen. Solche Schüler lernen für ihre Interessen einzutreten. Wenn das Frau Hubig mitgenommen hat, bin ich froh und dankbar. Wir besuchten dann den Unterricht einer 10. Klasse. Auch hier zeigte sie sich erstaunt, wie sehr und wie selbstverständlich alle Schülerinnen und Schüler mit ihren IPads ihren Unterrichtsalltag bestreiten. Im Vergleich zu früheren Jahren hat sich an der Stellle wirklich eine ganze Menge getan. Aber auch was das für die Lehrkräfte bedeutet, wie sich die einzelnen auch fortbilden müssen und welche Kompetenzen alle zusätzlich erwerben. Schöne 90 Minuten mit einer sehr interessierten Ministerin und schon war sie verschwunden zum nächsten Termin.
- März 2022
Wir arbeiten seit einigen Jahren mit office365 und dem Videotool Teams. Noch immer schwebt wie ein Damoklesschwert über uns die Nachricht, dass der Datenschutz uns verbietet mit diesem amerikanischen Produkt in der Schule zu arbeiten. Es ist ja auch nicht einfach, die Amerikaner greifen unsere Daten ab und niemand weiß, was sie letztendlich damit machen. An der Stelle kann ich dem Datenschutz nur zustimmen. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit Teams eigentlich mit einem Produkt, das perfekt auf unsere Belange Rücksicht nimmt. Ich kenne so viele Unternehmen, die 365 und Teams benutzen und vorher auch andere Produkte ausprobiert haben. Unsere Schüler werden, wenn sie in die freie Wildbahn entlassen werden, auch mit Teams an vielen Orten konfrontiert sein. Deshalb ist es eigentlich unsere Pflicht sie darauf vorzubereiten. Es muss der Politik gelingen einen Vertrag mit Microsoft zustande zu bringen, der datenschutzkonform ist. Auf geht´s Leute!
- März 2022
Heute gab es an unserer Schule ein großes Befreiungsfest. Blauer Himmel, die Sonne strahlte mit den Schülerinnen und Schülern und mit den Abiturientinnen und Abiturienten um die Wette. Ein Abistreich war angesagt, im Foyer stand ein Auto und ansonsten war die Schule voller Luftballons, Absperrbänder und ganz viel Tageszeitungen in zerknüllter Form. Unsere Abiturientinnen und Abiturienten hatten eine tolle Idee. Sie lobten einen Wettbewerb aus und versprachen derjenigen Klasse einen Preis, die in einer bestimmten Zeit Papiermüll einsammelt und entsorgt. Auf diese Art und Weise mussten sie nach dem Fest nicht selbst aufräumen und hatten noch ihren Spaß dabei. Nach diesem hoffnungsvollen Beginn ging es genauso spannend weiter. Die Lehrkräfte wurden in ein symbolisches Gefängnis gesperrt und durften nur wieder heraus, wenn sie sich an allerlei lustigen Aktionen beteiligen. Vom Karaoke-Singen bis zur Reise nach Jerusalem, vom Bobbycarrennen bis zu andern Spielen, wir hatten alle unseren Spaß. Kinder und Erwachsene lachten ohne Maske wieder miteinander oder sangen aus voller Kehle irgendwelche blödsinnigen Schlager. So einen Abistreich könnte es jede Woche geben.
- März 2022
Jetzt gerade werden wir fertig mit den mündlichen Prüfungen, zwei Prüfungen müssen wir verschieben, es ist nicht schwer zu erraten warum. Am Freitag vergeben wir die Zeugnisse, leider erhalten die beiden heute Fehlenden sie erst im April. Es ist schon außergewöhnlich zu sehen, wie sehr, wenn der Druck weicht, sich Schülerinnen und Schüler und auch ihre Lehrer freuen, wenn es gut ausgeht. Die Szenen, die sich dann bei Verkündung der Note abspielen, sind schon manchmal sehr berührend. Wenn das Adrenalin entweicht und die Erkenntnis da ist, dass ich es geschafft habe. Ich habe viele Prüfungen gesehen und wahrgenommen, wie intensiv sich vorbereitet wurde und mit wieviel Empathie meine Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler unterstützen. Liebe Sekretärinnen, lieber Oberstufenleiter, liebe Lehrkräfte, vielen lieben Dank für eure Arbeit. Ein besonderes Lob an unsere Küchenfeen, die uns mit Kartoffelsuppe und Dampfnudeln an den beiden Tagen so wunderbar versorgt haben.
- März 2022
Heute ist der erste von zwei Prüfungstagen zum Abitur. Wir alle sind sehr aufgeregt, mein Oberstufenleiter wuselt durch die Gegend und sorgt für einen reibungslosen Ablauf, perfekt hat er die Räume vorbereitet und gemeinsam mit dem Sekretariat die Formalien sehr professionell erledigt. Für ihn sind diese beiden Tage sicherlich die anstrengendsten im ganzen Jahr. Vor allem auch deshalb, weil er für jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler vollen Einsatz zeigt. Zu „Möwi“, so heißt Kollege Möwald bei den Schülerinnen und Schülern, können sie jederzeit kommen. Wir haben schon einige Schülerinnen und Schüler, bei denen es überhaupt nicht sicher ist, ob sie ein Abiturzeugnis erhalten. Am Ende des Tages werden es hoffentlich die allermeisten Kinder geschafft haben, ich werde berichten.
- März 2022
In der letzten Zeit war immer mal wieder eine Veröffentlichung von uns in der Presse. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das nicht immer jedem gefällt. Warum der und nicht ich? Warum diese Schule und nicht unsere? Ich finde das schade. Schließlich berichtet die Presse über interessante Themen. wenn wir eben interessante Themen zu verkünden haben, beziehungsweise die Presse interessante Themen umsetzen möchte, ist das eigentlich ja voll in Ordnung. Aber da Landau ein Dorf ist und in einem Dorf jeder jeden kennt und Informationen, die man an einen anderen gibt, doch irgendwann wieder zurückkommen, hört man, dass es doch tatsächlich Menschen gibt, die neidisch sind. Der Haug steht schon wieder in der Presse. Richtig, wenn die Presse entscheidet, dass es interessant ist, kann der Haug auch nichts machen. Cool fände ich es direkt angesprochen zu werden und nicht hintenrum.
- März 2022
Heute ist wieder einmal ein Tag, an dem es was Schönes zu berichten gibt. Ich besuche am Nachmittag das Frank Loebsche Haus, wo eine Kunstausstellung eröffnet wird. Der Scharfenbergerpreis wird vergeben. Die meisten Leser*innen des Tagebuches werden sich sicher nicht an den Namensgeber erinnern. Dieser unterhielt in Landau eine größere Immobilienfirma. Ich selbst bin ihm in einem ganz anderen Zusammenhang begegnet, als wir gemeinsam bei den Bäckersängern, einem Landauer Männerchor Lieder von Schubert und Silcher geschmettert haben, ein feiner Mann. So heißt auf einer Seite, die im Netz zu finden ist:
„Der Architekt Karl Scharfenberger stiftete der Stadt Landau zu seinem 60. Geburtstag im Jahre 1986 einen Betrag in Höhe von 50.000,- DM. Diese Schenkung überreichte er anlässlich der beiden Betriebsjubiläen „25 Jahre Wohnungsbau“ sowie „30 Jahre Ingenieurbüro“ im Rahmen einer Feierstunde an den OB der Stadt, Herrn Dr. Christof Wolff. Dieser „Scharfenberger Kunstpreis“wird seit 1990 einmal im Jahr an Schüler aller Gymnasien und anderen Schulen in Landau verliehen. Die besten Arbeiten werden prämiert. Die Preisverleihung ist ein Ansporn für viele Schüler, die jedes Jahr wieder ihre Arbeiten einreichen. Die große Beteiligung der Schulen bestätigt dies Jahr für Jahr“.
Unsere Schüler*innen von drei 6. Klassen haben einen Preis gewonnen. Zusammen mit der Lehrerin kommt ein Vertreter der 6. Jahrgangstufe mit zur Preisverleihung am heutigen Nachmittag, ich freue mich drauf. Ach ja, danke Gwen für deinen Einsatz.
- März 2022
Heute Morgen erfuhr ich über meinen Schulaufsichtsbeamten vom Neustadter Runden Tisch und teilte diese Idee mit dem Leiter des Schulamtes und heute Abend darf ich verkünden beziehungsweise schreiben, dass die Schulleitungen aller Landauer Schulen am kommenden Montag einen Runden Tisch zum Thema: „Wie gehen wir mit den Geflüchteten aus der Ukraine um? Wie können wir in den Schulen helfen?“ Wir wollen an der Stelle vorbereitet sein. In unserer IGS haben wir bisher keine Anfrage gehabt, das kann aber nicht lange dauern. Es gibt schon ganz viel Ideen wie wir helfen können. Wir wollen auch organisieren, dass für die Kinder und Jugendliche jeweils eine Schule gefunden wird, die zu den Fähigkeiten des Kindes auch passt. Eine gemeinsame koordinierte Absprache ist an der Stelle das Beste, was wir machen können. Eine Maßnahme, die ich gerne umsetzen würde, ist ein wöchentliches Elterncafé, zudem die Mütter und Großmütter der Kinder, die unsere Schule dann besuchen, eingeladen werden. Bei Kaffee und Kuchen können Gespräche geführt und Behördengänge vorbereitet werden. Dieses werden wir zeitnah organisieren. Ich bin froh, dass der Leiter des Schulamtes so schnell reagiert. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, unsere Verdrängungsmaschine lässt uns ja den Krieg nicht weit von hier im Alltag immer wieder vergessen. Ich habe gestern Abend gemerkt, wie sehr mich das Ganze doch bewegt und betrifft. Als Trainer einer A-Jugend-Mannschaft hatten wir gestern Abend ein Pokalspiel. Es war ein Halbfinale und es waren viele Menschen da, bestimmt über 100 und ich war noch am Bälle sortieren, die Mannschaften standen einander gegenüber und hatten sich in den Arm genommen und der Schiedsrichter signalisierte durch einen Pfiff eine Schweigeminute. Und alle Zuschauerinnen und Zuschauer und die Spieler schwiegen eine Minute, für mich ein sehr ergreifender Moment, den ich nicht vergessen werde. Da stehen meine 18jährigen Jungs, umarmen sich und denken an die Menschen in der Ukraine und wissen in dem Moment sehr wohl, dass es auch sie betrifft, wenn es in dem Land Krieg gibt und dass die Gefahr auch für sie sehr real ist.
- März 2022
Ich habe ja schon öfters einen Leserbrief in der Rheinpfalz geschrieben. In der vergangenen Woche gab es einen faszinierenden Artikel, in denen einige Studierende der Uni Landau-Koblenz ihr Leid klagten. Es geht um Parkgebühren auf dem Parkplatz der Universität. Scarlett aus Rheinzabern beschwert sich, dass es unmöglich sei mit dem Zug nach Landau zu kommen beziehungsweise, dass sie viel zu lange brauchen würde. Jemand anderes beschwert sich, dass er aus Zweibrücken anreisen müsse und mit öffentlichen Verkehrsmitteln dies nicht bewältigen könne. Vielleicht bin ich ja „oldschool“. Aber ich frage mich dennoch, warum es nicht möglich ist an dem Ort zu wohnen, an dem ich studiere? Ich frage mich, warum man nicht mit dem Bus fahren kann, der direkt nach Landau fährt? Ich frage mich, mit welchem Geld Studierende, die kein eigenes Geld verdienen, ein Auto bezahlten? Ich frage mich, warum die überhaupt ein Auto brauchen. Nichts auf den Rippen, aber Krösus spielen. Übrigens gilt das nicht nur für Studierende, sondern auch für meine Schülerinnen und Schüler. Unsere beiden Parkplätze beherbergen meinem Eindruck nach mehr Fahrzeuge von Schülerinnen und Schülern als von Lehrkräften. Wir reden darüber, dass die Menschheit so nicht weitermachen kann und kaufen unseren Kindern Autos. Das passt für mich überhaupt nicht zusammen.
- März 2022
Ich habe einige Menschen um mich herum erschreckt. Ich setze mich seit vielen Jahren dafür ein die Ziffernnoten in der Orientierungsstufe abzuschaffen. Ich erhalte für diese Idee durchaus unterschiedliche Reaktionen. Nicht jede, nicht jeder ist erfreut. Ich denke, dass das an verschiedenen Dingen liegt. Ich möchte mit meiner Idee bei den Kindern auch einen anderen Blick auf das, was sie leisten, erreichen. Die Ziffernnote ist nicht wichtig und sagt schon gar nichts über Qualität aus. Was hat denn ein Mensch davon, wenn man ihn für seine Leistung im Fach Deutsch eine 3 gibt. Befriedigend nennt der Gesetzgeber dies. Was dies wirklich heißt, was das Kind wirklich kann, erfährt das Kind aus dieser Note überhaupt nicht. Aber ist es nicht unsere Pflicht das Kind dafür zu loben, was es kann. Und zwar sehr konkret? Ist es nicht ebenso unsere Pflicht dem Kind auch zu sagen, was es noch nicht kann und woran es noch arbeiten muss? Machen wir es uns mit einer schlichten Note nicht eigentlich viel zu leicht? Wie soll das KInd sich ändern, wenn es gar nicht weiß, was es ändern soll. Ja, wir alle sind es gewöhnt in der Schule eine Ziffernnote zu erhalten und wir haben unsere Kinder schon dahin erzogen nur dann etwas zu tun, wenn es eine Ziffernnote gibt. Ist das tatsächlich ein erstrebenswerter Zustand? Ich jedenfalls werde in den kommenden Wochen und Monaten und vielleicht auch Jahren mein Kollegium davon zu überzeugen, dass wir uns zumindest mal in den Klassen 5 und 6 auf einen anderen Weg machen. Falls Eltern dieses Tagebuch lesen, rufe ich sie dazu auf mich zu unterstützen.
- März 2022
Ich höre von einer Studie, in der festgestellt wurde, dass die Schülerinnen und Schüler der 4. Klassen Leseleistungen haben, die nicht zufriedenstellend sind. Schon oft habe ich mich in meinen Tagebucheinträgen damit beschäftigt. Richtig lesen und schreiben zu können ist der Schlüssel zu guter Bildung. Wir müssen in unseren Schulen alles unternehmen Schülerinnen und Schüler zu befähigen gut lesen zu können. Es kommt durchaus vor, dass Absolventen der Klassenstufe 10 eine Mittlere Reife erhalten, aber streng genommen schwierige Texte nicht erlesen können. Die haben funktioniert, vielleicht fleißig auswendig gelernt, wie gesagt, beim Lesen z. B. der ersten Seite der Tageszeitung kommen sie an ihre Grenzen. Das darf nicht sein, das können wir uns nicht leisten.
- März 2022
Es gibt Kinder, die bringen ein so großes Paket von Zuhause mit, dass auch wir ihnen nicht helfen können. Wir Lehrerinnen und Lehrer sitzen dann zusammen und planen und planen und überlegen, wie wir helfen können. Am Ende kommt dann nichts dabei raus. Wir tun die Kinder dann unendlich leid. Wir haben in unserem Staat eine ganze Reihe von Netzen eingebaut, Jugendamt, Psychologie, Kinderschutzbund, so viele Institutionen und Menschen, die Kindern in Not helfen. Doch manchmal muss ich mit ansehen, dass alle Hilfe nicht zum Ziel führt. Manchmal verlassen die Schüler unsere Schule, manchmal bleiben sie, erhalten aber keinen Schulabschluss. Schön ist das nicht.
- März 2022
Aus der Ukraine flüchten Frauen mit ihren Kindern. Bei uns hat sich noch niemand gemeldet und um Hilfe gefragt. Das kann aber nicht mehr lange dauern, wenn man die Bilder aus unseren großen Städten im Norden sieht. 2015 waren wir nicht darauf vorbereitet, alle versuchten an ihrem Platz ihr Bestes, um die damals zu uns kommenden Flüchtlinge zu versorgen. Die Schulleiterin der Nordringschule hat sich bei mir gemeldet, sie ist sehr wach und aktiv und möchte helfen. Wir natürlich auch, und auch die anderen Schulen in Landau werden helfen wollen. Das Schulamt hat sich gemeldet und bereitet die behördliche Unterstützung vor. Wir Schulen sollten uns treffen, um das Ganze in Landau gut zu koordinieren. Wo findet Sprachunterricht statt, kann man vielleicht Alterskohorten bilden? Wie läuft das in den Grundschulen und in den weiterführenden Schulen? Es ist zwingend nötig, dass wir uns bald treffen.
- März 2022
Heute Vormittag gönnte ich mir eine Fortbildung zu einem sehr interessanten Thema: Graphic Novel. Eine Graphic Novel ist eigentlich ein Comic. Comics sind meines Erachtens neben den Bilderbüchern für Kinder die interessantesten Formen von schriftsprachlichem Ausdruck. Zum Wort kommt das Bild dazu. Man kann in einer Graphic Novel so viel ausdrücken, in dem man geschickt auf einem einzelnen Bild schon eine Geschichte erzählt, sodass die Phantasie der Leserinnen und Leser sich dort austoben kann. Die Fortbildung hat mir viel gebracht, ich habe tolle Autoren kennengelernt zu inhaltsreichen Themen. Ich wusste gar nicht wie groß der Markt dieser Literaturform inzwischen ist. Ich habe mir in diesem Tagebuch schon öfters Gedanken darüber gemacht, wie wir es erreichen können, dass die Zahl der Leserinnen und Leser einfach steigt. Die Graphic Novel ist eine phantastische Möglichkeit. Wenn es gelingt Kinder und Jugendliche mit dieser Welt in Verbindung zu bringen, bekommen wir vielleicht das ein oder andere Kind gepackt. Ich habe mir gleich im Anschluss 14 neue Bücher bestellt, die ich, nachdem ich sie selbst gelesen habe, Kindern zur Verfügung stellen werde. Ich werde immer wieder den ein oder die andere zu mir rufen und versuchen zu motivieren mal eine Graphic Novel zu lesen. Vielleicht kann ich ja überzeugen.
- März 2022
Heute war der Start der Herausforderungen unserer Schule, ich Wahnsinniger mache auch eine Herausforderung. Ich will damit sagen, der Schulleiter fährt zu Beginn des Schuljahres 14 Tage mit den Schülern weg. Und kann sich überhaupt nicht um seine Schule kümmern. Ich gehe mit den Schülerinnen und Schülern in ein Bildungshaus im Pfälzerwald, wir studieren ein Theaterstück ein und spielen in den Grundschulen, aus denen die Schüler kommen. Die Teilnehmer sollen möglichst viel selbst organisieren. Da die Schülerinnen und Schüler aus zwei Jahrgangsstufen kommen, ging es schon zu Beginn darum sich ein wenig kennen zu lernen, sich quasi miteinander vertraut zu machen und auf seine eigenen Stärken zu besinnen. Als ich nach den eigenen Stärken fragte und jeder Schülerin und jedem Schüler auftrug sich seiner eigenen Stärken zu besinnen und mindestens 5 Stärken für sich aufzuzählen, kamen nur zwei Schülerinnen auf 5 Stärken. Die anderen brachten nicht so viel zustande. Na, so ist das eben, wer lobt sich schon selbst, wer lernt die Stärken von sich selbst zu sehen und zu benennen. In der Schule ist das nicht erlaubt, normalerweise. In der Schule benennen wir unsere Fehler. Wir streichen sie sogar noch mit roter Farbe an, aber Stärken. Ich kenne nicht alle Kinder, die mit mir fahren, aber ein paar schon. Als ich dann bei einigen Schülerin sagte, welche Stärken sie meiner Meinung nach hätten, war doch ein Leuchten in den Augen zu sehen. Ich hatte das Gefühl, dass die beiden Mädchen plötzlich vor mir aufrichteten und stolz waren. Ich habe eine richtig gute Gruppe, 12 Mädchen und ein Junge. Wir machten natürlich eine Liste, was beim nächsten Treffen so zu planen sein. Kurz vor Schluss fragte mich ein Kind, was wir eigentlich essen würden. Wir versorgen uns natürlich selbst und kochen auch selbst. Also fragte ich jeden Einzelnen, welche Mahlzeit sie oder er essen würde. Nach 3 Minuten Aufzählung musste ich so lachen, bei der Aufzählung der Gerichte kam in jedem das Wort Fleisch vor. Das wird kein Spaß für die Schülerinnen und Schüler meine ich natürlich. Zur Herausforderung gehört es 14 Tage kein Handy zu haben, wenn es jetzt noch 14 Tage kein Fleisch gibt, dann wird das richtig lustig. Ich werde berichten.
- März 2022
Heute waren drei Kinder einer 6. Klasse bei mir. Ihr Wunsch war es eine Durchsage zu machen für alle Schülerinnen und Schüler und um eine Schweigeminute für die Menschen in der Ukraine zu bitten. Ich sprach mit ihnen darüber, eines der Kinder hat russische Freunde. Und natürlich sind sie auch jetzt noch befreundet. Ich finde es ganz schrecklich, dass Russen, die hier in Deutschland leben, für das verantwortlich gemacht werden, was der Mensch im Kreml-Palast sich so alles ausdenkt. Sie können nichts dafür. Ich möchte nicht, dass man ihnen verbietet in unserer Demokratie ihre Sprache zu sprechen und dafür auch noch angefeindet zu werden. Genau das will doch dieser russische Herrscher. Wenn ich daran denke, dass ich für das, was ich gerade schreibe, in Russland 15 Jahre ins Gefängnis käme, kommt mir das kalte Grauen. Sie trugen mir dann ihre Texte vor und machten das richtig gut. Als ich sie fragte, ob sie bereit seien jetzt ans Mikrofon zu gehen, waren sie ganz arg aufgeregt. Das Mädchen, das bei der Probe richtig ausführlich gesprochen hatte, war so aufgeregt als sie mit ihrer Rede begann. Ich war bei ihr, versuchte sie zu beruhigen, aber sie war fast nicht in der Lage zu sprechen. Den beiden anderen Kindern ging es ähnlich, aber schließlich meisterten alle drei ihre Aufgabe. Sie erfuhren, dass ein ganzes Schulhaus schweigen kann und gleichzeitig an die Menschen in der Ukraine denkt. Für sie war diese Erfahrung aus vielerlei Gründen äußerst wichtig. Ich kann gar nicht sagen, was dabei am wichtigsten war, vielleicht doch, dass die drei Schüler eine Erfahrung machten, die sie selbst stärkt. Dazu ist Schule in der Hauptsache da, den einzelnen Menschen zu stärken.
- März 2022
Jedes Jahr um diese Zeit erhalten die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 13 ihr Jahreszeugnis. Ja, genau so heißt es, schließlich endet in wenigen Tagen die Schulzeit mit dem Abitur. Während die anderen Schülerinnen und Schüler erst im Sommer ihr Jahreszeugnis erhalten, ist das in der 13. Klasse schon im März. Es gibt doch noch viele Schüler, die beim mündlichen Abitur Punkte sammeln müssen, um ihr Abitur erfolgreich abzulegen. Ich wünsche ihnen allen viel Glück und hoffe, dass sie ihr gestecktes Ziel erreichen. Auf der anderen Seite haben diese Schüler einiges erreicht. Alle haben bereits den schulischen Teil der Fachhochschulreife. Das ist doch auch schon was. Nicht wahr? Was ich auch noch sagen möchte, ist eigentlich an meine Lehrerinnen und Lehrer gerichtet: Nehmen wir uns nicht so wichtig, das Abitur ist eine Fahrkarte, hoffentlich ins Glück. Wenn ich die Fahrkarte einmal verwendet habe, ist sie meistens schon entwertet und wird niemals wieder noch einmal benutzt. Wenn ich als Lehrer das weiß, kann ich mich eigentlich entspannt zurücklegen und zu mir sagen, ich habe alles gegeben, die Schüler haben es angenommen oder nicht. Ich mache quasi ein Angebot, die Kundin oder der Kunde können zugreifen.
- März 2022
Die Ferien sind vorbei, das Wetter ist schön, Corona spielt plötzlich nicht mehr die Hauptrolle, es ist Krieg in Europa. Keine zwei Flugstunden von hier entfernt marschiert das größte Land der Erde in die Ukraine ein, plötzlich ist unser Denken und Handeln ganz geprägt vom Eindruck der Bilder, die wir im Fernsehen sehen mussten. Jetzt haben die Schülerinnen und Schüler und ihr Eltern zwei Jahre Corona hinter sich gebracht und schon werden sie mit der nächsten Katastrophe konfrontiert. Wir sprechen mit unseren Kindern in den Klassen darüber, hören ihnen zu, erklären und spenden Trost. Mich beunruhigt die Situation sehr. Unsere Politiker versuchen ihr Bestes zu geben und schlafen wahrscheinlich so gut wie nicht. Die Menschen in der Ukraine hausen in U-Bahn-Schächten und rennen um ihr Leben. Und das alles, weil ein alter Mann die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzt mit einer ungeheuren Brutalität sein Volk unterdrückt und belügt und genug Menschen findet für seine Interessen zu sterben. Der blaue Himmel, in den ich blicke, trügt, was sehnen wir uns zurück nach Zeiten, ohne Krieg, ohne Corona und ohne all das Leid.
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[/kc_column_text]Tagebucheinträge Februar 2022
18. Februar 2022
Gerade eben komme ich aus meinem Unterricht. Am letzten Schultag vor den Winterferien habe ich eine Gruppe von Schülerinnen und Schüler im Fach Darstellendes Spiel gesehen. Die Hälfte der Gruppe fehlt, krank oder vom drohenden Sturm selbst entschuldigt. (Hier muss ich nochmals bemerken, dass ich es als ungeheuerlich erachte, dass von ministerieller Seite die Entscheidung darüber, ob Schulpflicht besteht an Eltern übertragen wurde. Kein Schulleiter würde unverantwortlich handeln, aber der gestrige Tag geht nicht als ein gelungener in die Geschichte ein). Aber jetzt zurück zu den Kindern. Wir hörten die vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi, die Hälfte der Kinder auf Matten, die anderen massierten ihre Partner durch und genossen die lange Einheit sehr. Es war wunderbar zu sehen wie liebevoll und behutsam die Kinder miteinander umgehen, wie sehr sie das Ganze genießen konnten. Wir sprachen darüber, was das Ganze mit Darstellendem Spiel zu tun hat und kamen auf ganz außergewöhnliche Ideen. Was für ein Glück für mich als Lehrer. Allen Leser*innen dieses Tagebuches ein gute Zeit, in zwei Wochen melde ich mich wieder.
17. Februar 2022
Während ich diese Zeilen diktiere, schaue ich in den blauen Himmel, der Olivenbaum des Nachbarhauses bewegt sich sanft im Wind und hätte ich auf die vielen Mails und Nachrichten, die mich gestern erreichten, so reagiert, wie es die Meisten von mir verlangten, würde ich heute nicht hier stehen und einen Tagebucheintrag diktieren. Das Ministerium verschickte gestern Nachmittag ein Schreiben, dessen Inhalt wieder einmal schneller bei den Menschen war, als bei uns selbst in der Schule. Wir sollten dieses Schreiben den Eltern weiterleiten. In dem Schreiben wird die Verantwortung auf die Schulleitungen der einzelnen Schulen übertragen, man könne den Eltern anheimstellen, ob sie ihr Kind am heutigen Donnerstag in die Schule schicken oder nicht. Ich zögerte mit der Antwort und verfolgte ein wenig die Wetternachrichten des Deutschen Wetterdienstes, der für den Süden von Rheinland-Pfalz zwar auch Windböen voraussagte, keinesfalls kam jedoch eine Prognose, die meines Erachtens einen Schulausfall gerechtfertigt hätte. Deshalb schrieb ich auch den Eltern, dass wir uns auf die Kinder freuten und wir Unterricht heute machen würden. Es gab meines Erachtens zu viele Kinder, die heute nicht in der Schule waren. Es hagelte Abmeldungen. Ich halte das für eine völlig überzogene Reaktion. Heutzutage schließen wir Schulen, wenn Sturm aufkommt, wenn Schnee liegt, bei Glatteis, bei Starkregen und im Sommer bei großer Hitze. Für mich ist das eindeutig ein Phänomen unserer Zeit und auch wenn es wie der Satz eines älteren Mannes klingt, vor 20 oder 30 Jahren wäre das nicht passiert. Wie erzählte mir heute ein verehrter Kollege: „Als ich ein Kind war und in der Nähe von Landau wohnte, kam morgens bei Schneefall der Bus nicht. Und dann sind wir einfach nach Landau gelaufen, ohne unsere Eltern zu fragen und ohne eine Trinkflasche“. Wir Erwachsenen, wir Eltern müssen uns schon fragen, was wir da eigentlich machen.
16. Februar 2022
Derzeit finden die Olympischen Spiele in einem Land statt, in dem mit Abstand die meisten Menschen hingerichtet werden. Die Staaten, die dann folgen, sind der Iran, Saudi-Arabien, Pakistan und der Irak. Es ist so erschreckend, wie sehr wir die Augen zumachen und Brot und Spiele veranstalten, egal, wo auch immer und auf welche Kosten. Ich habe die Tage ein Interview gesehen mit einer Korrespondentin, die, wenn ich mich richtig erinnere, erst seit 2019 in China ist. Sie versuchte auf dem Land Menschen zum Thema Olympia zu interviewen. Die ganze Zeit fuhr ein Auto hinterher und alle Versuche mit Menschen zu sprechen waren zum Scheitern verurteilt. In einem Fall begann jemand zu erzählen, als er der Aufpasser gewahr wurde, musste er plötzlich ganz schnell weg. Es ist wirklich sehr bedrückend zu sehen, was ein diktatorisches System mit so vielen Menschen einfach so macht. Und dafür auch noch verehrt wird. Es kann einem schon Angst und Bange werden, China ist ja nicht der einzige Schurkenstaat, ein anderer steht an der Grenze zu Europa und droht die Welt in einen Krieg zu stürzen. Und die Liste lässt sich irgendwie immer weiter führen, der Iran, Saudi-Arabien oder Katar sind auch keine Wiegen der Demokratie.
Und hier eine neue Zahl aus brand eins:
Anstieg (in Prozent) der Investitionen in den Neu- und Ausbau … | |
… von Schienen in Deutschland zwischen 2017 und 2019: | 4 |
… von Bundesfernstraßen in Deutschland zwischen 2017 und 2019: | 44 |
15. Februar 2022
Ich bin so stolz auf mein Kollegium. Wie wir die letzten beiden Jahre gemeistert haben, ist großartig. In einer guten Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern in diesen Zeit zu leben, ist eine große Aufgabe. Ihr habt sie ganz prima gemeistert, mag ich meinen Lehrerinnen und Lehrern zurufen. Ach, das , was uns ausmacht, war uns und ist uns verboten. Preußische Frontalbestuhlung nebst Beschallung, genau das, wofür wir eben nicht stehen, ist seit 2 Jahren die einzig erlaubte Unterrichtform, wenn Kinder aus zwei Klassen in einem Raum sind, sitzen die einen links im Block, die anderen rechts. Und trotzdem schaffen wir es ein gutes Klima zu erzeugen. Einfach klasse.
In den nächsten Einträgen werde ich aus der Zeitschrift brand eins immer mal wieder Zahlen veröffentlichen, hier gleich die ersten
Geschätzte Zahl der Vögel, die in Deutschland pro Stunde sterben, weil sie
gegen eine Glasscheibe fliegen | 2054 |
gegen ein Windrad fliegen | 9 |
14. Februar 2022
Ich finde es schön, wenn Menschen sich Blumen schenken, selbst die Vereinigten Arabischen Emirate, die bis zum letzten Jahr sich verweigerten, sind inzwischen zum Blumenschenken am 14.02. übergegangen. Es trägt dort nicht den Namen Valentinstag, aber das Geschäft ist dort auch das Gleiche. Wahre Blumenschenker brauchen keinen Valentinstag. Wenn ich an meine Sekretärinnen denke, glaube ich, dass sie sich über eine Einladungen zum Essen mehr freuen, als über abgeschnittene Blumen, die nach 10 Tagen verwelken. Die Erinnerung an ein wunderbares, gemeinsames Essen hält da viel länger an. Valentinstag oder Halloween, ich bin gespannt, welcher der anderen 363 Tage als nächstes vom Kapitalismus gekapert wird. Sicherlich werden in den Schubladen von Menschen, die wissen, wie sie viel Geld verdienen, weitere Ideen schlummern.
11. Februar 2022
Sie wissen schon, es gibt ganz viel unnützes Wissen. Aber wer entscheidet eigentlich, was nützt und was nicht nützt. Für mich z. B. ist es völlig unnütz zu wissen, wer in welchem Königshaus sich mit wem nicht verträgt oder was die Menschen in diesen Königshäusern überhaupt tun. Für mich ist es unnütz zu wissen, was irgendwer irgendwann und irgendwo gegessen hat. Ach, es gibt wirklich unnützes Wissen. Aber was an Wissen nutzt uns wirklich. Was brauchen wir, um unseren Beruf gut ausüben zu können? Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten nützen mir? Ich habe in diesem Zusammenhang eine weniger lustige Geschichte erlebt. Wir haben in unserer Schule einen Maschinenraum, in diesem befinden sich große Maschinen, die von Fachpersonal zu bedienen sind und für die Tischler oder Schreiner einen sogenannten Maschinenschein benötigen. Ich weiß nun, dass in der Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer diese Maschinenscheine für nicht nötig erachtet werden. Weder in der ersten Phase der Ausbildung in der Universität, noch in der zweiten Phase im Referendariat müssen Lehrer einen Maschinenschein vorweisen. In diesem Land arbeiten viele Lehrerinnen und Lehrern an großen Maschinen ohne diesen Schein mit dem Wissen aller Beteiligten. Ich halte dieses Vorgehen für bedenklich. Ich bemühe mich derzeit um eine Möglichkeit Lehrerinnen und Lehrern in Landau ein Angebot zu unterbreiten solch einen Maschinenschein zu machen. Ich bin zuversichtlich ein Angebot unterbreiten zu können, welches ein wenig Engagement verlangt und gleichzeitig wahrscheinlich Geld kostet. Ich hoffe im Tagebuch über einen echten Erfolg berichten zu können und wünsche mir, dass unser Beispiel Schule macht.
10. Februar 2022
Heute wieder ein Beitrag zum Thema „Schule der Zukunft“. Vielleicht erinnern Sie sich, im März 2020 wurde unsere Schule zum Notkrankenhaus. Da standen an einem Freitagnachmittag Einsatzfahrzeuge des THW, der Feuerwehr und des DRK auf dem Schulhof. Und innerhalb kürzester Zeit waren wir nicht mehr die Verwalter unseres Hauses. Die Schule wurde zum Notkrankenhaus, Klassenräume zu potentiellen Aufnahmeräumen für Kranke und Menschen, die mit dem Leben kämpfen würden. Medizinische Apparate und alles, was zu so einem Notkrankenhaus gehört, wurde beigeschafft. Das ging schneller, als man schauen konnte. Irgendwie breitete sich in mir und meinen Kolleginnen und Kollegen eine Schockstarre aus. Alles Wehren war umsonst. Am Ende hat tatsächlich niemals irgendein Patient dieses Krankenhaus belegt. Man fand an anderen Orten geeignetere Räumlichkeiten. Wenn man sich aber nun die Frage stellt, warum ausgerechnet eine Schule für ein Krankenhaus geeignet ist, kommt man wieder auf die Preußen zurück. Aus dem Militär entstanden im 19. Jahrhundert Krankenhäuser und Schulen, psychiatrische Kliniken und Gefängnisse. Es wird wirklich Zeit sich von dieser Geschichte zu verabschieden und für die zukünftigen Schülergenerationen Schulen zu schaffen, wo auch die Gebäude nicht mehr an Preußen erinnern, Lernorte, an die man gerne geht.
09. Februar 2022
Heute war der Auftakt der Herausforderungen und ich selbst mache eine Herausforderung. Das ist eigentlich total verrückt. Am Schuljahresanfang ist der Schulleiter für zwei Wochen mit den Schülern unterwegs. Wie das gehen soll, weiß der Schulleiter im Moment noch nicht. Allein die Vorfreude mit Schülerinnen und Schülern 14 Tage an einer Sache arbeiten zu können überwiegt. Und wenn wir dann mit unserem fertigen Stück in die Grundschulen gehen, in denen die Kinder groß geworden sind, wird sowieso alles egal sein. Der Beifall von Grundschülern wird die Herzen der Schüler höherschlagen lassen. Und genau darauf freue ich mich sehr. Heute bekamen alle Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 8 – 10 die Angebote vorgestellt, ein ganzer Vormittag war der Auftakt dieses tollen Projektes. Ich bin gespannt, wie viele Kinder und vor allem welche sich für mein Theaterprojekt entscheiden.
08. Februar 2022
Ich habe ja versprochen über Themen zu schreiben, die mit der Zukunft der Schule zu tun haben und mit Haltung. Heute möchte ich mit euch ein vielleicht banales Thema teilen. Ein Professor an einer Universität hat ein Fach, welches er ein Leben lang unterricht. Dieses Fach hat er studiert und da kennt er sich aus. Wenn er ein Professor auf der Höhe der Zeit sein möchte, dann bildet er sich sein Leben lang fort. Natürlich gibt es auch Exemplare, die hier weniger Tatkraft walten lassen. In der Schule haben die Schülerinnen und Schüler 10 Fächer, oft mit 10 unterschiedlichen Lehrerinnen und Lehrern. Ein Schüler der Oberstufe beginnt morgens im Fach Spanisch mit dem Erlernen neuer Vokabeln und neuer grammatischen Strukturen, in der nächsten Doppelstunde werden Kenntnisse über das Zeitalter des Absolutismus verlangt, danach geht es um Probleme der Stochastik im Fach Mathematik, nach einer Mittagspause werden die Schülerinnen und Schüler zu Emilia Galotti in die Romantik entführt und in den letzten beiden Doppelstunden den Tag mit etwa der Beschäftigung mit einer Fugenkomposition von Bach im Fach Musik. Sie müssen sich überall auskennen, sie müssen für alles Interesse zeigen. Und sie können alle rechnen, ich habe eben gerade über die Hälfte der Fächer berichtet. Merken Sie was? „Da mussten wir auch durch, als wir uns auf das Abitur vorbereiteten“, höre ich den einen oder anderen mir zurufen. Richtig. Aber nur weil wir da alle auch durch mussten, ist das nicht unbedingt ein erfolgreicher Weg.
07. Februar 2022
Heute haben alle Schülerinnen und Schüler der neuen 5. Klassen ihre Zu- oder Absage bekommen. Und es ist wie jedes Jahr, Trauer und Freude liegen eng zusammen. Schön die Gespräch mit Kindern, die sich so richtig freuen, schwierig jene, bei denen nochmals geschildert wird, wie sehr sich das Kind oder die Eltern gewünscht hätten einen Platz zu ergattern. Ein wenig Hoffnung bleibt, vielleicht gibt es Schülerinnen, die ihren Platz zurückgeben, weil sie an einer anderen Schule doch noch einen bekommen haben.
04. Februar 2022
Heute rückt unser Leben in Freiheit wieder ein Stück näher. Schüler können sich für eine freie Herausforderung bewerben. Erfahrene Leserinnen und Leser dieses Tagebuches wissen, was das bedeutet. Eine Schülerin hat die Chance 14 Tage lang ihr Ding zu machen und eine Erfahrung für das Leben. Apropos Leben, auch darum geht es in der Schule. Für das Leben lernen wir, so ähnlich formulierte es ein kluger Mensch vor vielen Jahren. Ich gehe doch eigentlich in eine Schule, um danach mein Leben frei und selbstverantwortlich gestalten zu können. Da braucht es auch in der Schule Erfahrungen, die mir persönlich helfen. Ich erinnere mich an einen Schüler, der eine freie Herausforderung in einem Kloster machte, ich merke gerade, Kloster und Freiheit, das kann für den einen oder anderen durchaus ein Paradoxum sein. Aber dieser Schüler machte damals wirklich eine prägende Erfahrung und profitiert heute noch davon. Der Anfang des Schülers hielt uns in Atem, war er doch auf dem Weg ins Kloster plötzlich verschwunden. Eine Nacht, in der wir alle auf der Suche waren. Am nächsten Morgen löste sich alles in Wohlgefallen auf, der Abt des Klosters ließ mitteilen, dass der Schüler den Zug verpasst hatte und am Kloster zu spät ankam, die Türen waren verschlossen. Er beschloss sein Lager vor der Türe aufzuschlagen und am Morgen sich im Kloster zu melden. Eine freie Herausforderung ist ein tolles Abenteuer.
03. Februar 2022
Schon so lange habe ich mich nicht mehr gemeldet, heute nehme ich mir Zeit ein paar Tagebucheinträge zu schreiben. Es wird in den kommenden Einträgen um Themen gehen, die ich schon öfters von der einen oder anderen Seite beschrieben habe, da sie aber quasi Dauerthemen sind, halte ich es für nötig immer wieder darauf zurückzukommen. Es gibt noch so viel zu tun in unseren Schulen. Wenn man sich auf den Weg begeben möchte eine gute Schule zu sein und zu bleiben, muss man vieles anders machen, als es viele von uns gewöhnt sind. Da stürzen ganze Gebäude ein, da werden Menschen verunsichert, verlieren sicheres Terrain und müssen möglicherweise ganz neu anfangen. Wir haben in unserer Schule schon ein paar Schritte getan, viele liegen noch vor uns. Ein großes Thema für mich ist Leidenschaft. Ich kann sagen den besten Beruf gewählt zu haben, den ich mir für mich und mein Leben vorstellen kann. Kindern beim Großwerden zusehen zu dürfen und sie dabei nach besten Kräften zu unterstützen. Leidenschaft, für das was ich tue, trägt mich durch mein ganzes berufliches Leben. Es spielt für mich überhaupt keine Rolle, wie viele Stunden ich an der Schule verbringe. Ich bin einfach gerne hier und liebe meine Arbeit. Wenn wir dazu kommen, ganz viel Leidenschaft bei Lehrerinnen und Lehrern zu entfachen, gelingt Schule. Dann sind alle anderen Fragen ganz leicht zu beantworten.
02. Februar 2022
Als Schulleiter hat man so manches Amt inne, auch außerhalb der eigenen Schule. So bin ich Mitglied im Schulträgerausschuss. Leider kann ich nicht im Detail berichten, was heute im Schulträgerausschuss im nichtöffentlichen Teil der Sitzung diskutiert wurde. Aber meine Idee, die ich in dieser Sitzung geäußert habe, kann ich auch hier zum Besten geben. Die IGS ist eine Ganztagsschule und da gehört ein tägliches Essen dazu. Vier Mal pro Woche essen die Kinder ein Gericht, das von einem Caterer gebracht wird. Die Auswahl der Speisen ist ein wenig vorbestimmt und es soll auf Regionalität und Nachhaltigkeit geachtet werden. Ich habe eine zugegebenermaßen radikale Idee. Wie wäre es, wenn wir in den Schulen bei diesen vier Mahlzeiten auf Fleisch und Fisch komplett verzichten? Wäre das nicht ein toller Beitrag zum Klimaschutz? Wäre das nicht eine tolle Idee Kinder auch zu einer Ernährung zu führen, die ressourcenschonend ist? Wie finden Sie die Idee?
01. Februar 2022
Wir haben ja an unserer Schule unser großes Projekt Herausforderung. Schon so mancher Tagebucheintrag hat über diese tolle Aktion berichtet. Ich werde im nächsten Schuljahr eine Herausforderung durchführen und lade die Kinder ein als Wandertheater stationiert im Dekanatsjugendhaus „Lindelbrunn“ Grundschulen mit einem Theaterstück zu beglücken. Ich freue mich sehr darauf, schließlich bin ich einmal Lehrer geworden, um mit Schülern zu arbeiten. Das heißt 14 Tage Kraft tanken für Dinge, die die Welt nicht braucht. Ein Teil der Verwaltungsarbeit eines Schulleiters ist nicht unbedingt von einem hohen Sinn geprägt. Schließlich brauchen wir aber Zahlen und Statistiken, um an anderer Stelle Ausgaben zur rechtfertigen. Aber heute überwiegt die Freude, dass bald der Startschuss sein wird und ich hoffentlich Schülerinnen und Schüler finden werden, die mit mir auf Theaterreise gehen werden.
Tagebucheinträge Januar 2022
31. Januar 2022
Wir haben gerade unsere Anmeldungen laufen. Erwartungsfrohe Viertklässler sitzen vor uns und wir wissen bei jedem Gespräch, dass der ein oder andere nicht an unserer Schule angenommen wird. Das liegt nicht an dem einzelnen Kind, sondern vielmehr an zu vielen Anmeldungen. Irgendwo werden wir wieder bei 170 – 180 Schülern landen und doch wieder welche ablehnen müssen. Auf der einen Seite spricht das für unsere Arbeit, auf der anderen Seite ist das natürlich schade. Ich bin froh, dass viele Schülerinnen und Schüler aus den Landauer Grundschulen den Weg zu uns finden und das Abenteuer IGS eingehen. Die, die bei uns sind, wissen, dass es sich lohnen wird. Und ich freue mich auch darüber, wenn ich daran denke, wie in wenigen Jahren die Kinder aus Landau über die neue Brücke mit dem Fahrrad ohne Gefahr zu uns kommen werden. Ich bin heilfroh, dass die Stadt Landau dieses Brückenprojekt umsetzt, schließlich ist es überhaupt nicht spaßig vor Schulbeginn über die Horst- oder die Queichheimer Brücke zu fahren.
28. Januar 2022
Heute gibt es Zeugnisse. Sie geben den Zwischenstand an und führen in manchen Haushalten zu allerlei unterschiedlichen Reaktionen. Geld fließt, Tränen auch. Ärger, Enttäuschung, Wut, Stolz, Zufriedenheit oder Betrübnis. Ich wünsche mir für die Kinder, dass sie ehrlich mit ihren Eltern darüber sprechen und dass in den Elternhäusern stets in Lösungen gedacht wird und nicht mit Drohungen.
27. Januar 2022
Aus den Nachrichten erfahren wir die neuen Coronaregeln. Ab kommenden Montag sollen alle sogenannten Kontaktnachverfolgungen wegfallen. Es müssen nur noch die Infizierten in Quarantäne. Ich denke an unsere Kleinen, an die Kinder der 5. und 6. Klassen, die jetzt zwei Jahre lang gelernt haben die Maske aufzuziehen, Abstand zu halten und durch alle Maßnahmen sich und ihre Nächsten zu schützen. Was die Kleinen vor allem auch gelernt haben, ist es Angst zu haben. Angst um ihre Omas und Opas, Angst sich selbst anzustecken oder einen anderen. Was denken die jetzt, wenn das Kind, das als Nachbar neben mir sitzt, im Schnelltest coronapositiv ist? Das Kind hat gelernt als direkter Nachbar nach Hause zu gehen. Jetzt ist es anders. Ist es gut für das Kind oder hat es noch mehr Angst, schließlich hat es gelernt, dass es gefährlich sein kann Corona zu kriegen und Corona zu übertragen. Ich werde mit unseren Kindern darüber sprechen und die Kolleginnen und Kollegen im Hause sensibilisieren die Gespräche auch mit ihren Kindern zu führen und für Entlastung zu sorgen.
26. Januar 2022
Wir haben es geschafft! Alle schriftlichen Abiturarbeiten liegen hinter uns und wir haben tatsächlich keinen kranken Schüler gehabt. Gott sei Dank. Vor allem auch für die Schülerinnen und Schüler freut es mich, weil vor ihnen liegt jetzt nur noch die mündliche Prüfung. Ich hoffe, dass sie alle ihr Ziel erreichen werden. Einige von ihnen müssen sich sicherlich noch richtig anstrengen, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Wenn die schriftlichen Leistungen nicht ausreichen, dann müssen es die mündlichen Prüfungen „rausreißen“. Ich hoffe sehr, dass meine Kolleginnen und Kollegen wie jedes Jahr ihre Kinder unterstützen und am Ende alles gut wird.
25. Januar 2022
Warum bin ich Lehrer geworden? Ich persönlich eigentlich habe mir in meiner Schulzeit keine Gedanken über das Danach gemacht. Ich habe einfach irgendetwas angefangen und weil es am bequemsten war das Lehramtsstudium begonnen. Berufen habe ich mich nach meiner Schulkarriere nicht gefühlt. Und ich habe auch gedacht, dass so mancher meiner ehemaliger Lehrer danach verwundert mit dem Kopf schüttelte, als zu sagen: Der Ralf hat schon immer Lehrer werden wollen. Nach dem Studium und einem grauenhaften Referendariat ging es nach drei Jahren Arbeit in einem anderen pädagogischen Kontext das erste Mal in die Schule. Und heute weiß ich, dass ich einfach Glück hatte per Zufall in einem Beruf geraten zu sein, der auch Berufung ist. Ich bin gern Lehrer.
24. Januar 2022
Heute finden die Notenkonferenzen der Klassenstufen 5 – 12 statt, das ist immer ein Marathon, der bis in den Abend hineingeht. Die meisten Notenkonferenzen laufen relativ zügig, manche sind nach wenigen Minuten beendet. In den Jahrgängen, in denen wir Schulabschlüsse haben, wird oft länger über den einen oder anderen Schüler gesprochen. Ich bin immer froh, wenn dies in einer wertschätzenden Art geschieht. Und man an den Einzelnen denkt und auch an sein ganzes System, in dem er oder sie lebt. Da ist die Entscheidung über die jeweils bessere Note durchaus auch von anderen Aspekten abhängig, als von den sichtbaren Leistungen. Schließlich müssen wir erkennen, dass wir in den Schulen nur eine Durchgangsstation sind, das eigentliche Leben beginnt sowieso danach. Nicht jede Diskussion darüber ist einfach.
20. Januar 2022
Gestern hatte ich eine Besprechung wegen unseres Multifunktionsfeldes und ich habe wieder ganz viel gelernt. Ein Multifunktionsfeld ist ein Außensportgelände, auf dem in den Pausen und am Nachmittag ganz viele Schülerinnen und Schüler Sport treiben. Unser Multifunktionsfeld ist in die Jahre gekommen und muss unbedingt saniert werden. Es versammelten sich also der Leiter des Schulamtes, ein Mitarbeiter des Bauamtes und ein Architekt zusammen mit meiner Person und später unseren beiden Hausmeistern. Die Lagebesprechung ergab, dass wieder einmal nicht alles so einfach ist, wie es scheint. An den Rändern hat sich der Boden wie von Geisterhand wellenartig angehoben und wir diskutieren, ob die Wurzeln der Bäume einen Weg durch den Schotter unterhalb der Oberdecke gebohrt haben und mit ihren Seitenarmen quasi die Wellen erzeugen. Der Architekt ist nicht überzeugt. Ich schon. Aber ich bin ja nur ein Laie. Eigentlich ist das Feld nicht ein Feld, sondern in vier Teile geteilt. Und die Längsabgrenzungen sind Rinnen, durch die bei Regen Wasser ablaufen soll. Die Hausmeister sollen das Ganze untersuchen. Nach dem Termin gehen sie am Nachmittag schon ans Werk, rufen mich und wir stellen fest, dass diese Rinnen weder an das Kanalsystem angeschlossen sind, noch überhaupt funktionieren. Das Wasser wird darin lediglich gesammelt, kann aber eigentlich nicht abfließen. Die Drainagerohre, die eingebaut sind, sind alle völlig verstopft. Wir sind gespannt, was der Architekt mit diesen Informationen anfangen wird. Am Freitag kommt jemand vom Umweltamt und begutachtet das Ganze. Ich lerne daraus: Wenn du ein Sportgelände planst, musst du darauf achten, dass Bäume und Sträucher in einer gewissen Entfernung gepflanzt sein müssen. Und du darfst nicht vergessen, dass Bäume wachsen und zum Teil richtig groß werden können. Die Planer dieser Sportstätte jedenfalls haben das schlichtweg vergessen. Wie gesagt, heute habe ich viel gelernt.
19. Januar 2022
Soll ich es heute schreiben oder nicht? Ist es ein schlechtes Omen? Bei allen bisherigen Terminen zum schriftlichen Abitur waren stets alle Schülerinnen und Schüler da. Am Freitag haben wir den letzten schriftlichen Termin, die Fächer Biologie und Chemie werden abgeprüft. Wenn da alle tatsächlich da waren, fällt mir ein Stein vom Herzen. Und meinem lieben Kollegen Reiner Möwald, unserem Oberstufenleiter, erst recht. Fehlt ein Abiturient müssen die Lehrerinnen und Lehrer zum Teil bis zu vier komplette, neue Aufgabenvorschläge gestalten. Das ist wahrlich ein Aufwand. Eigentlich zittern wir Jahr für Jahr, aber in diesem Jahr, geprägt von diesem Coronaunfug, ganz besonders. Also drücken wir die Daumen für den kommenden Freitag.
18. Januar 2022
Es gibt tatsächlich noch Grundschullehrerinnen, die nicht wissen, was eine Integrierte Gesamtschule ist. Oh, ich meine natürlich auch Grundschullehrer. Da aber leider an Grundschulen nur wenige Männer sind, vergesse ich die manchmal. Ich freue mich über jeden Erzieher und über jeden Grundschullehrer, ich freue mich, wenn in dieser doch prägenden Phase für jedes Kind beide Geschlechter eine Rolle spielen. Aber ich möchte in diesem Eintrag etwas zu einem anderen Thema schreiben. Wir haben ja derzeit wieder die Phase der Anmeldungen für die neuen 5. Klassen. „Auf der Gesamtschule sehe ich ihr Kind überhaupt nicht, schließlich hat er doch eine Gymnasialempfehlung“. Wer so etwas sagt, hat, pardon, keine Ahnung. Wir führen seit Jahren, ich kann für mich sagen schon seit Jahrzehnten, Schülerinnen und Schüler in einer Gesamtschule zu einem Abitur, mit dem sie in der beruflichen Welt durchaus sehr erfolgreich sein können. Man stelle sich vor, ja auch unsere Abiturienten landen als Ärzte im Krankenhaus oder als Juristen, als Richter und Rechtsanwälte. Ich lade wieder einmal alle, die sich wirklich ein Bild von einer Gesamtschule machen wollen, ein uns zu besuchen. Mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommen und sich einfach wirklich selbst ein Bild machen. Bevor ich über die Gesamtschule eine Aussage mache, sollte ich sie wenigstens einmal von innen gesehen haben. Ich möchte nicht falsch verstanden werden, wir haben so viele Anfragen für unsere Schule, dass wir seit Jahren vielen Schülern absagen müssen, wir haben Wartelisten in allen Klassenstufen. Werbung haben wir bei Gott nicht nötig. Aber es ärgert mich persönlich, wenn Menschen über Gesamtschulen urteilen ohne sich zu informieren.
17. Januar 2022
Heute ist Noteneintragsschluss, dieser Tag ist in Schulen immer besonders spannend. Noch nie waren an diesem Tag alle Noten eingetragen. Eigentlich müssten alle Noten da sein. Aber dem ist nicht so. Ich hoffe sehr, dass alle Kolleginnen und Kollegen beim Erstellen der Noten darauf geachtet haben die besondere Situation mit in ihre Entscheidungen aufgenommen zu haben. Wenn man vor allem in Abschlussklassen Noten macht, muss man sich über die Wirkung stets bewusst sein. Natürlich müssen diese der tatsächlichen Leistung des jeweiligen Schülers oder der jeweiligen Schülerin entsprechen. Aber auf der anderen Seite ist ein Abschlusszeugnis nicht mehr oder nicht weniger als eine Fahrkarte. Die Fahrkarte in das berufliche Leben. Und da spielen bei der Notengebung durchaus Aspekte mit, die nicht nur über eine reine Fachlichkeit zu bewerten sind. Ich weiß, dass das ein schwieriges Thema ist, aber deshalb weise ich explizit darauf hin.
14. Januar 2022
Heute hat meine Freundin Felix vom Chawwerusch-Theater in Herxheim Geburtstag. Es ist ihr bestimmt überhaupt nicht recht, dass ich das hier so öffentlich schreibe, aber sie kennt mich ja. In diesem Zusammenhang richte ich all meine Worte in diesem Beitrag an alle Beamtinnen und Beamten, die diesen lesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rate jedem von uns bescheiden zu sein, täglich vor dem Bett zu knien und Gott oder wem auch immer zu danken unkündbar zu sein, privat versichert, sehr gut bezahlt und am Ende eine Pension zu erhalten, die sich sehen lassen kann. Menschen, die bei einem Theater arbeiten, sind durchaus glückliche Menschen, aber haben all das nicht, was wir haben. Ihre Sicherheit ist unser Kommen. Seit zwei Jahren leben Schauspielerinnen und Schauspieler vom Ersparten, oder wenn sie Glück haben, von staatlichen Zuschüssen. Außerdem von ihrem Reservoir an Kreativität. Was sie seit zwei Jahren leisten, ist einfach großartig und unfassbar anerkennenswert. Herzlichen Glückwunsch Felix!
13. Januar 2022
Wenn man Veröffentlichungen liest zur Schule des 21. Jahrhunderts, dann trifft man immer wieder auf Menschen, die so Texte schreiben mit etwa dem Titel „Bildung 2030 – 7 Trends, die die Schule revolutionieren“. Dieser Artikel stammt von Olaf-Axel Burow. Jetzt lese ich einen Text von ihm aus seinem Buch „Die Coronachance: 7 Schritte zur resilienten Schule“. Einer der Schritte ist es zum Beispiel den Aufbau einer digitalen Lernplattform mit schülergerechten Formaten voranzutreiben. Übersetzt in Normaldeutsch heißt das: Mithilfe des Digitalen so zu lernen, dass man jedem Schüler gerecht wird. In Deutschland ist das Ganze nicht so einfach. Wir wollen alles korrekt machen, wir wollen keine Fehler begehen und vor allem wollen wir ewig darüber reden. Oft reden wir so lange, dass am Ende gar nichts verändert wird und das ist doch schade. Wir sollten viel schneller ins Tun kommen. Ich habe schon oft in diesem Tagebuch darüber geschrieben, dass wir in Deutschland hinterher hinken, wenn es um digitales Lernen geht. Wir können das aufholen, aber dann müssen wir auch mutig sein.
12. Januar 2022
Die Schülerinnen und Schüler meiner Religionsgruppe im Jahrgang 11 haben sich mit „Organspende“ beschäftigt und haben bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Informationsmaterial besorgt. Sie gehen damit durch alle Klassen, in denen Kinder sind, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Sie werben dafür sich zu beteiligen. Organspende kann Leben retten. Oft ist es einfach nur der Tatsache geschuldet, dass man nicht daran denkt mitzumachen. Und ich freue mich über meine Schülerinnen und Schüler, dass sie von sich aus diese Aktion gestartet haben. Hoffentlich machen ganz viele mit.
11. Januar 2022
In der DDR gab es Polikliniken. Das hat mir gerade eine meiner Lehrerinnen erzählt. Ich habe den Begriff zwar schon gehört, konnte aber nicht wirklich etwas damit anfangen. Und dann hat sie mir gesagt, dass auch in Landau gerade eine Poliklinik gebaut wird. Natürlich nennen wir das nicht Poliklinik, sondern Ärztehaus, ein riesiger Bau auf dem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau. Vielleicht wäre es eine gute Idee gewesen das Ganze nicht Ärztehaus zu nennen, sondern Poliklinik. Das wäre doch ein gutes Signal, dass im Nachhinein der arrogante Westen ein wenig in sich geht und einsieht, dass viele Errungenschaften der DDR ohne Sinn und Verstand einfach zerschlagen wurden. Wenn ich daran denke, wie schwer Gleichberechtigung in unserem Land immer noch ist und wie sehr die Frauen im Nachteil immer noch sind, wenn es um berufliches Karriere geht, muss ich einfach konstatieren, dass wir weiter sein könnten. Auch das „Sichlustigmachen“ um eine gendergerechte Sprache gehört zur gelebten, westlichen Arroganz.
10. Januar 2022
In der vergangenen Woche hatten wir zwei Tage Abitur geschrieben. Und zum Glück waren alle Schülerinnen und Schüler da. Bildende Kunst, Sport und Deutsch haben wir geschafft. Wir bangen jedes Mal mit, für meine Schülerinnen und Schüler und für meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir das Abitur schreiben können bzw. dass alle Schülerinnen und Schüler da sind. Es bedeutet nämlich einen großen Aufwand, auch wenn nur ein Schüler fehlt, müssen die Kolleginnen und Kollegen aufwändige neue Vorschläge erarbeiten, das kostet verdammt viel Zeit.
07. Januar 2022
Ich versprach zu berichten und es geschah zutiefst Verstörendes. Heute war eine Kollegin zu Besuch, die Unterricht im Fach Darstellendes Spiel sehen wollte. Und es begann, wie es oft beginnt, im Kreis, ganz praktisch, mit Konzentration und Bewegung. Gut war der Anfang glaube ich. Und dann ging es zur Sache. Im Fach Darstellendes Spiel gibt es ganz oft auch meditative Momente, die Kinder lieben das. Ich bat sie, sich bequem irgendwo hinzulegen, die Augen zu schließen und das, was geschehen würde, einfach nur zu genießen. Ich selbst hatte mir natürlich auch etwas überlegt, nachgedacht und mit Kollegen gesprochen, was ihnen denn so einfiele zum Thema Grusel und Horror. Wir waren uns einig, jedes deutsche Märchen oder fast jedes ist gruselig und viele von ihnen sind Horrorgeschichten. Hänsel und Gretel oder Von einem der auszog das Fürchten zu lernen sind Horrorgeschichten. So las ich den Kindern Blaubart vor, in der ein reicher, blaubärtiger Mann ein junges, armes Mädchen ehelichte und sich auf eine Reise begab, ihr alle Schlüssel für alle Zimmer im Schloss überließ und ihr verbot den einen Raum und den einen Schlüssel zu benutzen, alle anderen dürfe sie öffnen. Und es kam, wie es kommen musste, sie öffnete den verbotenen Raum und bei den Gebrüder Grimm heißt es dann, dass ihr ein Fluss von Blut entgegensprang und an den Wänden nackte Weiber hingen, manche waren bis auf das Skelett zerfressen. Wenn das kein Horror ist, dachte ich. Doch weit gefehlt. Für die Kinder war das kein Horror. Ich war geschockt, meine Kollegin auch und das musste ich dann erst einmal verdauen. Die Geschichten, die sie geschrieben haben, zumindest einige dieser Geschichten, waren furchtbar, da rollten Köpfe oder sie wurden per Axt gespalten. Da wurde auf die furchtbarste Weise getötet. Und das ohne Unterlass. Ich nehme mir jetzt das Wochenende Zeit und überlege mir, wie es weitergeht.
06. Januar 2022
Ich glaube, wir nehmen unseren Kindern zu viel ab. Wir muten ihnen zu wenig zu. Wir trauen ihnen nichts zu. Ich glaube, dass es ein Riesenfehler ist Elterntaxi zu spielen, die Kinder überall hinzufahren, wo sie hinmüssen und ihnen nicht aufzuerlegen sich auf ein Fahrrad setzen. Wir tragen dazu bei Kinder zu Konsumenten zu machen. Sich selbst für etwas anzustrengen, sich herausgefordert fühlen, sich etwas zu erarbeiten, wir machen in dieser Frage als Erwachsene und als Gesellschaft Fehler. Der Schreiber dieser Zeilen möchte sich davon überhaupt nicht ausnehmen. Meines Erachtens müssen wir an dieser Stelle wirklich umdenken. Wir wollen doch eine Gesellschaft, in der sich die Menschen engagieren, ja, auch anstrengen. Dann müssen wir unseren Kindern mehr zumuten. Und ich meine damit nicht für sie gesetzte Freizeittermine zu organisieren. Fangen wir ab heute damit an.
05. Januar 2022
Ich hatte heute Unterricht in meiner absoluten Lieblingsgruppe. Im Darstellenden Spiel der Klassenstufe 7. Wir haben beschlossen nach kleinen Szenen im 6. Schuljahr und auch noch im 1. Halbjahr der 7. Klasse uns für das 2. Halbjahr ein längeres Stück zu überlegen und wir haben nach Themen gesucht. Seit ich mit diesen Kindern zusammen bin, ging es in vielen Szenen immer wieder um das Thema „Tod“. Immer wieder wurden in selbstgebauten Szenen der Kinder am Ende irgendwelche Menschen getötet. Und heute haben wir uns auf Themensuche gemacht und sind zum Entschluss gekommen, dass wir entweder ein Theaterstück oder einen Film drehen. Wenn ich die Kinder richtig verstanden habe, sind sie daran interessiert etwas zum Thema, ich würde sagen Grusel, sie nennen es Horror spielen werden. Also war folgerichtig die Hausaufgabe für die nächste DS-Doppelstunde eine Horrorgeschichte zu schreiben. Ich werde am Freitag berichten.
04. Januar 2022
Die Schüler und Schülerinnen brauchen ihre Schule. Ich begegne so vielen Kindern, die mir sagen, dass sie richtig froh seien wieder in der Schule zu sein, Freunde zu treffen, Mittag zu essen und die Pausen zu verbringen. Wenn nur das lästige Lernen nicht wäre, aber das ertragen die Meisten dann doch. Ich träume ja immer wieder davon alle Schülerinnen und Schüler so sehr begeistern zu können und wir am Ende ganz viele fleißige Bienchen haben, die tüchtig nach dem Höchsten streben. Ich weiß schon, wie weit mein Traum von der Realität entfernt ist, aber dennoch träume ich eben. Wir wollen in dieser Schule ja immer verändern und neue Ideen verwirklichen. Wenn ich es wirklich alleine bestimmen könnte, würde ich täglich eine Stunde lang lesen, eine Stunde lang nur in einer Fremdsprache sprechen, eine Stunde lang mit anderen irgendwie kreativ sein, singen, tanzen, schauspielern, künstlerisch tätig sein. Eine Stunde lang an einem eigenen Text schreiben, eine Stunde lang rechnen und begreifen und eine Stunde lang im Garten arbeiten. An Projekttagen würde ich ganz oft aus der Schule rausgehen und mit anderen Menschen an anderen Orten lernen. Ach, es wäre eigentlich richtig einfach.
03. Januar 2022
Der erste Schultag im neuen Kalenderjahr und irgendwie ist es nicht richtig Winter. Am ersten Tag wird gleich getestet und es ist der erste Tag im Jahr bzw. Schuljahr, an dem keine Lehrkraft erkrankt oder fehlend war. Dazu haben wir ein Mädchen, welches einen positiven Schnelltest hatte, ansonsten sind alle da. Ist das die Ruhe vor dem Sturm? Oder haben wir hier in der schönen Südpfalz wieder Glück. Ich wünsche mir das natürlich sehr und klopfe dabei drei Mal auf Holz.